Morton Rhu - Leben und Werk
könnte ich hier mit wenigen Worten nicht erklären. Dafür gibt es ganze Bücher. Bei Morton Rhue im Besonderen ist es so: Ich lese den Roman zunächst ein Mal und schaue dann, was im Gedächtnis hängen geblieben ist. So finde ich heraus, was mir persönlich am wichtigsten ist, was also in der Adaption keinesfalls fehlen darf. Ich reduziere die gesamte Handlung so auf das Wesentliche. Mit Hilfe dieser Analyse picke ich die elementaren Stellen heraus. Der Roman wird nun von vorn bis hinten und hin und her gewälzt, bis alles abgegrast ist und ich weiß, welche Szenen wegfallen dürfen und welche nicht, um eben genau das Grundgefühl zu vermitteln, was nach dem allerersten Lesen entstanden war.
Dann strukturiere ich den dramaturgischen Ablauf: In welcher Reihenfolge muss ich die einzelnen Szenen erzählen, damit es im Comic funktioniert? Die Bilder dazu ergeben sich im Grunde von selber. Ich schaue, welche Szenen mit vielen Bildern (also mit viel Zeit) erzählt werden können und welche Szenen kurz und knapp erzählt werden müssen, damit die Spannungskurve nicht abreißt. Ein bisschen wie bei einem Film. Die Texte halte ich knapp und ebenso auf das Wesentliche begrenzt. Weniger ist mehr.
Nicola Bardola: Was bedeutet Ihnen »Die Welle« persönlich?
Stefani Kampmann: Ich finde sowohl das Thema Gruppenzusammenhalt und Ausgrenzung psychologisch sehr faszinierend als auch die dadurch entstehenden Dynamiken. Ebenso empfinde ich den nach wie vor (in Deutschland, aber ebenso in anderen Ländern) existierenden – mancherorts sogar sehr präsenten – Faschismus bzw. Neonazismus erschreckend. Die Jugendlichen, die sich vom vermeintlichen sozialen Gefüge beeinflussen lassen, müssen politisch aufgeklärt werden, Alternativen müssen geboten werden. Das kann ich mit »Die Welle« als Graphic Novel sicher nicht leisten, aber vielleicht trage ich einen minikleinen Schritt dazu bei.
Theater
Der deutsche Dramatiker und Sozialpädagoge Reinhold Tritt hat Morton Rhues Roman dramatisiert und 1989 als Theaterstück »Die Welle« im Schauspielhaus Düsseldorf uraufgeführt. Seitdem ist auch die Theaterfassung des Bestsellers zum Klassiker geworden – an den Bühnen der Stadttheater genauso wie in Schulen und Jugendclubs.
»Zu dem Stück gibt es keine Alternative«, sagt Boris Priebe vom Verlag Autorenagentur in Berlin in einem Spiegel -Interview vom 26. Juni 2006. Er vertritt die Rechte von einigen Stücken für Kinder und Jugendliche – am erfolgreichsten die der Welle. Besonders an der Welle ist laut Boris Priebe auch, dass die Dramatisierung im Gegensatz zu anderen Stücken, die sich mit dem Thema Faschismus beschäftigen, sowohl im Osten als auch im Westen Deutschlands funktioniert. Das Stück bietet seit zwanzig Jahren eine dramaturgische Antwort auf Gewalt von rechts – die Mordserie von Neonazis im Herbst 2011 hat die traurige Aktualität dieses Themas wieder einmal gezeigt. Spannenderweise sind es oft die Jugendlichen selbst, die nach der (Schul-)Lektüre des Romans ein Theaterstück anregen – der entsprechende Lehrer oder Gruppenleiter muss oft erst überzeugt werden, sich des schwierigen Stoffes anzunehmen. Koregisseur Detlef Glückselig berichtet in der Sendung »Blick ins Sendegebiet« bei Radio Weser. TV im März 2012 darüber, wie er mit der Jugendgruppe des Theater Fatale in Nordenham »Die Welle« ein Jahr zuvor inszeniert.
Torsten Folge (Radio Weser. TV ) : Haben sich die Jugendlichen »Die Welle« – dieses ganz besondere Stück – selbst ausgesucht?
Detlef Glückselig: Ja, das wollten die Jugendlichen eigentlich schon letztes Jahr spielen. Da es letztes Jahr aber das erste Stück für die Jugendgruppe gewesen wäre, war uns das noch eine Nummer zu groß – schließlich wissen wir, dass es ein sehr anspruchsvolles Stück ist. Wir haben uns daher für »Das Kartenhaus«, eine Krimikomödie, entschieden (…) Weil die Jugendlichen bei diesem Stück gezeigt haben, was sie drauf haben, können wir uns jetzt bei der zweiten Produktion auch an »Die Welle« heranwagen.
Torsten Folge (Radio Weser. TV ) : Wie seid ihr denn an das Stück rangegangen? Es gibt das Buch, es gibt aber auch einen bekannten Film »Die Welle« – die beiden sind ja etwas unterschiedlich. Woran orientiert ihr euch?
Detlef Glückselig: Zuerst zur Frage, wie wir rangegangen sind – wir haben uns in der Tat erst mal den Film angesehen. Direkt nachdem wir unser letztes Stück abgespielt hatten, haben wir mit den Jugendlichen (…)
Weitere Kostenlose Bücher