Morton Rhu - Leben und Werk
auch den Film angesehen. Der Film ist ja ziemlich heftig, und nach dem Schluss, wo sich der Tim ja erschießt, waren sie alle ziemlich bedribbelt. Da mussten wir uns dann erst mal lange mit den Jugendlichen unterhalten. Gleichwohl haben wir aber ganz klar das Votum der Jugendlichen bekommen, dass sie dieses Stück unbedingt spielen wollen. Wir haben uns dann das Buch vorgenommen (Anm.: in diesem Fall die für das Theater bearbeitete Fassung von Reinhold Tritt), haben die Rollen verteilt und zunächst eine Leseprobe gemacht, also das Stück mit verteilten Rollen gelesen. Dann haben wir angefangen zu proben. Inzwischen ist eine Art Mischung aus Buch und Film entstanden – das heißt, dass wir uns weitgehend an das Buch halten, aber auch einige Anleihen aus dem Film übernehmen.
Torsten Folge (Radio Weser. TV ) : Was war die größte Herausforderung bei dieser Regiearbeit?
Detlef Glückselig: Die größte Herausforderung ist eigentlich immer, zehn Jugendliche unter einen Hut zu kriegen (… )Aber natürlich kam hier hinzu, dass es sich um einen wesentlich schwierigeren Stoff handelt, dass man hier keine Lacher aus dem Publikum hat, auf die man hoffen kann. Beim Spielen einer Komödie motivieren natürlich die Lacher – hier bei »Die Welle« ist das Publikum idealerweise mucksmäuschenstill, das heißt, da kommt außer beim Schluss – oder vielleicht mal beim Szenenapplaus – nicht allzu viel zurück. Das heißt, das ist irgendwie völlig anders gelagert, und das mussten wir natürlich den Jugendlichen auch erst mal deutlich machen.
Ähnlich wie in Nordenham wird mit dem Stoff der Welle in ganz Deutschland an Jugend- und Schultheatern experimentiert – erwähnt sei hier noch die Musicalgruppe der Thomas-Morus-Realschule in Östringen, die das Stück als Rockmusical auf die Bühne gebracht hat. Lukas Jösel, Lehrer an der Realschule, hat das in Kanada entstandene Rockmusical mit eigenen Liedern ergänzt und zusammen mit den fünfzehn- bis siebzehnjährigen Schülern vor über sechshundert Zuschauern im Juni 2011 uraufgeführt.
Armer Robert, dachte Ben. Er ist wirklich der einzige Verlierer bei der ganzen Sache. Er ging auf den Schüler zu und legte ihm den Arm um die Schultern. »Weißt du, Robert«, sagte er, um ihn aufzuheitern, »in Jackett und Krawatte siehst du mächtig gut aus. Das solltest du öfters tragen.« Robert gelang ein Lächeln. »Danke, Mr Ross!«
»Was hieltest du davon, wenn wir einen Bissen essen gingen?«, fragte Ben und zog ihn mit sich von der Bühne herunter. »Ich glaube, wir haben einiges zu besprechen.«
So endet Morton Rhues Roman über den Unterrichtsversuch, der zu weit ging. Er war notwendig, um zu verdeutlichen, dass Wellen ewig rollen, sich ausbreiten, wieder verschwinden und manchmal überschwappen. Das Ende des Romans ist auch ein Anfang: Es gibt noch vieles zu besprechen.
Mark Hancock war ein Schüler von Ron Jones und Teil des Experiments. Er zog das Fazit: »Sei vorsichtig, wem du folgst, denn du weißt nicht, wohin man dich führt.«
Ich knall euch ab! – Amoklauf in der Schule
Liebe Mom, wenn du das liest, bin ich nicht mehr. Ich möchte nur, dass du weißt, dass auch du mich nicht davon hättest abhalten können. Ich weiß, du hast immer versucht, mir dein Bestes zu geben, und falls jemand daran zweifelt, zeig ihm diesen Brief.
Ich weiß nicht, ob ich wirklich erklären kann, warum ich das getan habe. Vielleicht, weil ich weiß, dass ich niemals glücklich sein werde. Ich weiß, dass jeder Tag meines Lebens mir wehtun würde und dass ich mich niemals richtig wohl fühlen werde. Es hat nur damit zu tun, dass das Leben für mich keinen Sinn mehr hat.
Jugendliche Attentäter und Amokläufer sorgen in unserer heutigen Gesellschaft immer wieder für Schlagzeilen. Egal ob in den USA oder in Deutschland oder anderswo, immer scheint diesen Menschen ein innerer Kompass zu fehlen. Aber warum? »Nach Verweis von der Schule – 16-Jähriger schießt Lehrerin ins Gesicht – Der Täter gilt als aggressiv und ist auf der Flucht – die 39 Jahre alte Pädagogin erleidet einen Schock«, lautete am 15. März 2002 die Überschrift in der Süddeutschen Zeitung. Zwei Tage später sprach ich zum ersten Mal mit Morton Rhue. »In den USA wäre die Tatwaffe nicht nur eine Gaspistole gewesen«, sagte er damals. Heute gelten seine Worte auch für Deutschland.
Der Amoklauf des neunzehnjährigen Robert Steinhäuser im Erfurter Gutenberg-Gymnasium am 26. April 2002 widerlegt auf tragische
Weitere Kostenlose Bücher