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Mortlock

Mortlock

Titel: Mortlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Mayhew
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    Sie versuchte, sich von der quälenden Enge ihres Gefängnisses abzulenken. Bilder und Gedanken purzelten in ihrem Kopf durcheinander – Alfie mit seinem spöttischen Grinsen, die Leiche, die sich plötzlich aufbäumte … Cardamom hatte gesagt, Alfie könnte ihr helfen, aber sie fand ihn einfach unmöglich.
Na ja, ich war auch nicht gerade freundlich
, dachte sie bei sich.
Aber er war so unhöflich zu mir!
Vielleicht war sie wirklich zu streng mit ihm gewesen. Wenn er ihr tatsächlich helfen konnte, musste sie ihm vielleicht eine zweite Chance geben.
    Das Gerumpel und Geholper nahm kein Ende. Josie kniff die Augen fest zu, und ihr Atem wurde flacher. Am liebsten hätte sie geschrien und um sich getreten, bis die Kiste aufsprang. Leise wimmernd rollte sie sich zusammen, so gut es eben ging, und versuchte sich zu erinnern, wie lange sie beim letzten Mal für den Weg nach Seven Dials gebraucht hatten.
    »Wir sind da.« Gimlets gedämpfte Stimme durchbrach die Dunkelheit. »Warte, bis wir drinnen sind, bevor du dich rührst.«
    Erneutes Gerumpel, dann wurde der Karren gekippt, sodass Josie gegen die Seitenwand rollte. Sie hörte Gimlet ächzen, dann flog sie zur anderen Seite der Kiste und stieß sich den Kopf.
Warte, bis ich draußen bin
, dachte sie wütend.
    »Nanu, Mr Gimlet, Sie schon wieder?«, hörte Josie Wiggins überrascht ausrufen. »Ich kann mich nicht entsinnen, irgendwelche Särge bestellt zu haben …«
    »Bitte verzeihen Sie, Mr Wiggins«, sagte Gimlet. Josie hörte, wie die Kisten über ihr heruntergenommen wurden. »Diehier können Sie behalten, aber ich möchte Sie um einen Gefallen bitten.«
    Selbst die fahle Gasbeleuchtung von Wiggins’ Laden blendete Josie, als der Deckel abgenommen wurde und sie sich aufsetzte.
    »Das war das erste und das letzte Mal, dass ich das gemacht habe, Gimlet.« Sie rieb sich die schmerzenden Schläfen. »Ging das nicht ein bisschen sanfter?«
    Wiggins rückte seine Brille zurecht und reckte den Kopf vor. »Na, da soll mich doch –«, begann er, doch Gimlet nahm ihn am Arm und zog ihn beiseite, während Josie aus der Kiste kletterte.
    »Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen, Sir, aber wir befinden uns in einer äußerst schwierigen Lage.« Gimlet senkte die Stimme und begann, ihm das Ganze zu erklären. Josie massierte sich die malträtierten Arme und Beine. Ab und an wandte Wiggins den Kopf von dem verschwörerischen Zwiegespräch mit Gimlet ab und musterte Josie skeptisch von oben bis unten. Sie lächelte verkrampft und blickte zu Boden.
    »Das ist höchst unerquicklich«, sagte Wiggins schließlich. »Aber allem Anschein nach ist das arme Mädchen ein Opfer von Cardamoms früheren Sünden. Sie selbst kann nichts dafür.«
    Josie verzog das Gesicht. Welches Recht hatte er, ihren Vormund zu kritisieren?
Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein
, dachte sie und fragte sich, welche Geheimnisse
er
wohl zu verbergen hatte. Und wo war der Krötenjunge?
    Wie aufs Stichwort trat Alfie durch den Vorhang, der zum hinteren Raum führte. Als er Josie erblickte, weiteten sich seine Augen, und seine Mundwinkel wanderten nach unten.»Was will die denn schon wieder hier?«, fragte er missmutig. Gereizt verschränkte Josie die Arme vor der Brust.
Du
wolltest ihm doch eine zweite Chance geben
, ermahnte sie sich.
    »Wie es scheint, wird deine … hmmm, deine Schwester für eine Weile bei uns bleiben«, sagte Wiggins und schob sich die Brille auf die Stirn.
    »Nur über meine Leiche!«, fauchte Alfie, machte kehrt und verschwand wieder nach hinten.
    Josie hielt es nicht mehr aus. »Können wir nicht gehen, Gimlet?«, fragte sie flehend.
    »Tut mir leid, Josie, aber ich muss zurück in die Werkstatt.« Gimlet trat zu ihr und legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter. »Du bist hier gut aufgehoben. Und morgen früh komme ich wieder.«
    »Aber was ist mit den Tanten?«
    »Die werden nur noch eher Verdacht schöpfen, wenn ich nicht zurückkomme«, erwiderte Gimlet. »Keine Sorge, ich bin vorsichtig.«
    Er umarmte sie, und Josie sah hilflos zu, wie er in der nebligen Dunkelheit verschwand. Sie fragte sich, ob sie ihren Freund jemals wiedersehen würde.

Sie hätte, sprach sie, um sein Haupt
    Ein Tuch gebunden. Ha, wer’s glaubt!
    So baten sie den Küster drum,
    Ihnen das Grab rasch aufzutun.
    Entsetzt erblickt’ die ganze Schar
    Den Leib, der am Verfaulen war.
    Tot war er einen Monat schier,
    Doch trug ums Haupt das Tuch von ihr.
    Das Wunder von

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