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Moskauer Diva

Moskauer Diva

Titel: Moskauer Diva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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Mann wie meinem Herrn werden Sie nie mehr begegnen, selbst wenn Sie hundert Jahre alt werden und Ihre Schönheit bewahren sollten.«
    Da verlor sie endgültig die Fassung. Sie heulte laut los, ohne sich darum zu scheren, wie sie dabei aussah.
    »Jetzt sehen Sie gar nicht aus wie eine Schauspielerin«, sagte der Japaner und reichte ihr ein Taschentuch. »Schnäuzen Sie sich, sonst ist Ihre Nase gleich ganz verquollen.«
    »Wie?«, fragte Elisa näselnd, weil sie das Wort »velekewollen« nicht verstanden hatte.
    »Lot. Wie eine Kihsche. Schenäuzen Sie sich! Ja, so ist es gut … Wehden Sie meinen Herrn lieben? Wehden Sie ihm mohgen sagen, dass Ih Hehz nuh ihm gehört?«
    Sie schüttelte den Kopf und weinte erneut.
    »Um nichts auf der Welt!«
    »Warum?«
    »Weil ich ihn liebe. Und ich will ihn nicht …«
    Zugrunde richten
, wollte Elisa sagen.
    Masa überlegte lange. Schließlich sagte er: »Ich dachte, ich verstehe etwas vom Herzen einer Frau. Aber Sie setzen mich in Erstaunen. ›Ich liebe ihn‹, aber ›ich will ihn nicht?‹ Sie sind sehr interessant, Elisa-san. Zweifellos hat sich mein Herr deshalb in Sie verliebt.«
    Er redete noch lange auf sie ein, nicht so starrsinnig zu sein. Doch je anschaulicher der Japaner Erast Petrowitschs Vorzüge schilderte, desto unumstößlicher wurde ihr Entschluss, ihn vor Unglück zu bewahren. Trotzdem war es sehr angenehm, das alles zu hören.
    Am Morgen, als sie Fandorin auf der Probe sah – er war gekränkt und stolz –, fürchtete sie, sich nicht beherrschen zu können. Sie schickte sogar ein Gebet zum Allmächtigen, Er möge ihr helfen, der Versuchung zu widerstehen.
    Und Gott erhörte sie. Danach verschwand Erast. Fuhr weg.
    In Gedanken sprach sie unablässig mit ihm, bereitete sich auf eine erneute Begegnung vor. Und nun waren sie sich wieder begegnet …
    Sie war natürlich auch unmöglich. Alle vorbereiteten Sätze waren wie aus ihrem Gedächtnis getilgt gewesen. »Wissen Sie, man hat mir einen Antrag gemacht.« Damit war sie herausgeplatzt – und selbst erschrocken, wie leichtsinnig es geklungen hatte.
    Und er hatte nicht mit der Wimper gezuckt. »A-ah. Nun ja.«
    Offenbar irrte auch ein Japaner manchmal. Masa kannte seinen »Herrn« wohl doch nicht so gut.
    Oder er hatte sie wirklich geliebt, aber nun war die Liebe vorbei. Auch das kam vor. Ziemlich oft.
    Alltägliches
    Es ergab sich, dass sie all ihre Aufrichtigkeit, ihr ganzes seelisches Feuer, die sie in ihrer Verwirrung und Erstarrung nicht an Fandorin gerichtet hatte, nun jemandem zuteil werden ließ, der zwar lieb war, aber eher unwichtig – Wassja Prostakow. Er war ein treuer, zuverlässiger Freund, mitunter konnte sie sich an seiner Schulter gut und tröstlich ausweinen, aber ebenso gut hätte sie ihr Gesicht in das Fell ihres Hundes vergraben können, hätte sie denn einen besessen.
    Wassja schaute aus dem Saal heraus, kurz nachdem Erast sich umgedreht hatte und gegangen war. Elisa sah unglücklich aus, in ihren Augen standen Tränen. Prostakow stürzte natürlich sofort zu ihr – was ist los? Nun, sie erzählte ihm alles, erleichterte ihr Herz.
    Das heißt, selbstverständlich nicht restlos alles. Nicht von Dshingis Khan. Aber von ihrem Liebesdrama berichtete sie ihm.
    Sie ging mit Wassja in eine Loge, damit sie niemand störte. Sie schlug die Hände vors Gesicht und erzählte, stammelnd und unter Tränen – es brach aus ihr heraus. Dass sie den einen liebte, aber einen anderen heiraten müsse; dass sie keine Wahl habe; doch, die habe sie, aber die sei schrecklich: ein alptraumhaftes Leben, das schlimmer sei als der Tod, oder sich dem Ungeliebten hingeben.
    Auf der Bühne probte Stern mit Gasonow die Szene mit dem Seiltanz. Masa mangelte es an Grazie. Der romantische Held sollte eine gewisse Strenge in den Gesten wahren, der Japaner aber spreizte Knie und Ellbogen zu weit ab. Die übrigen Schauspieler nutzten die Pause und hatten sich entfernt.
    Prostakow hörte Elisa aufgeregt an, streichelte vorsichtig ihr Haar, begriff aber das Wesentliche nicht.
    »Von wem redest du eigentlich, Elisa?«, fragte er schließlich. Er sah sie lieb, aber verständnislos an.
    »Von Fandorin, von wem sonst!«
    Als ob es hier jemanden anderen gab, den man lieben konnte! Sie schluchzte. Wassja runzelte die Stirn.
    »Er hat dir einen Antrag gemacht? Aber warum musst du ihn denn heiraten? Er ist alt, schon ganz grau!«
    »Du bist ein Dummkopf!« Elisa richtete sich wütend auf. »Selber alt und vertrocknet! Siehst mit

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