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Mortimer & Miss Molly

Mortimer & Miss Molly

Titel: Mortimer & Miss Molly Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heinisch
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alles betäubt.
    Doch dann die Zeit, in der es ihr halbwegs klar wurde. Dass er ihr fehlte. Und wie! Und wie lang es dauern würde, bis er wiederkäme. Vorausgesetzt, dass er überhaupt wiederkäme. Wenn sie allein im Bett gelegen sei, habe sie seine Abwesenheit gespürt wie einen Phantomschmerz.
    Ach, diese Nächte, diese endlosen Nächte. Nächte, in denen sie immer aufs Neue aufwachte. Und es immer aufs Neue nicht fassen konnte. Wo ist er, habe ich mich im ersten Moment immer wieder gefragt, wieso ist er nicht hier neben mir?
    Siehst du, es war, als ob es mein Gefühl nach wie vor nicht glauben wollte.
I just felt, he

d have to come back and lie against me, so I could feel him
. Wie dort unten am Fluss, wie da draußen im Wald, ja, genau so. Und das war eben nicht nur eine körperliche Berührung.
    Missversteh mich nicht: Nach den Erfahrungen, die ich da draußen gemacht habe, bin ich die Letzte, die körperliche Berührung unterschätzt. Und was bleibt, ist ja durchaus körperlich spürbar. Du spürst es im Bauch, natürlich, in der Brust, selbstverständlich, du spürst es überall dort, wo du dich ihm geöffnet hast. Aber das ist ja nicht totes Fleisch, in dem du lebst, in dem du liebst, solang du lebst, solang du liebst, sondern beseeltes.
    Sex mein Gott Sex natürlich hat mir das Freude gemacht dieses erstaunlich schöne Spiel mit dem Mann der auf einmal da war dem Mann den ich ansehen konnte ohne gleich wieder wegzusehen den ich berühren konnte ohne gleich wieder zurückzuschrecken vor ihm und mir selbst diesem kompakten Mann mit seinen breiten Schultern und den starken Armen und den Haaren auf der Brust und den schönen Rückenmuskeln unter der Haut und dem Hintern der sich gut anfasst und allem was sonst noch dazugehört und an ihm dranhängt etwas weniger klassisch als bei meinen steinernen Lieblingen in Florenz aber lebendiger manchmal ein bisschen
shocking
dann wieder
funny
auf seine spezifische Art besonders auf dem Rückzug so zart und unversehens schüchtern doch wiedererweckbar
a man just a man
ach Sex ich weiß schon dass ich bis dahin keinen gehabt haben soll keinen Sex nämlich ist kaum zu glauben und sicher ich könnte jetzt einiges assoziieren wie ich sublimiert habe von Kind an und was ich sonst noch getan habe wenn das Sublimieren nicht mehr geholfen hat und wenn das Wünschen noch geholfen hätte wen hätte ich mir herbeigewünscht Rudolfo Valentino oder Douglas Fairbanks oder Clark Gable oder vielleicht doch lieber Vivien Leigh eine starke Frau jedenfalls in der Rolle der Scarlett O’Hara oder jemanden nicht aus dem Film sondern gleich aus den Büchern in denen die Fantasie sich freier schweifend
if you know what I mean
Odysseus hat mir immer gefallen und Sindbad der Seefahrer ohnehin aber was soll’s das haben schon andere und das muss ich nicht auch noch bloß weil ich Molly heiße nein das ist nicht ganz meins.
    Doch die Berührung, die darüber hinausreicht ...
Can a touch last so long?
Und ob so eine Berührung das kann! ... Das ist die Wahrheit. Eine schöne Wahrheit, aber auch eine traurige Wahrheit ... Denn was machst du, wenn die Berührung bleibt, doch der, der dich derart berührt hat, ist nicht da?
    Julia fühlte sich Molly sehr nah in dieser Nacht. Stimmt schon, sie hatte sich ihr auch bisher schon recht nah gefühlt, sich in ihre Rolle versetzt, aber was ihr jetzt widerfuhr, war etwas anderes. In dieser Nacht, in der sie sehr wenig schlief, obwohl sie todmüde war. Jedenfalls kamen ihr die paar Etappen Schlaf, die sie schaffte, immer nur sehr kurz vor, und so gut wie nie versank sie in einen richtigen Tiefschlaf.
    Manchmal hatte sie den Eindruck, in einen Zwischenbereich geraten zu sein, in dem sie beinahe Miss Molly
war
. Obwohl das nicht ganz zutreffen konnte, denn sie hörte ja Mollys Stimme wie eine Stimme von außen. Gegen Morgen blieb diese Stimme allerdings weg. Da liefen nur noch Bilder: wie Bilder aus einem Stummfilm.
    Molly, wie sie am Fenster stand und in den
giardino
hinausschaute. Und Molly, wie sie verloren durch alle Zimmer des Mauerhauses ging. Molly, wie sie auf der Treppe zum Taubenturm saß, die Ellbogen auf die Knie gestützt, das Gesicht in den Händen verborgen. Und Molly, wie sie im Bett lag, wie jetzt immer noch sie, Julia, und sich von einer Seite auf die andere drehte und wieder andersherum und so weiter und so fort.
17
    Dann wachte Julia auf, und das ersparte ihr weitere Bilder. Molly in ihrer Depressionsphase – nicht schön anzusehen. Wie

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