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Moskauer Diva

Moskauer Diva

Titel: Moskauer Diva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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zielt auf Sie, gleich wird er schießen. Aber wieso rechtfertige ich mich!«, rief Dewjatkin empört. »Ich habe Ihnen das Leben gerettet, und Sie …«
    Was hatte es für einen Sinn, mit ihm zu streiten? Fandorin knirschte nur mit den Zähnen. Schließlich war er selbst schuld. Er hatte gewusst, wen er da mitnahm!
    Er lief hinaus auf die Treppe, aber Zarkow war natürlich spurlos verschwunden. Ihn im dunklen Park zu jagen war ein sinnloses Unterfangen.
    Wieder zurück im Büro, rief Fandorin Subbotin zu Hause an – Gott sei Dank musste neuerdings jeder Kriminalbeamte einen Telefonapparat zu Hause haben. Fandorin berichtete kurz, was geschehen war. Subbotin versprach, Polizisten aus dem nächstgelegenen Revier vorbeizuschicken und auch selbst zu kommen.
    Zu seinem Assistenten sagte Erast Petrowitsch: »Gehen Sie. Aber um Gottes willen auf einem anderen Weg – in Richtung Prospekt. Vermutlich sind die Pinscher schneller hier als die Polizei.«
    »Ich denke gar nicht daran.« Dewjatkin verband sich die Wange mit einem riesigen Taschentuch und sah nun noch mehr aus wie der Ritter von der traurigen Gestalt. »Dass ich Sie hier alleinlasse? Niemals!«
    Ach, wie sehr mir Masa fehlt, dachte Erast Petrowitsch wehmütig.
     
    Seltsamerweise kam die Polizei zuerst. Obwohl – das war vielleicht gar nicht so seltsam – vermutlich hatten die Pinscher auf ihrem Weg zum Haus Zarkow getroffen und sich mit ihm zusammen aus dem Staub gemacht. Fandorin konnte sich Zarkow nur schwer als einen Feldherrn vorstellen, der den Sturm auf eine befestigte Stellung befehligte.
    Um keine Zeit mit Warten zu verlieren – auf einen Angriff oder auf Hilfe –, befahl Fandorin seinem Assistenten, die Zugänge zum Haus zu beobachten, während er selbst sich an ein genaueres Studium des Archivs machte. Als Subbotin mit einer Droschke eintraf (rund eine halbe Stunde nach den örtlichen Polizeikräften), stand der Plan für das weitere Vorgehen mehr oder weniger fest.
    »Zwei Fragen«, sagte Fandorin zu dem Kriminalisten im Gespräch unter vier Augen, nachdem er ihm erzählt hatte, was geschehen war. »Die erste: Wo müssen wir Zarkow suchen? Und die zweite: Was machen wir hiermit?« Er wies mit einem Kopfnicken auf die amerikanischen Schränke.
    »Wollen Sie mich zugrunde richten? Die Mappen nehme ich nicht. Da steht halb Moskau drin, meine gesamte Obrigkeit eingeschlossen. Was mich gar nicht wundert. Die Welt und die Menschen, die sie bevölkern, sind unvollkommen, das weiß ich seit langem. Der Herr wird es früher oder später jedem nach seinen Taten vergelten.« Der Titularrat nickte hinüber zur Leiche von Mr. Swist, die bereits auf einer Trage lag, aber noch nicht in die Polizeikutsche verladen worden war. »Erast Petrowitsch, nehmen Sie dieses Dynamit lieber an sich. Bei Ihnen ist es sicherer aufgehoben. Ich schreibe ins Durchsuchungsprotokoll, dass die Schränke leer waren. Und was Herrn Zarkow angeht, den sehen wir in unserer Stadt nicht wieder. Er ist kein Dummkopf, er weiß genau: Mit jedem Streich wäre er ungeschoren davongekommen, aber nicht mit dem Verlust einer solchen Kartei. Gehen Sie davon aus, dass der Zar sich freiwillig in die Verbannung begeben hat und auf den Thron verzichtet.«
    »Aber ich verzichte nicht auf Zarkow«, sagte Fandorin drohend, verärgert über den Misserfolg der Operation. »Er hat zwei Morde auf dem Gewissen. Ich werde ihn finden, und wenn es unter der Erde ist.«
    »Wo wollen Sie denn nach ihm suchen? Die Erde ist groß.«
    Erast Petrowitsch zeigte auf den Stapel Mappen.
    »Der Konzern unseres Freundes hat drei Filialen: in Petersburg, in Warschau und in Odessa. Dort hat Zarkow seine Leute, seine Geschäftsinteressen. Sämtliche Namen und Adressen sind hier verzeichnet. Ich bin sicher, er wird sich in eine der drei Städte zurückziehen. Ich muss nur kombinieren, wohin er genau will – nach Norden, nach Westen oder nach Süden.«
    »Kombinieren? Wie denn?«
    »K-keine Sorge. Dafür gibt es die Deduktion. Ich werde es herausfinden, und er wird brav mit mir zurückkommen«, versprach Fandorin, verträumt lächelnd aus Vorfreude auf eine Arbeit, die Vergessen verhieß.
    Die Rückkehr
    Nach Moskau kehrte er am ersten Novembertag zurück. Mit leeren Händen, dafür fast vollkommen geheilt.
    Fandorin hatte sein Versprechen nur zur Hälfte gehalten. Er hatte richtig kombiniert, in welche Stadt Zarkow geflohen war: nach Warschau. Dort war sein Unternehmen weiter ausgebaut als in Petersburg oder Odessa. Zudem war,

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