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Mortlock

Mortlock

Titel: Mortlock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Mayhew
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sich den Bart und sah Josie forschend an.
    »Ich möchte hier weg … aber meinem Bruder geht es noch ziemlich schlecht …« Josie überlegte sorgfältig, was sie sagen sollte. Vielleicht dachte er, sie wäre eine merkwürdige junge Verwandte von Corvis, die sich ein Spiel mit ihm erlaubte.
    »Das hier ist ein komischer alter Kasten, so viel steht fest.« Der Mann lächelte, warf einen kurzen Blick zum Nebenraum und beugte sich dann zu Josie hinunter. »Hör mal, ich komme fast jeden zweiten Tag hierher. Wenn ihr Hilfe braucht, du und dein Bruder, dann sag Bescheid …«
    Josie wurde leichter ums Herz. Ein Rettungsweg, eine Chance zur Flucht! »Vielen Dank, Mister …?«
    »Carr – Jacob Carr, Miss.« Josies Hand verschwand in seinen riesigen Pranken.
    »Josie«, sagte sie und erwiderte den Händedruck.
    »Freut mich sehr, Miss Josie«, erwiderte er. Dann ging er zu seiner Schubkarre. »Ich bleibe keine Minute länger hier, aber denken Sie an das, was ich Ihnen gesagt habe …«
    Damit verschwand Jacob in den eisigen Morgen. Josies Lächeln erlosch, als sie sich wieder der Eingangshalle zuwandte. Noch war sie nicht frei. Die Tür des Nebenraums stand offen.Ein ekelerregender Geruch nach verdorbenem Fleisch, faulen Eiern und Verwesung drang heraus, der ihr den Magen umdrehte. Sie hätte sich davonschleichen können, doch die Neugier war stärker, und so spähte sie vorsichtig hinein. Die Tanten waren über einen Tisch gebeugt. Josie musste den Hals recken, um etwas sehen zu können. Sie hielt den Atem an, denn die drei konnten sich jeden Moment umdrehen.
    Der Sack war aufgeschlitzt und sein Inhalt kreuz und quer über den Tisch verteilt. Zuerst dachte Josie, es wäre eine Art rot-violetter Pudding, doch der Gestank sagte ihr etwas anderes. Leber, Lungen, Gedärme – alle erdenklichen Fleischabfälle türmten sich in einem glitschigen, blutigen Haufen. Die Tanten waren kaum wiederzuerkennen. Sie lagen fast auf dem Tisch, rissen mit den Zähnen Stücke aus der stinkenden Masse und schlangen sie gierig hinunter. Ihre Hände, Kleider und Gesichter waren voller Blut; es rann aus ihrem Mund und tropfte ihnen vom Kinn. Ihre schwarzen Augen glühten förmlich, während sie sich schlürfend und schmatzend ihrem widerwärtigen Festmahl hingaben.
    Am liebsten hätte Josie laut geschrien. Es war wie ein Albtraum, nur dass sie nicht die Augen aufmachen und daraus erwachen konnte. Von Übelkeit überwältigt wich sie von der Tür zurück, stolperte über das Tigerfell und rannte die Treppe hinauf. Ihre Füße polterten über die Stufen, aber es kümmerte sie nicht mehr, ob jemand sie hörte. Sie stellte sich vor, wie die Tanten ihr blutverschmiert folgten, und lief, so schnell sie konnte, zu Alfies Zimmer.
    Alfie saß im Bett, ein Frühstückstablett auf dem Schoß, als Josie hereinplatzte. Arabella, die ihm gerade die Kleider am Fußende zurechtlegte, blickte überrascht auf.
    »Was’n los?«, murmelte Alfie, den Mund voll Rührei.
    Josie brachte kein Wort heraus. Keuchend stützte sie sich auf den Knien ab und rang nach Atem. Ihr war übel und schwindelig.
    Arabella eilte zu ihr und hielt sie fest, damit sie nicht umkippte. »Was ist denn passiert?«
    »Die Lieferung«, japste sie und ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Grauenvoll …«
    »Lieferung? Wovon redest du, Josie?« Alfie war verwundert. »Wir bekommen hier fast jeden zweiten Tag einen großen
    Sack geliefert«, sagte Arabella und sah Josie grimmig an. »Ein Frachtkahn kommt aus London, legt unten am Kai beim Dorf an, und ein Mann bringt den Sack hierher. Stinkt grässlich, das Ding. Ich hab mich nie in die Nähe getraut – die Damen kümmern sich immer selbst darum …«
    »So kann man’s auch nennen«, schnaufte Josie. Als sie wieder halbwegs Luft bekam, erzählte sie den beiden, was sie gesehen hatte. Bei dem Namen Jacob Carr wandte Arabella sich ab und widmete sich wieder Alfies Kleidern.
    »Der Mann bringt nichts als Ärger«, sagte sie missmutig. »Kommt von London hierher und verdreht den Leuten den Kopf mit seinen verrückten Ideen. Bringt sie vom rechten Weg ab …«
    »Wenigstens versucht er, uns zu helfen.« Josie warf Arabellas Rücken einen wütenden Blick zu. »Wir sind in Gefahr. Du weißt ganz genau, dass die ›Damen‹ nicht das sind, was sie vorgeben.«
    »Das geht mich nichts an«, entgegnete Arabella und schüttelte Alfies Hemd ein wenig zu heftig aus. Alfie saß nur stumm da, die Gabel mit dem Rührei auf halbem Weg zum Mund.
    »Sei ehrlich

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