Mortal Kiss
herumstand.
Aus dem Augenwinkel sah er Ballard vor dem Schultor. Neben ihm stand der Polizist, der ihrem Anwesen einen Besuch abgestattet hatte. Der Vater von Liz, Sergeant Wilson. Er stand einfach nur da, während Ballard ihm ins Ohr sprach.
Finn schüttelte Lucas kräftig. »Ich will die Jacke zurück « , knurrte er. »Zieh sie aus !«
Um sich zu befreien, holte Lucas Schwung, warf sich Finn entgegen und stieß dem anderen die Schulter gegen die Brust. Finn verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden.
Schwer atmend rückte Lucas seine Jacke zurecht. »Die gehört dir nicht. Ich hab sie in unserem Haus gefunden. Warum verschwindest du nicht einfach ?«
Finn war sofort wieder auf den Beinen. So schnell, dass Lucas sich nicht ganz sicher war, ob er ihn überhaupt hatte aufstehen sehen. »Du lügst « , knurrte er leise und langsam. » Zieh sie aus! Sonst reiß ich sie dir vom Leib .«
Mit einem verächtlichen Laut entledigte Lucas sich der Jacke. »Die willst du unbedingt haben, was? Na ja, ist schon ziemlich angegammelt, dürfte dir also gut stehen. Und dreckig ist sie auch. Hier, ich geb dir was, womit du sie sauber machen kannst .«
Er spuckte auf das ramponierte Leder und warf die Jacke auf den Boden. Ehe er zurückweichen konnte, war der Biker schon bei ihm. Finns Schlag kam aus dem Nichts, ein rascher Kinnhaken, der ihn voll traf. Seine Zähne krachten zusammen, und er taumelte rückwärts. Verblüfft knallte er gegen den Wagen. Als Finn erneut den Arm hob, stieß Lucas sich von dem Auto ab, um den nächsten Angriff abzuwehren.
Doch es geschah nichts. Lucas blinzelte. Es war, als hätte jemand die Szene schockgefroren. Finn stand mit erhobenem Arm und zur Faust geballter Hand da, neben ihm Sergeant Wilson. Blitzschnell hatte der Polizist Finns Hand mitten im Schlag gepackt. Mit angespannten Muskeln versuchte der Biker, sich zu befreien, doch Sergeant Wilson war offensichtlich stärker … so stark, dass Finns Gegenwehr zum Scheitern verurteilt war. Es war seltsam, wie der Polizist dastand. Sein Körper wirkte völlig entspannt, als würde er schlafen. Seine Miene war ruhig, ja, leer. Er sah Finn mit ausdruckslosen Augen an. Dann drehte er dem Jungen ohne jede Vorwarnung den Arm auf den Rücken und warf ihn krachend und so lässig gegen den Wagen, wie man einem Hund einen Ball zuwirft. Finn verzog vor Schmerz das Gesicht.
»Dad !« , schrie Liz in offensichtlichem Entsetzen.
Der Polizist schien nichts zu hören, stützte sich schwer auf Finn, zog seine Handschellen und legte sie dem Jungen an. Lucas betrachtete Sergeant Wilsons Gesicht und spürte kalte Angst in den Adern. Die Augen des Polizisten wirkten gefühllos, ja, leblos. Ihm war, als schaute er in einen tiefen, reglosen Teich … leer und unergründlich.
»Sergeant Wilson « , begann Faye. »Bitte verhaften Sie Finn nicht, er hat bloß … «
Wilson hörte nicht zu und sagte auch nichts. Er führte Finn durch die versammelte Menge ab. Liz folgte ihnen und zog ihren Vater am Ärmel, um ihn zum Einhalten zu bringen. Der Polizist schüttelte seine Tochter mit solcher Wucht ab, dass sie mit Faye zusammenstieß.
Sie waren schon fast beim Streifenwagen, als Finn sich umdrehte und Faye etwas zurief.
»Ich weiß, wo dein Freund ist « , schrie er. »Faye, ich weiß, wo Jimmy ist !«
KAPITEL 31
Die Alte Mühle
F aye half Liz auf. Ihre Freundin bebte, und auch sie selbst zitterte. So hatte sie Sergeant Wilson noch nicht erlebt. Er war nie gewalttätig … das brauchte er gar nicht zu sein. Dafür war er ein zu guter Polizist. Ringsum gingen die Schüler wieder in die Turnhalle, um den Bandwettbewerb weiterzuverfolgen, und sprachen über das, was sich eben zugetragen hatte. Faye sah die Jacke, wegen der es zum Streit gekommen war, noch immer auf dem Boden liegen und hob sie auf.
»Wir müssen ihnen folgen « , sagte Liz mit rauer Stimme.
»Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist « , wandte Faye ein.
»Wenn wir erst auf dem Revier sind, wird Dad schon mit mir reden « , beharrte Liz, klang aber, als müsste sie sich davon so überzeugen wie jeden anderen. »Und hat Finn nicht gesagt, er weiß etwas über Jimmy? Wenn er rausgefunden hat, wo er ist, sollten wir davon erfahren. Oder etwa nicht ?«
Dem hatte Faye nichts entgegenzusetzen. Sie gingen zu Liz’ Wagen. Lucas stand da und massierte seinen Kiefer, und Faye fiel auf, dass Ballard verschwunden war. Sie hatte das Gefühl, ihn nicht einfach dort stehen lassen zu dürfen.
»Alles in
Weitere Kostenlose Bücher