Mosaik
gesessen hatte, sprang zu Boden. »Bitte geh nicht. Ich würde mich gern mit dir unterhalten.«
Sie sah im Mondschein, wie er lächelte und sich wieder näherte.
Hobbes war nicht mehr der häßliche Knabe, den Kathryn in Erinnerung hatte, aber es gab auch kaum Aussichten für ihn, einen Schönheitswettbewerb zu gewinnen. Er war noch immer dürr, doch die Zähne standen jetzt nicht mehr vor, und es zeigten sich keine Pickel in seinem Gesicht. Sein Haar wirkte noch immer unmöglich, aber Kathryn hielt ihr eigenes für nicht viel besser.
Nach wie vor erweckte er den Eindruck, sich überhaupt nicht darum zu scheren, was andere Leute von ihm dachten. Immer wieder hob er die Hand, um eine lange Strähne aus der Stirn zu streichen.
»Ich habe an dich gedacht«, sagte er. »Und ich erinnere mich gut daran, wie es mir ging, als ich vor zwei Jahren zum College ging. Ich war ziemlich nervös. Du scheinst mir zwar nicht der Typ zu sein, der sich leicht beunruhigen läßt, aber ich wollte dir trotzdem viel Glück wünschen.«
Kathryn spürte sonderbare Dankbarkeit. Hobbes mochte weder attraktiv noch aufregend sein, aber er war anständig. Sie setzte sich auf den Boden, lehnte sich mit dem Rücken an den Baum und bedeutete ihm, ihrem Beispiel zu folgen. »Das ist sehr nett von dir, Hobbes. Ich schätze, ich fühle mich ein wenig…« Sie zögerte. Wie fühlte sie sich eigentlich? Betrübt? Kummervoll?
Einsam? Niedergeschlagen? Deprimiert?
Sie lachte kurz und schüttelte den Kopf.
»Ich fühle etwas, aber ich kann beim besten Willen nicht sagen, was es ist.«
Hobbes lächelte. »Du hast in diesem Sommer viel
durchgemacht.«
Kathryn drehte abrupt den Kopf und musterte ihn. Wie meinte er das? Sprach er von Cheb? Von ihrem Vater? Von der Schule?
Sie gab keine Antwort.
»Ich möchte nur folgendes sagen: Die Entscheidung, dich von Cheb Packer zu trennen, war die klügste, die du jemals getroffen hast. Du verdienst Besseres, Kath.«
Sie spürte, wie ihre Wangen glühten. Sprach man über das Ende ihrer Beziehung mit Cheb? Nun, eigentlich sollte sie sich nicht darüber wundern. Die Leute dieser kleinen Gemeinschaft waren eng miteinander verbunden und nahmen Anteil. Kathryns
manchmal recht turbulente Affäre mit Cheb hatte sicher viel Gesprächsstoff geliefert.
»Ich hätte besser damit fertig werden können.« Sie versuchte, neutral und objektiv zu klingen. »Als ich ihm das erstemal sagte, daß es mit uns nicht klappt… Ich hätte dabei bleiben und mich nicht dazu überreden lassen sollen, es noch einmal mit ihm zu versuchen. Und dann noch einmal.«
»Ich kenne Cheb. Er ist sehr redegewandt. Wenn er vor
vierhundert Jahren gelebt hätte, wäre er sicher Verkäufer geworden.«
Kathryn schmunzelte. Von diesem Phänomen hatte sie in der Schule erfahren. Während einer historischen Phase auf der Erde waren bestimmte Menschen bestrebt gewesen, andere Leute zum Kauf von Dingen zu bewegen, die sie eigentlich gar nicht brauchten. Es ging dabei nur darum, Profit zu erzielen. Es klang überaus bizarr, und ohne Aufzeichnungen aus der damaligen Zeit hätte Kathryn so etwas vielleicht nicht für möglich gehalten. Ja, Cheb wäre sicher ein guter Verkäufer gewesen.
»Wann kehrst du zur Uni zurück?« Kathryn wußte, daß Hobbes die Universität von Indiana besuchte, eine der angesehensten Hochschulen im ganzen Land. Nur ausgewählte Personen
bekamen dort eine Studienzulassung.
»In einer Woche. Ich muß noch die Dissertation beenden, mit der ich im Sommer begonnen habe.«
»Worum geht’s dabei?« Kathryn kannte Hobbes seit ihrer Kindheit, aber plötzlich wurde ihr klar, daß sie praktisch nichts von seinen Interessen und Hobbys wußte. Spielte er noch immer Tennis?
»Um Philosophie. Das ist mein Hauptfach.« Er lachte leise.
»Das klingt vermutlich nicht sehr aufregend für jemanden, der ein wissenschaftliches Studium an der Starfleet-Akademie beginnt.«
»Philosophie hat mir immer sehr gefallen. Allerdings ist sie nicht sehr… aktiv.«
»Oh, dann solltest du Lat Nadeen lesen, einen bolianischen Philosophen aus dem zweiundzwanzigsten Jahrhundert. Ich möchte es so ausdrücken: Er gab sich nicht damit zufrieden, in einem Elfenbeinturm zu sitzen. Einige Dinge, für die er eintrat, würden dich sicher sehr überraschen.«
»Vielleicht lese ich wirklich mal was von ihm.«
Angenehme Stille senkte sich herab. Es überraschte Kathryn, wie wohl sie sich in der Gesellschaft von Hobbes fühlte. Es hatte zweifellos Vorteile, mit
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