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Morton, Kate

Morton, Kate

Titel: Morton, Kate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fernen Stunden
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ehemalige
Haushälterin richtete sich auf, dann seufzte sie langsam und bedächtig. »Er war
gut zu mir.«
    »Du sollst
wissen, dass Percy und ich dich auch sehr mögen.«
    Nachdem
die Eier alle ordentlich eingewickelt waren, hatte Lucy an der Anrichte nichts
mehr zu tun. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sagte leise: »Es ist
sehr nett von Ihnen, dass Sie das sagen, Miss Saffy, aber es ist nicht nötig.«
    »Es ist
nur - falls du es dir irgendwann anders überlegst, wenn die Zeiten sich ändern,
falls du wieder offiziell hier ...«
    »Nein«,
sagte sie. »Nein danke.«
    »Ich
bringe dich in Verlegenheit«, sagte Saffy. »Verzeih mir, Lucy. Ich hätte kein
Wort davon erwähnt, aber ich wollte nicht, dass du das missverstehst. Percy
denkt sich nichts dabei. Es ist einfach ihre Art.«
    »Sie
brauchen sich wirklich nicht zu ...«
    »Sie kann
Veränderungen nicht leiden. Das konnte sie noch nie. Als sie als Kind Scharlach
hatte und deswegen ins Krankenhaus musste, ist sie vor Kummer fast gestorben.«
Saffy machte einen schwachen Versuch, die Stimmung aufzuheitern: »Manchmal
denke ich, ihr wäre es am liebsten, wenn wir drei Schwestern für immer hier in
Milderhurst bleiben würden. Kannst du dir das vorstellen? Wir drei als alte
Schachteln mit weißen Haaren, so lang, dass wir drauf sitzen könnten?«
    »Ich
glaube, da hätte Miss Juniper ein Wörtchen mitzureden.«
    »Allerdings.«
Und Saffy ebenfalls. Am liebsten hätte sie Lucy von ihrer kleinen Wohnung in
London erzählt, von dem Schreibtisch unterm Fenster, doch sie beherrschte sich.
Es war nicht der richtige Augenblick. Stattdessen sagte sie: »Es hat uns beiden
leidgetan, dich nach so vielen Jahren gehen zu lassen.«
    »Es ist
der Krieg, Miss Saffy, ich wollte meinen Beitrag leisten, und als dann meine
Mutter gestorben ist und Harry ...«
    Saffy
winkte ab. »Du brauchst mir nichts zu erklären, ich verstehe dich sehr gut.
Herzensangelegenheiten und so weiter. Wir müssen alle unser Leben leben, Lucy,
vor allem in schweren Zeiten wie diesen. Der Krieg lehrt einen, was wirklich
wichtig ist, nicht wahr?«
    »Ich muss
jetzt gehen.«
    »Ja.
Sicher. Wir sehen uns bald wieder. Vielleicht nächste Woche, um Senfgurken für
die Versteigerung einzulegen? Meine Kürbisse ...«
    »Nein«,
sagte Lucy, und ihre Stimme klang plötzlich anders. »Nein, nicht noch einmal.
Und ich hätte auch heute nicht herkommen sollen, aber Sie haben am Telefon so
durcheinander geklungen.«
    »Aber Lucy
...«
    »Bitte,
fragen Sie mich nicht wieder. Es ist nicht recht.«
    Saffy
fehlten die Worte. Wieder fegte ein wütender Wind herein, der Donner war jetzt
lauter zu hören. Lucy nahm das Geschirrtuch mit den Eiern. »Ich muss gehen«,
wiederholte sie etwas sanfter, was irgendwie noch schlimmer war und Saffy die
Tränen in die Augen trieb. »Ich hole die Puppen, sehe mir Junipers Kleid an
und mache mich auf den Weg.«
    Und dann
war sie fort.
    Die Tür
fiel ins Schloss, und Saffy war wieder allein in der dampfenden Küche, hielt
eine Schüssel mit Fischbrei umklammert und zerbrach sich den Kopf darüber, was
ihre Freundin vertrieben hatte.
     
    3
     
    Percy ließ
sich die abschüssige Tenterdon Road hinunterrollen, über die holprigen Steine
vor der Zufahrt zum Schloss, dann sprang sie vom Fahrrad. »Home again, home again, jiggityjig«, sang sie
vor sich hin, während der Kies unter ihren Stiefeln knirschte. Sie waren noch
klein gewesen, als ihre Kinderfrau ihnen diesen Reim beigebracht hatte, und
doch kam er ihr auch nach Jahrzehnten jedes Mal in den Sinn, sobald sie von der
Straße in die Zufahrt einbog. Manche Melodien, manche Reime, blieben einfach
hängen und ließen sich nicht mehr abschütteln, egal, wie sehr man sich
anstrengte. Nicht dass Percy den »Jiggity Jig« gern losgeworden wäre. Die gute
Kinderfrau mit ihren kleinen, rosafarbenen Händen, die stets so viel Zuversicht
ausgestrahlt hatte, die abends am Kamin gesessen und sie mit dem Klappern
ihrer Stricknadeln in den Schlaf gelullt hatte. Wie hatten sie geweint, als sie
ihren neunzigsten Geburtstag gefeiert und verkündet hatte, sie werde zu einer
Großnichte nach Cornwall ziehen. Saffy hatte sogar gedroht, sich aus dem
Fenster des Dachzimmers zu stürzen, aber die Drohung hatte durch häufige
Wiederholung längst an Schärfe eingebüßt, und die Kinderfrau hatte sich nicht
erweichen lassen.
    Obwohl sie
spät dran war, schob Percy ihr Fahrrad gemütlich die Zufahrt hoch und ließ sich
von den Wiesen begrüßen, die sich

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