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Morton, Kate

Morton, Kate

Titel: Morton, Kate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fernen Stunden
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die er sah,
seien echte Dämonen. Alles nur, da war Percy sich ganz sicher, damit sie sich
nach seinem Tod das Schloss unter den Nagel reißen konnten.
    Percy
pulte an ihrer Nagelhaut und fragte sich, wie lange es wohl noch dauern würde,
bis sie endlich nach draußen gehen und eine rauchen konnte, oder ob die Möglichkeit
bestand, unbemerkt aus der Tür zu schlüpfen, wenn sie nur bestimmt genug
auftrat. In dem Augenblick sagte der Vikar etwas, und alle standen auf. Harry
nahm Lucy an der Hand und führte sie durch den Mittelgang zum Ausgang, und er
hielt ihre Hand so zärtlich, dass Percy ihn einfach nicht hassen konnte, nicht
einmal jetzt.
    Das frisch
vermählte Paar strahlte vor Glück, und Percy tat ihr Bestes, ebenfalls ein
glückliches Lächeln aufzusetzen. Es gelang ihr sogar, in den allgemeinen
Beifall einzustimmen, als die beiden an ihnen vorbeigingen und in den
Sonnenschein hinaustraten. Sie spürte immer noch die Anspannung in ihren
Händen, die sich an die Kirchenbank gekrallt hatten, und das maskenhafte
Lächeln in ihrem Gesicht, und sie kam sich vor, als wäre sie eine Marionette.
Jemand hoch oben an der Decke der Kirche zog an einem unsichtbaren Faden, und
sie nahm ihre Handtasche, versuchte ein Lachen und tat, als wäre sie ein
lebendiges Wesen.
     
    Die
Magnolien blühten, genauso wie Saffy es gehofft hatte. Es war einer von diesen
seltenen, kostbaren Apriltagen, an denen sich der Sommer ankündigt. Saffy
musste unwillkürlich lächeln.
    »Los, du
lahme Ente«, rief sie und drehte sich nach Meredith um. »Es ist Samstag, die Sonne
scheint, deine Eltern sind auf dem Weg hierher, um dich zu besuchen. Du hast
keinen Grund, so herumzutrödeln.« Gott, das Mädchen hatte vielleicht eine
Laune. Man hätte meinen sollen, sie freute sich darauf, ihre Eltern zu sehen,
stattdessen hatte sie den ganzen Morgen nur Trübsal geblasen. Andererseits
konnte Saffy sich natürlich denken, warum.
    »Keine
Sorge«, sagte sie, als Meredith neben ihr stand. »Juniper wird bald wieder
herauskommen. Es dauert meist nicht länger als einen Tag.«
    »Aber sie
ist schon seit dem Abendessen da oben. Sie hat die Tür abgeschlossen und
antwortet nicht, wenn ich klopfe. Ich versteh das nicht.« Meredith kniff die
Augen zu einer komisch verzweifelten Grimasse zusammen, eine Angewohnheit, die
Saffy sehr liebenswert fand. »Was macht sie da oben?«
    »Schreiben«,
antwortete Saffy knapp. »So ist Juniper nun mal. So war sie schon immer. Aber
es dauert nie lange, dann ist sie wieder normal. Hier«, sie reichte Meredith
einen Stapel Kuchenteller, »die kannst du schon mal auf dem Tisch verteilen.
Sollen wir deine Eltern mit dem Rücken zur Hecke setzen, damit sie in den
Garten schauen können?«
    »Einverstanden«,
sagte Meredith, schon etwas munterer.
    Saffy
lächelte in sich hinein. Meredith Baker war so wohlerzogen — eine wahre
Wohltat, nach allem, was sie mit Juniper bereits erlebt hatten -, und sie in
Milderhurst zu haben, war eine große Freude. Nichts konnte ein müdes, altes
Gemäuer leichter zum Leben erwecken als ein Kind und viel Licht und Lachen, das
war genau das, was der Arzt ihnen verordnet hatte. Selbst Percy hatte die
Kleine lieb gewonnen, nachdem sie zur Kenntnis genommen hatte, dass den
Schnitzereien an den Treppengeländern durch die Anwesenheit des Kindes keine
Gefahr drohte.
    Aber die
größte Überraschung war Junipers Reaktion gewesen. Sie hatte Meredith von
Anfang an ins Herz geschlossen, und Saffy erlebte zum ersten Mal, dass ihre
jüngere Schwester Gefühle für einen anderen Menschen zeigte. Manchmal hörte
Saffy die beiden im Garten plaudern und kichern und war jedes Mal freudig
überrascht über die aufrichtige Herzlichkeit in Junipers Stimme. Saffy hätte
nie gedacht, dass sie einmal das Wort herzlich benutzen würde, um ihre kleine
Schwester zu charakterisieren. »Lass uns für June mitdecken«, sagte sie und
zeigte auf den Tisch. »Gleich neben dir ... Und Percy setzen wir hierhin.«
    Meredith
hielt in ihrer Arbeit inne. »Und Sie?«, fragte sie. »Wo werden Sie sitzen?«
    »Also,
meine Kleine ...« Saffy ließ die Hand sinken, in der sie die Kuchengabeln
hielt. »Ich würde mich liebend gern zu euch setzen, das weißt du. Aber was
solche Dinge angeht, hat Percy sehr traditionelle Vorstellungen. Sie ist die
Älteste, und da unser Vater nicht an den Tisch kommen kann, ist sie die
Gastgeberin. Das klingt wahrscheinlich für dich alles ziemlich albern und
formell, sehr altmodisch, aber so wird das nun

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