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Morton Rhu - Leben und Werk

Morton Rhu - Leben und Werk

Titel: Morton Rhu - Leben und Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Bardola
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gutes Material über den hervorragenden Roman Morton Rhues hinaus zu bekommen, worin die Genese eines Amoklaufs analysiert wird. Damals habe ich mich auch viel mit Lehrern über meine Pläne unterhalten. Sie waren sehr interessiert, sagten aber immer wieder, ich solle dabei sehr vorsichtig sein. Es ist wirklich sehr schwierig, hier etwas dem Thema Angemessenes zu produzieren. Die Gefahr, einen reißerischen Stoff unreflektiert zu fiktionalisieren, ist groß. Dabei spielt das Problem der Nachahmungstäter eine wichtige Rolle. Wie vermeide ich eine positive Identifikation mit den Tätern? Morton Rhue hat das im Roman sehr gut gemacht. Auch die Wahl des Briefromans ist sehr geschickt. Aber Kino funktioniert eben anders und in diesem Fall werden wir uns von Morton Rhues Roman weiter entfernen als von seiner Version der Welle. Jetzt ist das Projekt schon sehr konkret und die Begeisterung, die wir während der aktuellen Vorarbeiten spüren, ist groß und ermutigend. Auch bei ›Ich knall euch ab!‹ geht es ja darum, die Situation von einer US -Highschool in ein deutsches Gymnasium zu transportieren. Die Figurenkonstellation wird jedoch sehr eng der Vorlage Rhues folgen.«
    Beim Theater – auch in den USA wird »Ich knall euch ab!« auf Schulbühnen aufgeführt – stellt sich das Problem der Nachahmungsgefahr nicht. 2003 haben Felix Huby und Boris Pfeiffer Morton Rhues Roman hierzulande mit dem Untertitel »Krimi über Mobbing und Gewalt« erfolgreich für die Bühne adaptiert. Sie haben als Rahmenhandlung eine Trauerfeier gewählt, von der aus in Rückblenden die tragischen Ereignisse geschildert werden. Diese dramaturgische Maßnahme kommt bei Lehrern, Regisseuren und auch bei den jungen Schauspielern, die meistens zwischen dreizehn und achtzehn Jahren alt sind, so gut an, dass es seither viele Aufführungen gab und das Echo in den Medien und bei den Schülern sehr stark ist.
    »Ich habe Wut auf die Kinder, auf die Lehrer, auf das System und die Zuschauer der Trauerfeier«, sagt einer der Akteure und bringt die geballte Emotion, die »Ich knall euch ab!« bei Jugendlichen auslöst, auf den Punkt.
    Nicht zuletzt lässt ein Blick auf die zahlreichen Videoclips auf Youtube die Unausweichlichkeit und Intensität von Morton Rhues Roman ganz unmittelbar spürbar werden.
    Asphalt Tribe – Leben auf der Straße
    Maggot sagte, wir sollten zum Times Square gehen und dort auf zwölf Uhr warten, da könnten wir bestimmt ein paar Leute beklauen, aber so weit sind wir gar nicht erst gekommen. Wir, also Maggot, Rainbow, 2Moro und ich, wir hingen bloß wie immer vor dem Good Life rum. Kalter Nebel wehte aus dem Park rüber, die Tröpfchen funkelten unter den Straßenlaternen. Maggot und ich saßen unter der Markise des Zeitungsstands an der Ecke. Die feuchte Luft verklebte unsere Haare. Auf der Straße glänzten schwarze Pfützen und aus den Gullideckeln stiegen weiße Dampfwolken auf wie Gespenster. Rainbow hockte an der Mauer, ihr Kopf hing ihr fast im Schoß. 2Moro lehnte an der Laterne, sie hielt die Arme gegen die Kälte vor der Brust verschränkt, sprach aber keinen an, sondern wartete nur darauf, dass irgendjemand sie ansprach. Es war eine dieser Nächte mit nur wenig Verkehr auf den Straßen von New York. Die meisten Leute waren nach ihren tollen Neujahrspartys längst wieder in die winzigen Zellen zurückgekehrt, die sie Wohnungen nannten. Gefangene des Systems, so nannte Maggot die.
    Im Vergleich zu den »Gefangenen des Systems« ist die Gruppe von New Yorker Straßenkindern, die sich selbst »Asphalt Tribe« nennen, scheinbar frei. Sie können den ganzen Tag tun und lassen, was sie wollen, haben sich keinen Vorschriften oder Terminen zu beugen und bewegen sich in ihrer Heimat – auf der Straße – wie in den eigenen vier Wänden. Doch von dieser Ausreißerromantik lässt Morton Rhue in »Asphalt Tribe« nicht viel aufkommen. Während Huckleberry Finn 120 Jahre davor sein Umherschweifen noch in vollen Zügen genießen konnte, kämpfen die Straßenkinder in Rhues 2004 erschienenem Buch einen aussichtslosen Kampf um ihr Leben und ihre Würde.
    Nach einer Statistik des National Runaway Switchboard ( NRS ) fliehen in den USA jährlich rund zwei Millionen Jugendliche von zu Hause. 2011 lebten ungefähr 1.300.000 Kinder und Jugendliche auf der Straße, 5.000 von ihnen allein in den Straßenschluchten von New York. Überraschend ist, dass der größere Teil der amerikanischen Straßenkinder aus der Mittelschicht stammt.
    So sind

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