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Moskauer Diva

Moskauer Diva

Titel: Moskauer Diva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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Schwierigkeit«, sagte Elisa, ohne den Blick zu heben, als sie wiederkam. »Formal bin ich verheiratet.«
    »Ich weiß, das wurde mir berichtet. Ihr Mann, der abgedankte Garderittmeister Khan Altaïrski, verweigert Ihnen die Scheidung.« Schustrow zuckte leicht mit der Schulter. »Das ist ein Problem, aber für jedes Problem gibt es eine Lösung. Die Lösung für ein sehr schwieriges Problem ist möglicherweise teuer, aber es gibt immer eine.«
    »Sie wollen mich von ihm loskaufen?!«
    Warum eigentlich nicht? Dshingis Khan lebt auf großem Fuß, er liebt Luxus … Nein, er wird ablehnen. Seine Bosheit ist stärker als seine Geldgier …
    Laut sagte sie: »Das bringen Sie nicht zustande.«
    »Das gibt es nicht«, entgegnete er überzeugt. »Ich bringe immer etwas zustande. Meistens genau das, was ich will.«
    Elisa dachte an die Gerüchte, die in der Truppe kursierten: Mit welcher Skrupellosigkeit und Energie dieser Kaufmannssohn zu seinem gewaltigen Reichtum gelangt war. Wahrscheinlich hatte er so einiges erlebt, eine Menge Hindernisse und Gefahren überwunden. Ein seriöser Mann! Der machte keine leeren Worte. Ja, ihm konnte sie wahrscheinlich die Wahrheit über Dshingis Khan erzählen …
    »Ich werde mich um die Frage Ihrer juristischen Freiheit kümmern, sobald ich das Recht dazu erhalte – als Ihr Bräutigam.«
    Er nahm erneut ihre Hand und sah sie an, als überlege er, ob er sie küssen solle. Er tat es nicht, er drückte sie nur.
    »Ich muss darüber nachdenken … Gründlich«, sagte sie mit schwacher Stimme.
    »Selbstverständlich. Jede wichtige Entscheidung will von allen Seiten abgewogen sein. Genügen Ihnen drei Wochen zum Nachdenken?«
    Er ließ ihre Hand los – wie einen Gegenstand, auf den er noch kein Besitzrecht hatte.
    »Warum gerade drei Wochen?«
    »Einundzwanzig Tage. Diese Zahl bringt mir Glück.«
    Zum ersten Mal, seit sie Schustrow kannte, lächelte er. Das verblüffte sie ebenso, als hätte plötzlich mitten in finsterer Nacht die Sonne geschienen.
    Nur in diesem einen Augenblick bebte Elisas Herz.
    Er ist keine Rechenmaschine! Er ist ein lebendiger Mensch! Ich werde ihn lieben müssen. Und was, wenn er Kinder will? Die »fruchtbare Zusammenarbeit, die man Ehe nennt« trägt ja in der Tat Früchte. Millionäre wollen immer Erben haben.
    »Gut. Ich werde darüber nachdenken.«
    Sie drehte den Schlüssel um, öffnete die Tür – und der Geruch des Todes traf ihre Nase. Elisa schrie auf und kniff die Augen zusammen, doch sie hatten bereits die blutige Botschaft geschaut, die der Unmensch an sie gerichtet hatte. Sie lautete: »Du gehörst mir. Jeder, der es wagt, sich dir zu nähern, wird eines schrecklichen Todes sterben.«
    Niemand außer Elisa verstand und konnte verstehen, was tatsächlich passiert war. Dshingis Khan hatte alles wie üblich teuflisch schlau arrangiert. Alle ringsum waren entsetzt, sprachen von Selbstmord und bedauerten den armen Jungen, der aus Liebe den Verstand verloren hatte. Für Elisa äußerten sie Mitgefühl, das allerdings größtenteils geheuchelt war, und starrten sie neugierig an, als habe sich etwas an ihr verändert. Noah Nojewitsch war ebenfalls erschüttert und sagte leise: »Nun, Elisa, ich gratuliere. Der Selbstmord eines Verehrers ist das höchste Kompliment für eine Schauspielerin. Die nächste Vorstellung werden die Leute nur so stürmen.«Ein Mensch, der in einem solchen Maß vom Theater besessen war, hatte doch etwas Erschreckendes.
    Sie saß im Foyer und wartete darauf, von dem Ermittler gerufen zu werden, Serafima gab ihr Tropfen, Wassja hüllte sie in ein Tuch. Äußerlich verhielt sich Elisa, wie es die Situation und ihr Ruf als Schauspielerin verlangten: Sie weinte mäßig unschön, ließ die Schultern beben, rang die Hände, presste sie gegen die Schläfen und dergleichen. Doch ihre Gedanken waren dabei nicht die einer Schauspielerin, sondern die einer ganz normalen Frau. Im Grunde war es nur ein einziger, hartnäckiger Gedanke:
Ich habe keine Wahl, ich muss den Ungeliebten heiraten.
Wenn irgendjemand auf der Welt sie vor dieser Ausgeburt der Hölle retten konnte, dann nur Schustrow mit seinen Millionen, seiner Selbstsicherheit und seiner Macht.
    Wie wehmütig sah sie Erast an, der ihr Fragen stellte und versuchte, hinter das Geheimnis zu kommen, auf das nur Elisa die Antwort wusste. Fandorin war großartig. Er war als Einziger nicht hilflos, als alle schrien und sinnlos umherrannten. Instinktiv hörten sofort alle auf ihn. Kein Wunder! Er

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