Moskauer Diva
als Möglichkeit wohl ab. Doch das kann nur das Karma entscheiden, nicht wirselbst. Ob himmlisch, irdisch oder auch höllisch unser Los – der Weg ist vorgezeichnet, die Liebe vorgestimmt.
Die drei Frauen erstarren in verschiedenen Posen. Okasan legt auf Buddha-Art die Hände aneinander und schließt die Augen, O-Bara hebt die Hand, um ihre Frisur zu richten, Ijumi sitzt mit anmutig geneigtem Kopf da.
Das Licht erlischt, der Vorhang schließt sich.
Die Bühne wird gedreht.
ZWEITER AKT
Erstes Bild
O-Baras Zimmer, bunt und reich geschmückt, vorwiegend in Gold und Rot. Wenn die Bühne vollständig sichtbar wird, sieht man zwei erstarrte Figuren. Es sind O-Bara und ein Mann in einem Umhang aus geflochtenem Reisstroh und mit einem tief über die Augen gezogenen Hut. Sie sitzen sich gegenüber, einander zugeneigt, als flüsterten sie miteinander. Im Raum herrscht schummerige Beleuchtung.
ERZÄHLER
Als die Nacht angebrochen, sitzt, wie so manches Mal,
Ein Mann bei Frau O-Bara, mit dem sie wohl vertraut.
Der Gast, der sein Gesicht jetzt unter dem Hut versteckt,
Besuchte sie weit öfter als jeder andre Mann.
Doch nicht zu Liebesspielen kam heute er zu ihr.
Sie sitzen beieinander in heimlichem Gespräch …
Er schlägt die Trommel. Das Licht im Zimmer wird heller, die Figuren bewegen sich.
O-BARA
(ungeduldig)
Nun nehmt endlich den Hut ab! Schaut in die Augen mir! Und sprecht doch bitte deutlich, ich kann Euch kaum verstehn! Habt Ihr denn nun erledigt, was Ihr mir unlängst schwort? Ich zähl auf Eure Hilfe – ich hoffe, nicht umsonst.
Der Mann legt Umhang und Hut ab. Es ist Futoya.
FUTOYA
(sich umschauend, mit leiser Stimme)
Das ist ja keine Sache, die man laut ausposaunt. Ich habe deine Bitte getreulich ausgeführt. Wann immer du das Zeichen nun gibst, ist es soweit. VomApfelbaum im Garten brich nur ein Zweiglein ab. Die schmutzigen Geschäfte hab ich für dich gemacht. Was ich dabei für Schrecken erlebt, weiß Gott allein. Das sind rauhe Gesellen, da zählt ein Mensch nicht viel. Ich ging zu diesen Mördern nur aus Liebe zu dir.
O-BARA Auch er schwatzt mir von Liebe! Wer hätte das gedacht. Mein lieber Herr Futoya, Ihr seid doch nicht so dumm. Das Geld lieben wir beide, die Stärke und die Macht. Doch Seufzer und Gefühle, das ist nicht unser Part. Dass Ihr so viel riskiert habt, hat seinen guten Grund. Auch Eure Interessen sind hierbei mit im Spiel. Wenn ich die Konkubine des Fürsten bin, dann liegt der Handel in Satsumi praktisch in Eurer Hand. Das Blut, das wir vergießen, das wisst auch Ihr sehr gut, wird fester uns verbinden als alles auf der Welt.
FUTOYA
(seufzend)
Ja, du hast recht, wir beide sind aus dem gleichen Holz. Ich gab die tausend Goldstück’ nicht ohne Eigennutz. Ich hoffe doch, sie bringen mir vielfachen Gewinn. Nur eines macht mich traurig: Dass ich dich bald verlier. Du wirst die Konkubine des Fürsten, so Gott will. Er wird ein zahmer Affe in deinen Händen sein. (O ja, das weiß ich sicher, ich kenne deine Kunst.) Aber deine Umarmung ist für mich dann tabu …
OBARA Du bist stark, klug, erfahren. Nicht weniger als ich. Du weißt, jede Umarmung, die hat auch ihren Preis.
FUTOYA Ach, sag es mir, O-Bara, wie hoch ist denn der Preis?
O-BARA Es ist genug, zu wissen: Sie haben ihren Preis. Sie lassen sich verkaufen und werden gern gekauft. Noch dümmer als Ijumi, wer das nicht einmal weiß.
FUTOYA Noch eines möcht ich wissen. Ich will Ijumis Tod, weil ich auf Vorteil hoffe, doch bin ich nicht ihr Feind. Doch wenn du von Ijumi nur sprichst, verfärbst du dich, wird dein Gesicht ganz dunkel vor lauter heißem Hass.
O-BARA
(voller Zorn)
Ich hasse ihre Haltung, die voller Hochmutist! Und ihr dummes Gespreize, das alberne Yugen! Was soll denn Schönheit nützen, die niemand ansehn darf, geschweige denn berühren? Trotzdem ist mancher Mann bezaubert von Ijumi und geht lieber zu ihr! Das kann ich nicht verstehen! Ein Rätsel ist mir das! Und was ich nicht verstehe …
FUTOYA
(fällt ihr ins Wort)
Willst du vernichtet sehn. Wie traurig für Ijumi. Der Fürst ist nicht der Grund. Er ist für deine Zwecke dir nur als Anlass recht.
O-BARA Ihr wollt Euch wohl zurückziehn? Habt Mitleid auf einmal?
FUTOYA Für Mitleid und Bedauern ist es nun viel zu spät. Denn das Gesetz der Ninja gestattet kein Zurück. Der Auftrag ist besiegelt. Sie ist so gut wie tot.
O-BARA
(verträumt lächelnd)
Dann hat es keine Eile mit dem
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