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Morton, Kate

Morton, Kate

Titel: Morton, Kate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die fernen Stunden
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Zwischendrin? Sie waren doch nicht
unsichtbar, sie lebten nur still ihr Leben, taten, was Frauen taten, wenn sie
nicht mehr jung, aber noch nicht alt waren. Hielten Häuser in Ordnung,
wischten Tränen von den Wangen ihrer Kinder, stopften die Socken ihrer Ehemänner.
Und mit einem Mal begriff Saffy, warum Percy sich so benahm, beinahe, als wäre
sie neidisch auf die Möglichkeit, dass Juniper, die erst neunzehn war, eines Tages
heiraten könnte. Dass sie ihr ganzes Erwachsenenleben noch vor sich hatte. Und
sie verstand auch, warum Percy sich ausgerechnet an diesem Abend solchen
sentimentalen Gedanken hingab. Natürlich war sie um Juniper besorgt, und sie
machte sich Gedanken über den Dorfklatsch, aber es war die Begegnung mit Lucy
gewesen, die sie in diese Stimmung versetzt hatte. Saffy war plötzlich so
überwältigt von tiefer Liebe zu ihrer dickköpfigen Zwillingsschwester, dass es
ihr beinahe den Atem raubte. »Wir beide hatten kein Glück, nicht wahr, Perce?«
    Percy
blickte von der Zigarette auf, die sie sich gerade drehte. »Wie meinst du das?«
    »Wir
beide. Wir hatten kein Glück in Herzensangelegenheiten.«
    Percy
schaute sie an. »Ich glaube nicht, dass Glück viel damit zu tun hatte. Es war
wohl eher eine simple Frage der Mathematik, meinst du nicht?«
    Saffy
lächelte; es war genauso, wie die Erzieherin, die ihre alte Nanny ersetzt
hatte, es ihnen erklärt hatte, bevor sie nach Norwegen zurückgekehrt war, um
ihren verwitweten Vetter zu heiraten. Sie hatte sie mit an den See genommen,
wie immer, wenn sie nicht in der Stimmung war, ihnen eine Unterrichtsstunde zu
geben, aber Mr. Broads forschenden Blicken nicht ausgesetzt sein wollte. Sie
hatten sich auf der Wiese gesonnt, und auf einmal hatte die Erzieherin sie mit
einem schadenfrohen Funkeln in den Augen angesehen und in ihrem trägen
norwegischen Singsang zu ihnen gesagt, sie täten gut daran, sich eine Ehe aus
dem Kopf zu schlagen; dass der Krieg, der ihren Vater verwundet hatte, auch
ihre Zukunftsaussichten zunichtegemacht hatte. Die dreizehnjährigen Zwillinge
hatten sie gleichgültig angesehen, mit einer Miene, die sie perfektioniert
hatten, weil sie wussten, dass sie jeden Erwachsenen zur Weißglut brachte. Was
ging sie das alles an? Verehrer und Ehe waren das Letzte, worüber sie damals
nachgedacht hatten. Saffy sagte leise: »Tja, aber das ist doch ein ziemlich
unglückliches Schicksal, nicht wahr? Dass alle potenziellen Ehemänner auf den
französischen Schlachtfeldern gefallen sind?«
    »Wie viele
wolltest du denn haben?«
    »Wie viele
was?«
    »Ehemänner.
Du hast von allen potenziellen Ehemännern gesprochen ...« Percy zündete sich
ihre Zigarette an und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Egal«, sagte sie,
als sie den Rauch ausblies.
    »Nur
einen.« Saffy war plötzlich ganz schwindlig. »Es gab nur einen, den ich
wollte.« Es folgte eine qualvolle Stille, bis Percy schließlich geruhte,
verlegen zu wirken. Aber sie sagte nichts, bot kein tröstliches oder
verständnisvolles Wort an, keine liebevolle Geste. Sie drückte ihre Zigarette
aus und ging zur Tür.
    »Wo gehst
du hin?«
    »Ich habe
Kopfschmerzen. Ganz plötzlich.«
    »Dann setz
dich. Ich hole dir Aspirin.«
    »Nein.«
Percy wich Saffys Blick aus. »Nein, ich hole sie mir selbst aus dem
Medizinschränkchen. Die Bewegung wird mir guttun.«
     

9
     
    Percy
eilte den Flur hinunter und verfluchte sich für ihre Schusseligkeit. Sie hatte
vorgehabt, Emilys zerrissenen Brief sofort zu verbrennen, aber stattdessen
hatte sie sich von der Begegnung mit Lucy derart aus dem Konzept bringen lassen,
dass sie die Schnipsel in ihrer Hosentasche vergessen hatte. Schlimmer noch,
sie hatte die Hose direkt an Saffy übergeben, ausgerechnet der Person, die den
Brief nicht hatte zu Gesicht bekommen sollen. Percy lief die Treppe hinunter in
die mit Kochdünsten gefüllte Küche. Wann, fragte sie sich, wäre ihr der Brief
wohl wieder eingefallen, wenn Saffy nicht diese Anspielung auf Emilys Ehemann
gemacht hätte? War es verfrüht, den Verlust ihres zuverlässigen Gedächtnisses
zu beklagen, sich zu fragen, welche Art von dämonischen Tricks sie würde anwenden
müssen, um es zurückzubekommen?
    Abrupt
blieb sie vor dem Tisch stehen. Ihre Hose lag nicht mehr da, wo sie sie
abgelegt hatte. Ihr Herz hämmerte gegen die Rippen; sie zwang es zurück in
ihren Brustkorb, wo es hingehörte. Panik würde ihr nichts nützen; außerdem war
das Verschwinden der Hose noch keine Katastrophe. Percy war sich

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