Mortal Kiss
hinter der Turnhalle lagen die Büros, in die die Schüler nie kamen, und Liz war sich sicher: Egal, was passierte, es geschah hier hinten, wo keiner ihrer Freunde auch nur im Traum hingehen würde.
Es war dunkel. Nur die Lampen am anderen Ende des Flurs warfen ein schwaches Licht. Liz ging immer weiter und schlang sich die Arme um den Leib, da sie vor Kälte zitterte. Am Ende des Gangs befand sich eine Tür, sie war zu, besaß aber kein Schloss. Liz ergriff den Metallknauf, drehte ihn und stöhnte vor Schmerz. Kaum war die Tür auf, ließ Liz den Knauf los und stellte fest, dass ein Stück Haut an dem eisigen Metall kleben geblieben war. Sie ballte die Faust, spähte in die Dunkelheit jenseits der Schwelle und sah sich einem zweiten Flur gegenüber, an dessen Ende eine weitere Tür lag. Auch sie war zu, doch durch die Ritzen ringsum drang etwas Licht. Hier war es noch kälter … so kalt, dass sich an der Decke Eiskristalle gebildet hatten.
Schlotternd ging Liz weiter und blickte sich nach etwas um, womit sich beim Öffnen der zweiten Tür die Hand schützen ließ. Es gab nichts. Also hob sie den Rock, griff damit nach dem Knauf, stieß die Tür auf und betrat das Zimmer dahinter.
Es war ganz in grellblaues Licht getaucht. In der Mitte saß Mercy Morrow auf einem großen Holzstuhl. Ihre Augen waren verschattet, und ihr Haar umgab den Kopf wie ein bleicher Heiligenschein. Zu ihren Füßen lag ein riesiger, grauer Wolf, dem die Zunge zwischen mächtigen Kiefern voll scharfer Zähne heraushing.
Liz schrie und wollte wegrennen, doch die Tür knallte zu, und sie saß in der Falle.
»Na, na « , sagte Mercy mit leiser, gefährlicher Stimme, beugte sich vor und kraulte den Wolf hinter den Ohren. »Es hat doch gar keinen Sinn, wegzurennen. Ich müsste dir sonst nur Peter hinterherschicken .«
KAPITEL 53
Erbarmungslos
A ls das Horn verhallte, war es einen Moment lang still. Dann brach die Hölle los. Lucas sah einen von Mercys Wölfen den ersten Sprung tun. Er stürzte mit offenem, schäumendem Maul heran. Joe brüllte einen Befehl, und die Bikerwölfe griffen an. Binnen Sekunden waren beide Rudel ineinander verknäult. Auf seinem Pferd beobachtete Mitch Wilson das Ganze vom Rand der Lichtung und hatte das Horn an den Lippen, um sein Rudel jederzeit antreiben zu können.
Jimmy stand tieferschrocken da und wusste nicht, was er tun sollte.
»Wir brauchen Waffen !« , rief Lucas durchs Wolfsgeknurr und suchte nach etwas Verwendbarem.
»Woher wissen wir, wer auf welcher Seite steht ?« , rief Jimmy zurück. »Die Wölfe sehen alle gleich aus !«
Lucas beobachtete, wie Joe sich im Gewühl behauptete. Links von ihm rangen zwei Wölfe einander nieder. Der eine schlug die Zähne in die Hinterläufe des anderen. Mit einem Heulen zerrte sich das verletzte Tier los. Die Schnauze des Gegners war blutig. Ohne sich weiter um seine aufgerissene Flanke zu kümmern, warf der blutende Wolf sich heulend auf den Feind und schlug ihm die Fänge in den Rücken. Das andere Tier jaulte vor Schmerz, und dieser Laut hätte Lucas fast das Trommelfell zerrissen.
»Pass auf !« , rief Jimmy, und als Lucas sich umdrehte, sah er einen Wolf mit gebleckten Fängen und hasserfüllten, gelben Augen auf sich zukommen. Lucas erstarrte kurz und hörte Jimmy dann erneut schreien: »Hier! Fang !«
Aus Jimmys Richtung kam etwas angeflogen. Es war eine Zeltstange, an der noch der Sporn saß, mit dem sie in die Erde gerammt worden war. Lucas sprang zur Seite, um sie zu fangen, fuhr herum, pflanzte das stumpfe Ende hinter sich in den Boden und richtete den Sporn auf den springenden Wolf. Er traf das Tier in die Brust. Es heulte vor Schmerz und versuchte, sich zu befreien. Lucas ließ die Zeltstange erschrocken los und zog sich zurück.
Ringsum war nur Knurren und Schnappen zu hören. Mercys Rudel war verzweifelt, und der Blutgeruch und die Aussicht auf Nahrung hatten es rasend gemacht. Joe, der sich noch immer nicht verwandelt hatte, hetzte zum Schimmel und schlug mit einem brennenden Ast, den er aus dem Lagerfeuer gezogen hatte, nach Sergeant Wilson. Das Pferd bäumte sich aus Angst vor den Flammen auf. Mitch Wilson schlug mit der Faust nach Joe und versuchte mit der anderen Hand, sich auf dem Tier zu halten, doch das Pferd fuhr mit Schwung herum und schüttelte Liz’ Vater ab, der klirrend am Boden landete. Joe stürzte auf ihn zu, sah sich zuvor aber nach Lucas und Jimmy um.
»Das ist ein Ablenkungsmanöver. Auf die Bikes! Wir müssen zu Finn und
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