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Morton, Kate

Morton, Kate

Titel: Morton, Kate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fernen Stunden
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Manchmal dachte Percy, es würde ihr gefallen,
allein zu leben, nie wieder mit einer Menschenseele ein Wort zu wechseln, unter
der Bedingung, dass sie hier in Milderhurst wohnen würde, mit einem
lebenslangen Vorrat an Zigaretten.
    Sie war
nicht immer so ein Einzelgänger gewesen. Lind auch jetzt wusste sie, dass ihr
Tagtraum nichts anderes war als eben das, ein Tagtraum - wenn auch manchmal
tröstlich. Ohne Saffy würde sie es nicht aushalten, jedenfalls nicht lange. Und
auch nicht ohne Juniper. Ihre kleine Schwester hatte sich vier Monate lang in
London aufgehalten, und sie beiden Daheimgebliebenen hatten sich in der Zeit
aufgeführt wie zwei überreizte alte Jungfern: Ständig hatten sie sich gesorgt,
ob Juniper auch genug warme Socken hatte, und jedem, der nach London fuhr,
frische Eier für die Schwester mitgegeben; hatten einander beim Frühstück
Junipers Briefe vorgelesen und zu ergründen versucht, wie es um ihre Stimmung,
ihre Gesundheit, ihre Gemütsverfassung stand. Briefe, in denen mit keinem Wort
- auch nicht zwischen den Zeilen - etwas von der Aussicht auf eine Hochzeit
erwähnt wurde. Von wegen, Mrs. Potts! Für jeden, der Juniper kannte, war
allein die Vorstellung lachhaft. Es gab Frauen, die geschaffen waren für die
Ehe und Kinderbettchen auf dem Flur, und es gab solche, für die das nicht
zutraf. Ihr Vater hatte das gewusst, und deshalb hatte er alles so geregelt,
dass nach seinem Tod für Juniper gesorgt war.
    Percy
schnaubte verächtlich und trat ihre Kippe mit dem Absatz aus. Der Gedanke an
Mrs. Potts hatte sie an die Post erinnert, die sie abgeholt hatte, und sie
nahm sie aus der Tasche. Ein willkommener Vorwand, noch ein bisschen das
Alleinsein zu genießen.
    Es
handelte sich um drei Sendungen, genau wie Mrs. Potts gesagt hatte: ein
Päckchen von Meredith an Juniper, einen an Saffy adressierten, getippten Brief
und einen Umschlag, auf dem handschriftlich ihr eigener Name stand. Die
schnörkelige Schrift konnte zu niemand anderem gehören als zu ihrer Kusine
Emily. Begierig riss Percy den Umschlag auf und hielt den Brief ins schwächer
werdende Licht, damit sie ihn lesen konnte.
    Mit
Ausnahme des Debakels, als Emily Saffys Haare blau gefärbt hatte, war der
Kusine im Leben der Blythe-Zwillinge stets der ehrenhafte Titel Lieblingskusine
sicher gewesen. Dass ihre einzigen Konkurrentinnen die aufgeblasenen Kusinen
aus Cambridge waren, diese seltsamen, spindeldürren Weiber aus dem Norden, und
ihre jüngere Schwester Pippa, deren Neigung, bei jedem noch so geringen Anlass
in Tränen auszubrechen, sie von vorneherein disqualifizierte, tat der Ehre
keinen Abbruch. Jeder Besuch von Emily in Milderhurst wurde gebührend
gefeiert, und ohne sie wäre die Kindheit der Zwillinge eine recht trübe Zeit
gewesen. Percy und Saffy standen sich sehr nahe, wie das eben so ist bei
Zwillingen, aber sie pflegten nicht die Art enge Beziehung, die alle anderen
ausschloss. Im Gegenteil, sie fühlten sich einander umso näher, wenn sie jemand
Drittes in den Bund aufnahmen. Als sie heranwuchsen, gab es im Dorf zahlreiche
Kinder, mit denen sie hätten spielen können, hätte ihr Vater nicht eine so
tiefe Abneigung gegen Außenstehende gehabt. Der gute Daddy war auf seine Art
ein ziemlicher Snob gewesen, auch wenn es ihn schockiert hätte, als solcher
bezeichnet zu werden. Was er bewunderte, war weder Geld noch Status, sondern
Intelligenz; Talent war die einzige Währung, die für ihn zählte.
    Emily, die
sowohl Intelligenz als auch Talent besaß, hatte von Raymond Blythe den
Unbedenklichkeitsstempel erhalten und damit die Erlaubnis, jeden Sommer in
Milderhurst zu verbringen. Ihr war sogar die Ehre zuteilgeworden, an den
berühmten Familienabenden teilzunehmen, ein mehr oder weniger regelmäßig
stattfindender Wettkampf, den die Großmutter eingeführt hatte, als der Vater
noch ein Junge war. Dann ertönte schon morgens der verheißungsvolle Ruf
»Familienabend!«, und die Vorfreude spornte die Familie den ganzen Tag über an.
Wörterbücher wurden herausgesucht, Bleistifte gespitzt und der Verstand wurde
geschärft, bis sich schließlich nach dem Abendessen alle im guten Zimmer
versammelten. Die Kandidaten nahmen am Tisch oder in ihrem Lieblingssessel
Platz, und zum Schluss betrat der Vater das Zimmer. Am Wettkampftag zog er sich
jedes Mal in den Turm zurück, um eine Liste von Aufgaben zu erstellen, und
deren Verkündigung hatte immer den Charakter einer Zeremonie. Die Details des
Spiels variierten, aber generell wurden

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