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Moser Und Der Tote Vom Tunnel

Moser Und Der Tote Vom Tunnel

Titel: Moser Und Der Tote Vom Tunnel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Baehr
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Nachmittags den steilen Pfad neben dem Schulhaus zum Plateau des Kirchenhügels hinauf. Unterwegs musste Moser eine Verschnaufpause auf einer Bank neben dem steilsten Stück des Weges einlegen. Der Boden war sandig und trocken, der Kriminalrat ärgerte sich über den Staub an seinen Schuhen. Er schwitzte sehr unter seinem Hut und keuchte, als sie endlich vor der Kirchhofsmauer ankamen. Außerdem machten ihm die Gelsen zu schaffen, die trotz der großen Hitze aktiv waren. Überall breitete sich der feine Lössstaub aus, so dass die Vegetation mit einem graubraunen Überzug bedeckt war. Von hier oben erschienen die Karpaten ganz nah; Heini erklärte, dass dies ein Anzeichen für einen Wetterumschwung sei.
     
    Moser heuchelte Interesse an den Weinbergen und gab vor, besonders am Welschriesling und Ruländer interessiert zu sein. Die Hitze auf dem Plateau war fast unerträglich, lediglich in den wenigen Hohlwegen zwischen den Weingärten fand sich etwas Kühle, dafür gab es umso mehr Gelsen. Moser war froh, als Heini Hotz wieder zum Abstieg ansetzte. »Da drunten sehen Sie übrigens unser Haus«, sagte er und deutete auf ein niedriges rotes Ziegeldach. Der Münchner dachte für sich: »Wie kann man nur so wohnen …«, und wünschte sich zurück in die Großstadt.
    Heini führte Moser durch eine junge Lindenallee, die leider noch kaum Schatten spendete, zurück zum Wirt. »Vielleicht möchten Sie auch noch die Ausgrabungen in unserem Nachbarort sehen? Dort haben sie eine alte Stadt aus der Vorzeit gefunden. Die graben dort nun schon das 14. Jahr; heuer ist auch mein Sohn dabei«, schlug Hotz vor. Moser lehnte dankend ab. Er hatte von Hitze, Lössstaub und diesen Gelsen endgültig genug.
     
    Eigentlich wollte er abends nach Wien zurück und ärgerte sich, dass das Hotel bezahlt werden musste, obwohl er nicht dort nächtigte. Aber er war überzeugt, seine Mission hier konnte noch nicht beendet sein. Deshalb fragte er Janna, die Bedienung, ob man im Wirtshaus übernachten könne. Es stellte sich heraus, dass es sich ausschließlich um ein Einkehrgasthaus handelte, nicht um einen Beherbergungsbetrieb. Auch sonst gab es keine Logiergelegenheit weit und breit. Aschbacher riet Moser, er solle zum Pfarrer gehen. Wenn dieser nicht selber eine Stube im Pfarrhof frei habe, wüsste er am ehesten, wer in Steilfurt für ein paar Nächte ein Zimmer entbehren und als Quartier vermieten könnte.
    Moser begab sich zum Pfarrhof neben dem Schulhaus am Fuß des Kirchhügels. Der Pfarrer, ein strafversetzter Tiroler, war zunächst ratlos. Er konnte kein Zimmer im Pfarrhaus als Unterkunft anbieten, weil gerade seine drei Schwestern zu Besuch waren. Nach einigem Überlegen riet er: »Am besten gehen Sie zu Witwe Kasmüller. Sie wohnt in einem kleinen Häuschen am Fuß der Lindenallee. Soviel ich weiß, steht die eine Kammer leer, seit ihr Sohn beim Militär ist. Müsste aber noch ein Bett vorhanden sein. Anna Kasmüller wäre sicher froh um ein wenig Geld.«
    Moser wurde mit Witwe Kasmüller schnell handelseinig. Nur das Wasser des Hausbrunnens stank nach Schwefelwasserstoff, wie faule Eier; das missfiel ihm. Die Kasmüllerin erklärte, das Wasser in der gesamten Gegend habe diesen Geruch. Die Kammer war zwar klein und spartanisch, aber überraschend kühl. Moser dachte, für ein oder zwei Nächte könnte man es hier aushalten. Er hatte ohnehin nur leichtes Gepäck dabei.
     
    Die Weinverkostung in der Kellergasse war ein Erlebnis. Moser – der Bierliebhaber – spielte die Rolle des Weinkenners so überzeugend, dass er innerlich selber über sein schauspielerisches Talent lachte. Der Kriminalrat verlor völlig den Überblick, wie viele ›Bouteillen‹ an diesem Abend geöffnet wurden. Der Wein setzte ihm kräftig zu und er war froh, vom Presshäuschen vor dem letzten Keller nur ein paar Meter abwärts zum Haus von Witwe Kasmüller wanken zu müssen.

Ein verkaterter Morgen
     
     
    Moser erwachte am nächsten Morgen schon bei Sonnenaufgang. Sein Schädel brummte und er schwor sich, in Zukunft endgültig die Finger vom Wein zu lassen. Schließlich war und blieb er Bierliebhaber.
    Der Kriminalrat stand auf und setzte sich auf den einfachen Brettstuhl neben dem Fenster seiner kleinen Kammer, von wo aus er hinaus auf die menschenleere Dorfstraße blickte. Es ärgerte ihn, nun in einem Dorf irgendwo in der Pannonischen Tiefebene zu sitzen, statt in seiner gewohnten Großstadt. Er wusste immer noch nicht, was ihn eigentlich hierher trieb. Aber

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