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Moskauer Diva

Moskauer Diva

Titel: Moskauer Diva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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lodert außen, gelangt nicht an die Haut.
    Die schöne Zaubergeste hat damit nichts zu tun.
     
    Sen-Chan ahmt die »Zaubergeste« nach.
     
    OKASAN
(zufrieden)
Ja, das hat uns gefallen! Dich nehm‘ ich, Niemandnicht. Komm zu uns ins Yanagi, bis deine Zeit heran. Führt doch den Akrobaten ins Haus, Herr Soga-san, in den Dienstbotenflügel, wo er jetzt wohnen kann.
     
    Soga geht zu dem Zauberkünstler und mustert ihn misstrauisch. Er reißt ihm die beiden Messer aus dem Gürtel, mit denen der Unhörbare jongliert hat, schaut sie an und behält sie.
     
    SOGA Die Waffen abzugeben ist Brauch bei uns im Haus. Zumal du deine Messer allzu geschickt beherrschst. Auch dein höhnisches Grinsen missfällt mir sehr, mein Freund. Ich werde auf dich achten. Und nun komm, folge mir.
     
    Der Ronin führt den Unhörbaren von der Bühne. Okasan gibt den beiden Schülerinnen ein Zeichen, und sie öffnen die Falttür. Die Herrin und ihre beiden Ziehtöchter gehen in Ijumis Zimmer und setzen sich. Okasan schickt mit einer Geste die Schülerinnen fort. Sie entfernen sich mit einer Verbeugung, dann läuft Sen-Chan hüpfend davon.
     
    OKASAN Nun bin ich mir ganz sicher, die Vorstellung wird gut. Der Narr mit seinen Streichen ist ein schöner Kontrast zum Feuer von Obara und zu Ijumis Stil. Kubota will uns helfen. Er hat gesagt, dass du, Ijumi, seinem Fürsten bestimmt gefallen wirst. Doch hat der Fürst womöglich ’nen eigenen Geschmack. Die Fleischeslust wiegt schwerer bei einem jungen Mann. Drum ist es sehr gut möglich, dass er O-Bara wählt. Ich kenne doch die Männer! Und ich will offen sein – für mich spielt keine Rolle, wen von euch beiden er zu seiner Konkubine am Ende dann erwählt. Euch, meine lieben Töchter, habe ich beide lieb! Wenn nur nicht unversehens ein andres Haus gewinnt … Doch nein, es kann sich keine hier messen mit euch zwein. Das ist für mich ganz sicher – nur euch gebührt der Sieg.
     
    O-BARA Bei einem reichen Fürsten erstrahlt‘ ich wie ein Stern! Nein, heller, wie die Sonne! Und heiß, dass weich wie Wachs der Fürst in meinen Händen. Was für ein schöner Traum! Ja, ganz Satsumi machte ich mir dann untertan. Ach, möge doch das Schicksal mir schenken dieses Glück! Ich wär Euch ewig dankbar, Mutter, für dieses Los!
     
    OKASAN Und was sagst du, Ijumi?
     
    IJUMI Dem Karma beug ich mich. Wenn es mein Wille wäre, dann bliebe ich bei Euch. Doch eine Geisha darf nicht bestimmen ihr Geschick. Da Ihr nun so entschieden, dass es von Vorteil wär, mich einem Mann zu geben – nun, möge es denn sein.
     
    OKASAN Sag, höre ich Gekränktheit aus deinem Ton heraus? Als wollt ich dich verkaufen an einen alten Mann, der außerdem noch hässlich und Krämer obendrein! Der Fürst ist doch nochjung und, wie es heißt, auch schön. Wer weiß, vielleicht erlebst du mit ihm, was Liebe heißt. Und wirst mir ewig danken und deinem guten Stern.
     
    IJUMI Ach, von der Liebe Freuden habe ich viel gehört, sie selbst auch oft besungen vor meinem Publikum. Doch was damit gemeint ist, das lässt mich leider kalt. Mich langweilen die Männer, an Liebe glaub ich nicht.
     
    OKASAN Du solltest nicht so reden. Die Liebe gibt es wohl. Genau genommen gibt es nicht eine, sondern drei.
Irdisch die eine Liebe, ihr sind die untertan, die stets am Boden bleiben mit Leib und Herz und Geist. Das sind sehr viele Menschen, genauer, neun von zehn. Sie ist sündig und schmutzig, diese Liebe, doch süß.
Und dann gibt es auch Menschen, welche die Hölle reizt. Höllische Leidenschaften lodern in ihrer Brust. In diesen heißen Flammen verbrennt des Menschen Herz, nichts bleibt von seiner Seele als dichter schwarzer Rauch.
Noch eine Liebe gibt es, die man nur selten trifft. Sie betört jene Menschen, die Höheres im Sinn, und wird darum in Versen die »himmlische« genannt. Doch wie ein Flug vergeht sie des schönen Schmetterlings. Und der eines Kometen, der alle hundert Jahr zieht über unsern Himmel leuchtend seine Spur.
     
    IJUMI Jeder Komet ist einsam und ganz für sich allein. Ach, könnt ich durch mein Leben fliegen wie ein Komet! Mag auch der Flug nur kurz sein, doch ist er wunderschön!
     
    O-BARA Liebe? Kometen? Wirklich, das doch ist lächerlich. Schön, schwing dich in den Himmel, tauch in die Hölle ab, doch nimm von deinem Leben, was es dir geben kann. Wenn uns von selber zufällt die Frucht in vollem Saft, so sollten wir sie pressen, so einfach seh’ ich das!
     
    OKASAN
(traurig seufzend)
Die Liebe lehnt ihr beide

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