Moser Und Der Tote Vom Tunnel
bei einer dieser Aktionen ums Leben gekommen?«
»Ja, sein Boot ist gekentert. War wohl etwas überladen. Vielleicht hat er ja doch ein bisserl viel getrunken gehabt. Mein Sohn wurde nach dem Tod seines Vaters deshalb viel gehänselt. Bin froh, dass er nun beim Militär ist. Ich bin gespannt, wie es weitergeht, wenn er wieder zurück ist. Denn die Arbeitsmöglichkeiten sind hier immer noch gering. Vielleicht kommt aber nun der Weinhandel wieder auf die Beine und er findet Arbeit bei einem Weinhauer.
Hoffentlich kommen Sie mit den hiesigen Bauern ins Geschäft …«
»Ich werde mein Möglichstes versuchen. Aber sagen Sie, Frau Kasmüller, dieses Gasthaus da unten an der March …Es macht auf mich einen etwas düsteren Eindruck. Spielte es bei der Geschichte mit Ihrem Mann auch eine Rolle?«
»Nun ja …früher hatte es noch einen anderen Besitzer. Das Gasthaus wurde vor etwa acht Jahren von Gustav Reibold gebaut, der es kurze Zeit später veräußerte. Aschbacher kaufte das Einkehrgasthaus erst vor einiger Zeit aus einer Konkursmasse. Der Vorbesitzer, der es von Reibold übernommen hatte, war eines schönen Tages verschwunden. Weil er nicht mehr auffindbar war, ließ die Gemeinde das Gasthaus über die Bank versteigern. Ich glaube schon, dass der frühere Wirt etwas mit den Aufträgen meines Mannes zu tun hatte.«
»Interessant! So etwas habe ich mir schon gedacht. Was war das denn für ein Mann?«
»Oh, da kann ich Ihnen nicht viel sagen. Er stammte soviel ich weiß von weit hinter der Grenze.
Aus seiner wahren Herkunft hat er ein großes Geheimnis gemacht. Angeblich soll er in der Gegend von Krakau geboren worden sein. Zumindest sagt das die alte Fanny. Und die wird es wissen, schließlich war sie lange als Bedienung im Gasthaus. Seine Mutter soll aus Frankreich gekommen sein.«
»Wie hieß denn dieser Mann?« wollte Moser wissen.
»Er nannte sich Tomáš Verpeta. Aber inzwischen ist ja bekannt, dass dies nicht sein richtiger Name war. Nur, was interessiert Sie dieser Mann?«
»Ach, reine Neugier …« Moser musste sich zusammennehmen, damit die Kasmüllerin nicht seine wahre Identität erriet; er wechselte rasch das Thema. »So, so, Ihr Sohn ist also gegenwärtig beim Militär?«
»Ja, bei den Dragonern in Graz. Kennen Sie Graz? Dort in der Steiermark wächst doch auch ein guter Wein.«
»Ja, in Graz war ich schon einmal. Kann mich noch gut an die schöne Stadt und den Uhrturm droben auf der Festung erinnern«, schwärmte Moser, der zum Glück Graz von einem Kongress wirklich kannte. »Ist ganz schön weit von hier nach Graz …«
»Ja, fast fünf Stunden mit der Bahn. Habe meinen Sohn erst einmal dort besucht, als er seinen freien Tag hatte. Wir haben in einem hübschen Kaffeehaus gesessen und geplaudert. Im Oktober ist sein Dienst beendet. Er sagt, dass er Steilfurt vermisst und froh wäre, wenn er wieder zu Hause sein könnte. Er ist ein guter Bub …«
»Hat er denn auch einen auskommenden Beruf?«
»Ja, Herr Weinkommissär. Als mein Franzl damals starb, hat unser Pfarrer meinen Sohn unter seine Fittiche genommen. Der stammt aus einem Weingut in Südtirol. Wissen S’, bei Brixen. Und der Herr Pfarrer hat Franzi – mein Sohn heißt genauso wie sein Vater – nach der Schule dort hingeschickt. Er hat das Handwerk des Küfers gelernt. Aber das Heimweh trieb ihn zurück. Wie gesagt, bin gespannt, wie es nach seinem Militärdienst weitergeht. Der alte Ling hat ihm angeboten, dass er sich vorerst als Knecht bei ihm verdingen kann.«
»Ich denke, es wird sich sicher etwas Passendes für Ihren Sohn finden lassen«, meinte Moser, der eigentlich gar nicht an der Familiengeschichte der Kasmüllerin interessiert war und das Thema wechselte. »Sagen Sie, Frau Kasmüller, was hat es eigentlich mit diesen Weinkellern dort droben im Berg auf sich? So etwas habe ich bei uns in Bayern noch nie gesehen. Das sind ja wirklich eindrucksvolle Stollen. Wurden die tatsächlich von Menschenhand geschaffen?«
»Oh ja, mein Herr«, erläuterte die Kasmüllerin, »diese Keller sind wirklich von den Weinhauern angelegt worden. Viele sind schon sehr, sehr alt; es werden aber heute noch solche Keller gegraben. Hier hinter meinem Haus gibt es ebenfalls einen Keller, der tief in den Hang unter der Kirche geht. Den hat mein Schwiegervater gegraben; mein Seliger erweiterte ihn mehrfach.
Der Keller geht gut und gerne einhundert Meter in den Berg. Droben an der Kellergasse sind vor den Kellerabgängen die Presshäuschen. Dort
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