Mortlock

Titel: Mortlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Mayhew

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sehr.
    Lord Lovel
, altes Volkslied

11. KAPITEL

Gorsefields Yard
    Alfie und Wiggins standen aufbruchbereit im Laden, Schaufeln in der Hand und warm eingepackt gegen die Kälte des Wintermorgens. Draußen bauten die Händler ihre Stände auf, und die ersten Kunden näherten sich vorsichtig auf dem leicht vereisten Gehsteig.
    »Wir sind bald wieder zurück, Josie.« Wiggins kratzte sich am Kopf und sah hinunter auf seinen Spaten. »Ist schon eine Weile her, seit ich selbst ein Grab ausgehoben habe, aber ich will sichergehen, dass es tief genug ist für Edwin.«
    »Tief genug?« Josie sah Alfie fragend an. »Was soll das heißen?«
    »Ein Friedhof mitten im Zentrum«, sagte Alfie und warf Wiggins einen wissenden Blick zu. »Die sind mittlerweile ganz schön voll.«
    »Verzeih mir, junge Dame, aber ich habe Mr Gimlet gewarnt. Gorsefields ist nicht der richtige Ort, um deinen Vormund zu beerdigen«, sagte der alte Leichenbestatter kopfschüttelnd. »Der Pfarrer sollte ihn schließen, aber er nimmt immer wieder neue Beerdigungen an. Früher war das ein schöner Friedhof, gepflegt und respektabel. Aber jetzt? Vollkommen überbelegt. Neulich habe ich mich mit einem der Totengräber dort unterhalten, und er hat mir erzählt, dasser versehentlich seinen eigenen Vater ausgegraben hat, weil die Gräber so dicht beieinanderliegen. Das ist nicht in Ordnung.«
    »Du liebe Güte!« Erschrocken hob Josie die Hand an den Mund. Sie fragte sich, ob Cardamom bei klarem Verstand gewesen war, als er den Brief geschrieben hatte.
Vielleicht sollte ich Wiggins bitten, ihn woanders zu begraben
, dachte sie. Doch bevor sie den Mund aufmachen konnte, meldete Alfie sich zu Wort.
    »Also, ich hab den Brief gesehen, Mr Wiggins, und da steht schwarz auf weiß, dass er nach Gorsefields will. Er hat bestimmt seine Gründe gehabt.«
    »Dann also auf nach Gorsefields«, sagte Wiggins und hob den Spaten. »Wir werden ihm ein ordentliches, tiefes Grab schaufeln. Dem Küster wird das nicht gefallen, aber das ist sein Pech.«
    »Wir können ihm ja sagen, wir graben unter der alten Eibe. Dann lässt er uns bestimmt in Ruhe«, schlug Alfie grinsend vor, doch Wiggins schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte er streng. »Das kommt gar nicht in Frage.«
    »Unter der alten Eibe?«, wiederholte Josie, die Mühe hatte, dem Gespräch zu folgen.
    »Ein altes Ammenmärchen«, spottete Alfie. »Angeblich liegt ein Fluch auf dem Boden unter der Eibe. Hier gibt’s meilenweit keinen Totengräber, der bereit wäre, da zu graben, und auch niemanden, der sich da beerdigen lassen würde. Blanker Unsinn, wenn du mich fragst.«
    »Nun, dich fragt aber keiner, junger Mann, und ich wäre dir sehr verbunden, wenn du solche Schauergeschichten für dich behalten würdest. Du redest hier über geweihte Erde«, sagte Wiggins und deutete mahnend mit dem Finger aufAlfie. »Außerdem sind wir in der Tat ziemlich nah bei der Eibe, und das gefällt mir gar nicht.«
    In dem Moment klingelte die Türglocke, und Gimlet schaute herein. Josie rannte zu ihm und umarmte ihn.
    »Siehst du?«, sagte er grinsend. »Ich hab dir doch gesagt, du bist hier gut aufgehoben.«
    »Was ist mit den Tanten?«, fragte Josie. Gimlets Miene wurde ernst.
    »Sie lagen bestimmt irgendwo draußen auf der Lauer. Ich habe nicht viel geschlafen, aber heute Morgen war keine von ihnen zu sehen.«
    »Genau zur rechten Zeit, Mr Gimlet.« Wiggins gab ihm die Hand. »Wir sind gerade bei den Vorbereitungen zu Edwins Beerdigung. Josie kann an diesem schweren Tag sicher ein bisschen Unterstützung gebrauchen. Könnten Sie vielleicht bei ihr bleiben?«
    Während Alfie und Wiggins ihre Schaufeln schulterten und in die Kälte hinaustraten, erzählte Josie Gimlet von den Ereignissen der Nacht.
    Josie stieg aus der Kutsche und ging mit skeptischem Blick auf die Menschenmenge zu, die sich vor dem Tor von Gorsefields Yards versammelt hatte. Gimlet bezahlte den Fahrer und lief hinter ihr her, wobei er prüfend zum Himmel hinaufschaute. Auch Josie hob den Blick, voller Angst, was sie dort sehen würde. Sie zog die Kapuze des Umhangs, den Wiggins ihr geliehen hatte, über den Kopf, um ihr Gesicht zu verbergen.
    »Falls Cardamoms Beerdigung in aller Stille stattfinden sollte, dann ist das gründlich schiefgegangen«, murmelte Gimlet, als sie sich dem Friedhofstor näherten.
    Josie lächelte schwach den Leuten zu, die sich um sie herumdrängten: Frauen mit dunkel geschminkten Augen und üppigen Federbüscheln am Hut und Männer mit