Morton, Kate
können, aber
ich hatte einen Kloß im Hals, der sich über Jahre dort gebildet hatte und sich
nicht lösen wollte. »Danke«, krächzte ich, dann brach ich in Tränen aus.
Die Augen
meiner Mutter wurden feucht, und im nächsten Moment lagen wir uns weinend in
den Armen und hielten einander fest.
3
Samstag, 20. April 1940
Es war wirklich typisch. Nach einem
schrecklich kalten Winter war der Frühling mit einem strahlenden Lächeln
eingezogen, und der Tag war einfach perfekt, ein Gottesgeschenk, das Percy als
persönliche Kränkung empfand. Es war der Tag, an dem sie ihren Glauben verlor.
Sie stand in der Dorfkirche am Ende der Familienbank, die ihre Großmutter
entworfen und die William Morris geschnitzt hatte, während Mr. Brown, der
Vikar, Harry Rogers und Lucy Middleton zu Mann und Frau erklärte. Sie fühlte
sich wie in einem Albtraum, was allerdings auch an dem Whisky liegen konnte,
mit dem sie sich für das Ereignis gestärkt hatte.
Als Harry
seine frisch angetraute Frau anlächelte, fiel Percy einmal mehr auf, wie gut er
aussah. Nicht auf konventionelle Weise, er war nicht schneidig, er wirkte
attraktiv, weil er ein guter Mensch war. Das hatte sie schon so empfunden, als
sie noch ein Kind war und er ein junger Bursche, der ins Haus kam, um die Uhren
ihres Vaters zu reparieren. Etwas an der Art, wie er sich bewegte, die
bescheidene Haltung seiner Schultern, hatte darauf hingedeutet, dass er nicht
übermäßig von sich selbst eingenommen war, wie so viele Männer. Außerdem war
er von Natur aus sehr bedächtig, was vermuten ließ, dass er zärtlich und
fürsorglich war. Sie hatte als Kind auf den Treppenstufen gehockt und durch das
Treppengeländer zugesehen, wie er selbst die ältesten, störrischsten Uhren im
Schloss wieder zum Leben erweckte. Falls er sie bemerkt haben sollte, so hatte
er es sich nie anmerken lassen. Auch jetzt sah er sie nicht. Er hatte nur Augen
für Lucy.
Lucy
strahlte und wirkte ganz so wie eine Frau, die sich glücklich schätzte, den
Mann zu heiraten, den sie über alles liebte. Percy kannte Lucy schon lange,
aber sie hätte sie niemals für so eine gute Schauspielerin gehalten. Ein
unangenehmes Gefühl machte sich in ihrem Magen breit, und sie sehnte sich
danach, dass diese Qual endlich ein Ende finden würde.
Natürlich
hätte sie der Hochzeit fernbleiben können - unter dem Vorwand, sie sei krank
oder zu sehr von ihren Kriegspflichten beansprucht -, aber das hätte nur für
Gerede gesorgt. Lucy hatte über zwanzig Jahre im Schloss gearbeitet, und es war
undenkbar, dass kein Mitglied der Familie Blythe in der Kirche anwesend war,
wenn sie vor den Traualtar trat. Ihr Vater war alt und krank, Saffy war mit den
Vorbereitungen für den Besuch von Merediths Eltern beschäftigt, und Juniper -
nicht gerade die geeignetste Kandidatin, die Familie zu vertreten - hatte sich
mit Papier und Stift ins Dachzimmer verkrochen. So war die Sache an Percy
hängen geblieben. Sich vor der Verantwortung zu drücken kam nicht infrage,
nicht zuletzt, weil Percy in dem Fall ihrer Zwillingsschwester eine Erklärung
hätte geben müssen. Saffy, kreuzunglücklich darüber, dass sie die Hochzeit verpasste,
hatte einen detaillierten Bericht verlangt.
»Das
Kleid, die Blumen, wie sie einander ansehen«, hatte sie an den Fingern
abgezählt, als Percy sich gerade auf den Weg machen wollte. »Ich will alles
genau wissen.«
»Ja, ja«,
hatte Percy geantwortet, während sie sich fragte, ob die kleine Flasche Whisky
in das Handtäschchen passen würde, das Saffy ihr aufgedrängt hatte. »Vergiss
nicht, Daddy seine Medikamente zu geben. Ich habe sie auf den Tisch in der Eingangshalle
gelegt.«
»Auf den
Tisch in der Eingangshalle, in Ordnung.«
»Achte
unbedingt darauf, dass er sie pünktlich einnimmt. Denk an das letzte Mal. So
etwas darf nicht noch einmal passieren.«
»Nein«,
hatte Saffy ihr beigepflichtet, »das darf nicht passieren. Die arme Meredith
dachte, sie wäre einem Gespenst begegnet. Noch dazu einem ziemlich ungestümen.«
Auf den
Stufen vor der Haustür hatte Percy sich noch einmal umgedreht. »Und, Saffy?«
»Ja?«
»Sag mir
Bescheid, falls irgendjemand zu Besuch kommt.«
Grausame
Ablasshändler, die von der Verwirrung eines alten Mannes profitieren wollten.
Die ihm in den Ohren lagen, seine Ängste ausnutzten, seine uralte Schuld. Die
mit ihren katholischen Kreuzen herumfuchtelten und lateinischen Hokuspokus vor
sich hin murmelten und ihrem Vater einredeten, die Gespenster,
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