Mortal Kiss
Faye und hielt ihre Tante, die schon aufgestanden war, am Ärmel fest.
»Ich muss. Vielleicht ist Mitch Wilson ja endlich eingefallen, dich wegen Jimmy zu befragen .«
Faye sah ein, dass Pam recht hatte, und folgte ihr aus dem Hinterzimmer zur Ladentür, Jerry dicht hinterdrein. Durchs Rautenglas erkannten sie einen großen Schatten … jemand stand draußen auf den Stufen. Schockiert sah Faye, wie ihre Tante sich umschaute und sich mit dem dicksten Buch, das sie fand, bewaffnete.
Pam verzog das Gesicht, als sie Fayes Miene sah. »Nur für den Notfall « , flüsterte sie. »Man kann nie vorsichtig genug sein .«
Faye fragte sich, ob mehr hinter der Auseinandersetzung mit Mercy Morrow steckte, als ihre Tante sie wissen ließ.
Pam holte tief Luft, schloss die Tür auf und öffnete sie mit einer schwungvollen Armbewegung.
Finn stand auf der Schwelle. Er trug seine lederne Bikermontur und gegen die Kälte ein schwarz gemustertes Halstuch und sah erst Pam, dann Faye an, die hinter ihrer Tante stand, dann das Buch in Pams erhobener Hand.
»Tut mir leid, falls ich störe « , sagte er. »Ich wollte nur Ihre Heizung checken. Ob sie noch läuft und so. Es ist ein echt kalter Abend. Und das hier wollte ich zurückgeben .« Er hielt ihnen Latinoamericana: Tagebuch einer Motorradreise 1951/52 von Ernesto Che Guevara entgegen. »Ich hab’s gelesen, tolles Buch .«
»Ach « , sagte Pam deutlich erleichtert. »Du bist’s, Finn. Rein mit dir, raus aus der Kälte .«
Finn tat, wie ihm geheißen, blickte dabei aber noch immer auf das Buch in Pams Hand. »Ich möchte wirklich keine Umstände machen .«
»Aber nicht doch, nein. Ich helfe meiner Nichte nur bei den Hausaufgaben über « , Faye sah Pam verwirrt auf den Titel des Buchs schauen, »äh, Alte Fischertraditionen der Basken im Nordosten Spaniens .«
Finn schien belustigt. »Gut. Sieht so aus, als hätte sich einiges verändert, seit ich zuletzt auf einer Schule war .«
»Na « , sagte Fayes Tante. »Ich tu besser mal, als hätte ich das nicht gehört. Du weißt ja, was ich über deine Schulbildung denke .«
Finn grinste. »Oh ja. Darum hören Sie es wahrscheinlich gern, dass ich heute Morgen meine Einschreibungsunterlagen für die Winter Mill Highschool abgegeben habe .«
»Finn! Das ist ja eine wunderbare Neuigkeit !«
»Du wirst Schüler bei uns ?« , rief Faye überrascht.
Er sah sie lächelnd an. Faye spürte ihr Herz stocken, als er achselzuckend sagte: »Na ja, deine Tante meinte, ich soll das machen, also … fang ich nächste Woche an .«
»Das ist ja super « , sagte Faye, und ihr schwirrte der Kopf. Sie würde ihn also jeden Tag sehen. Vielleicht hätten sie sogar in einigen Fächern zusammen Unterricht …
»Warum bleibst du nicht zum Essen, Finn ?« , schlug Pam vor und unterbrach Fayes Gedanken. »Ich wollte gerade den Tisch decken. Es gibt Lasagne, und wir haben viel Salat .«
Finn wirkte über diesen Vorschlag etwas überrascht, war aber offensichtlich versucht, ihn anzunehmen. Er sah rasch zu Faye, als wollte er sich vergewissern, dass sie damit einverstanden war, ehe er die Einladung annahm.
»Du solltest unbedingt bleiben « , sagte Faye und spürte sich erröten. »Tante Pam kocht am allerbesten .«
Finn lächelte erneut, und ihr Herz machte einen Sprung. »Wenn das so ist « , sagte er, »bleibe ich natürlich .«
*
Das Abendessen mit Finn war weit lockerer, als Faye erwartet hatte. Er half Tante Pam eifrig bei den Vorbereitungen, und Faye fragte sich, wann er das letzte Mal etwas Richtiges gegessen hatte, nichts mit dem Campingkocher Aufgewärmtes.
»Also « , sagte er, als sie beim Essen saßen, »ich hab überall in der Stadt Plakate für den Bandwettbewerb gesehen. Das scheint eine coole Sache zu sein .«
»Ja, ich freu mich schon sehr darauf « , sagte Faye. »Wir haben ein paar echt gute Musiker an der Highschool, dürfte ein prima Abend werden. Und mindestens vier Bands, in denen Freunde von mir mitspielen, nehmen teil .«
»Hast du einen Favoriten ?« , fragte Finn. »Jemanden, von dem du dir wünschst, dass er gewinnt ?«
Faye schüttelte den Kopf. »Nein. Es soll einfach nur ein schöner Abend werden .« Sie lachte. »So was gibt’s bei uns ja nicht so oft. Üblicherweise ist es hier recht ruhig .«
»Im Moment allerdings nicht « , unterbrach Tante Pam sie. »Man denke an die Biker und das furchtbare Wetter, an den armen Erfrorenen und an diese Morrows … und nun auch noch an den armen Jimmy .«
Der Gedanke an ihren
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