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Morton Rhu - Leben und Werk

Morton Rhu - Leben und Werk

Titel: Morton Rhu - Leben und Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Bardola
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Allgemeinheit keinen Einfluss nehmen kann. Rhue stellt bewusst jene Themen in den Mittelpunkt seines Romans, die Präventivmaßnahmen verlangen. Beim Waffengesetz gilt dies in den USA natürlich noch mehr als in Deutschland – daher wohl auch der englischsprachige Originaltitel: »Give a boy a gun«. So ersteht Gary seine erste Pistole von einem Typen in der Schule für hundert Dollar, hergestellt in Brasilien oder so . Im Vorwort zu »Ich knall euch ab!« betont Rhue, dass der Anstieg an brutaler Jugendkriminalität auch mit der immer leichteren Verfügbarkeit von Waffen zu tun hat: »Wie Sex und Gewalt in den Medien, nehmen Schusswaffen den Kindern, was wir einmal als Kindheit betrachtet haben.«
    Erschreckend aktuell wurde dieser von Morton Rhue hervorgehobene Aspekt erneut im März 2009, als ein siebzehnjähriger Realschulabsolvent aus Winnenden in seiner ehemaligen Schule fünfzehn Menschen und zuletzt sich selbst mit einer Sportwaffe seines Vaters erschoss. Neben der psychischen Verfassung des Täters und der Bedeutung von gewalttätigen Computerspielen im Zusammenhang mit Amokläufen rückte vor allem das Waffenrecht in den Mittelpunkt der Diskussion. Befürworter einer möglichst lockeren Gesetzgebung argumentierten zuerst mit der Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit durch ein strengeres Waffengesetz. Hinzu kamen noch Aussagen wie die des Sprechers des in Baden-Württemberg beheimateten »Forum Waffenrecht« Joachim Streitberger. Streitberger sagte Spiegel-Online am 11. März 2009, dass das Problem »nicht das Tatmittel« sei, sondern dass »in den Köpfen« solcher Amokläufer »doch etwas nicht in Ordnung« sei.
    Gerade solchen Thesen widerspricht Morton Rhue mit der Wahl des Originaltitels »Give a boy a gun« und im oben zitierten Vorwort seines Buches heftig.
    Die Fassungslosigkeit der Angehörigen der Opfer über die Denkweise der Waffen- und Sportschützenlobby bleibt groß. Der Amokläufer von Winnenden war Mitglied im Sportschützenverein und lernte dort von seinem Vater den Umgang mit tödlichen Waffen. Eine der fünfzehn Waffen, die der Vater besaß, bewahrte er nicht wie vorgeschrieben in einem Tresor, sondern in seinem Schlafzimmer auf. Ein Verfahren gegen ihn wegen fahrlässiger Tötung wurde bereits abgeschlossen – er erhielt eine Bewährungsstrafe von knapp zwei Jahren, was vielen Anti-Waffen-Aktivisten zu wenig ist, ebenso wie sie die Verschärfung des Waffenrechts 2009 infolge des Amoklaufs für zu gering halten. Viele Aktivisten fordern das komplette Verbot tödlicher Schusswaffen unter dem Motto »Keine Mordwaffen als Sportwaffen!«
    Aussagen Angehöriger der Opfer von Winnenden über tödliche Schusswaffen erinnern an die von Garys und Brendans Lehrerin in »Ich knall euch ab!«: Aber wozu gibt es so was dann? Warum wird so was hergestellt? Was denken die Unternehmen, die so was herstellen, was die Leute damit anfangen werden?
    Interview mit Morton Rhue zum Thema Gewalt während seiner Lesereise mit »Ich knall euch ab!« durch Deutschland im Jahre 2002
    Nicola Bardola: Welches sind die wichtigsten Ursachen für die steigende Gewalt unter Jugendlichen?
    Morton Rhue: Das ist ein komplexes Problem. Ich bin übrigens gar nicht sicher, ob die Gewalt objektiv tatsächlich zugenommen hat. Jedenfalls haben sich Dinge verändert, die dazu führen, dass es zumindest so aussieht, als sei die Gewalt gewachsen. Heute stehen den Jugendlichen, vor allem in den USA , viel mehr moderne und gefährliche Waffen zur Verfügung. Es ist kein Problem mehr für Kinder, sich Handfeuer- und halbautomatische Waffen zu beschaffen.
    Nicola Bardola: Im Nachwort weist Klaus Hurrelmann darauf hin, dass die Gewalt tatsächlich, auch statistisch erfassbar, gestiegen ist, zumindest in Deutschland.
    Morton Rhue: Das glaube ich ihm sofort. Ich sehe vier Hauptursachen für den Anstieg. Erstens die Medien: Fernseh- und Kinofilme thematisieren verstärkt Gewalt unter Jugendlichen. Und die Art der Gewaltdarstellung hat sich verändert. Wenn früher zwei Menschen aufeinander geschossen haben, dann waren es ein Cowboy und ein Indianer oder ein Räuber und ein Polizist. Seit den 70er und 80er Jahren sind es aber gewöhnliche Menschen wie du und ich, die in Filmen zu Schusswaffen greifen. Damit werden gefährliche Beispiele geboten und die Identifikationsbasis wird größer. Zweitens: Die problemlose Verfügbarkeit von Waffen. Drittens: Die zunehmend schwierigen, ja zerfallenden Familienstrukturen. Eltern haben immer

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