Mosaik
war gar nicht nötig. Kes wandte sich nach rechts, trat unter die Treppe und berührte eine ganz bestimmte Stelle der Wand.
Woraufhin sich die Wand einfach auflöste.
Kim verglich den Vorgang mit der Entmaterialisierung durch einen Transporter. Es war keine Magie, sondern Technik, und mit technischen Dingen kannte er sich aus. Er folgte Kes in die nächste Kammer, entschlossen dazu, der Ocampa-Trance die Rationalität einer wissenschaftlichen Untersuchung
entgegenzusetzen.
Der Raum, in dem sie sich nun befanden, zeichnete sich durch eine besondere Eigenschaft aus: Er war erhellt. Allerdings konnte Harry nicht feststellen, woher das Licht kam. Wände, Decke und Boden des Zimmers schienen von innen heraus zu glühen, wobei der eigentümliche Glanz erst einen grünlichen Ton gewann und dann einen bläulichen.
Kim hielt vergeblich nach irgendwelchen Lampen Ausschau.
Schließlich vermutete er Leuchtpartikel in der Luft – eine rationale Erklärung.
In der Mitte des Zimmers drehte sich Kes langsam um die eigene Achse, lauschte und erweiterte ihre speziellen mentalen Sinne. Nach einigen Sekunden wandte sie sich Kim zu, und ein Hauch Verwirrung zeigte sich nun in ihrem Gesicht. »Ich kann es nicht erklären, Harry, aber ich glaube, etwas erwacht.«
Das Unbehagen breitete sich noch weiter in Kim aus, und er wollte den Raum verlassen. Aber das war nun nicht mehr möglich. Überall erstreckten sich plötzlich massive Wände, und wo auch immer sie mit den Händen Druck ausübten – es öffneten sich keine Türen.
Kapitel 14
Eine leichte Sommerbrise bewegte die langen, weit nach unten hängenden Zweige der Trauerweide. Sie trug das Aroma von Indiana mit sich: Kräuter, der Duft von Blumen, der würzige Geruch nach Lehm. Als kleines Mädchen hatte Kathryn geglaubt, diese Düfte besäßen Heilkraft und könnten Kopfschmerzen ebenso vertreiben wie Kummer – wenn man sie nur tief genug einatmete.
Jetzt, als junge Frau von achtzehn Jahren, wollte sie noch immer an die heilenden Kräfte dieser Gerüche glauben, als sie im Versteck ihrer Kindheit saß und versuchte, hier den gleichen Trost zu finden wie damals.
Sie fühlte sich leer. Morgen mußte sie zur Starfleet-Akademie aufbrechen – der erste Schritt bei der Verwirklichung eines viele Jahre alten Traums –, aber der Gedanke daran blieb ohne Freude.
Sie würde die Reise antreten, weil sie das für ihre Pflicht hielt, und sie war auch entschlossen, sich ganz dem Studium zu widmen; so verlangte es ihre Disziplin. Aber derzeit konnte sie sich nicht vorstellen, dabei Zufriedenheit und Genugtuung zu finden.
Das Knacken eines Zweigs unterbrach Kathryns Grübeleien, und sie starrte durch die Dunkelheit. Hatte sie es sich nur eingebildet? Oder schritt tatsächlich jemand durchs Kornfeld, dem Baum entgegen? Sie kniff die Augen zusammen und
versuchte, eine menschliche Gestalt zwischen den hohen Halmen zu erkennen, die im Wind raschelten und im Mondschein
tanzende Schatten schufen.
Das Geräusch wiederholte sich und vertrieb die letzten Zweifel: Es näherte sich tatsächlich jemand. Kathryn erstarrte. Sie empfand keine Furcht, denn hier gab es nichts zu fürchten, aber derzeit stand ihr nicht der Sinn nach Gesellschaft. Sie wollte allein sein, mit niemandem reden.
»Kath?« Die Stimme kam aus dem Kornfeld. »Bist du da? Ich möchte dich nicht erschrecken.«
Kathryn ließ den angehaltenen Atem entweichen. Hobbes
Johnson. Vielleicht konnte er sie nicht sehen, wenn sie in völliger Reglosigkeit verharrte.
Eine dunkle Gestalt löste sich nun vom Rand des Kornfeldes und spähte zum Baum empor. Kathryn konnte nicht feststellen, ob Hobbes sie sah.
»Entschuldige bitte, wenn ich dich störe. Ich wollte mich nur von dir verabschieden – immerhin machst du dich morgen auf den Weg zur Starfleet-Akademie.«
Kathryn schwieg und hoffte, daß Hobbes ging. Einige Sekunden lang herrschte Stille.
»Wie dem auch sei…«, sagte er dann. »Ich wünsche dir alles Gute und hoffe, daß wir Freunde bleiben können.« Wieder folgte Stille. »Bis dann. Ich weiß, daß du an der Akademie gut zurechtkommen wirst.«
Die Gestalt drehte sich um und kehrte in Richtung Kornfeld zurück. Kathryn setzte sich auf. »Hobbes…?«
Der junge Mann blieb stehen. »Du bist also doch hier, so wie ich es mir dachte. Aber wenn du allein sein möchtest… Das kann ich durchaus verstehen.«
Plötzlich sehnte sich Kathryn nicht mehr nach Einsamkeit. Sie rutschte von dem Ast herunter, auf dem sie bisher
Weitere Kostenlose Bücher