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Moskauer Diva

Moskauer Diva

Titel: Moskauer Diva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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einem offenen Sarg, und es fiel Elisa nicht schwer, sich als Roxana zu fühlen, die ihren vorzeitig verschiedenen Helden betrauerte.
    Vor der Abfahrt des Zuges hielt Stern eine großartige Rede, bei der die Frauen in der Menge schluchzten, einige sogar hysterisch.
    »Ein großer Schauspieler ist von uns gegangen, ein Mensch, der ein Rätsel war und das Geheimnis seines Todes mit sich genommen hat. Lebe wohl, Freund! Leb wohl, du mein begabtester Schüler! Ach, wie strahlend war dein Leben! Ach, wie düster war dein Tod! Du gehst vom Licht durch die Finsternis in noch heller strahlendes Licht!«
    Auch Elisa als Smaragdows Partnerin sollte Abschiedsworte sprechen, doch nach Sterns elegantem Aufritt mochte sie nicht als Dummchen dastehen, darum griff sie sich an die Kehle, als wollte sie einen bitteren Kloß daraus vertreiben. Sie schaffte es nicht, senkte den Kopf und warf wortlos eine weiße Lilie in den Sarg.
    Das war nicht übel. Was war das Gute an einem Schleier? Durch ihn hindurch konnte man die Gesichter der anderen betrachten, ohne dass es jemand merkte. Und das tat Elisa. Ach, wie man sie ansah! Mit Tränen in den Augen, hingerissen, bewundernd.
    Plötzlich entdeckte sie eine erhobene Hand im weißen Handschuh. Die Hand ballte sich zur Faust, und der Daumen wies nach unten – mit dieser Geste waren besiegte Gladiatoren zum Tode verurteilt worden. Elisa zuckte zusammen, lenkte den Blick vom Handschuh auf das Gesicht, und plötzlich war alles wie in Nebelgehüllt. Das war er, Dshingis Khan! Triumphierend, die Zähne in einem rachsüchtigen Lächeln gebleckt.
    Zum zweiten Mal in zwei Tagen verlor Elisa das Bewusstsein. Ihre Nerven waren äußerst schwach geworden.
    Auf dem Rückweg vom Bahnhof sagte Noah Nojewitsch, den Motorenlärm überschreiend, tadelnd zu ihr: »Die Szene mit der Lilie war großartig, keine Frage. Aber die Ohnmacht, das war übertrieben. Und außerdem – wer fällt denn so plump, so unelegant? Der Aufprall Ihres Kopfes auf den Asphalt war zehn Schritte weit zu hören! Seit wann sind Sie eine Anhängerin der naturalistischen Schule?«
    Sie schwieg, noch immer nicht ganz wieder zu sich gekommen. Mochte Stern doch glauben, was er wollte. Ihr Leben war sowieso zu Ende …
    Sie fuhren ins Theater, aber nicht zu einem Leichenschmaus. Das wäre banal gewesen, kleinbürgerlich. Der Regisseur hatte gesagt: »Eines Schauspielers gedenkt man am besten, indem man die Arbeit an seinem letzten Stück fortführt«, und eine außerordentliche Umbesetzungsbesprechung angesetzt. Die Truppe unterstützte seinen Vorschlag eifrig. Seit dem Vortag rätselten alle: Wer würde nun den Erast, den Werschinin, den Hamlet und den Lopachin spielen?
     
    Vor den Schauspielern schlug Noah Nojewitsch einen ganz anderen Ton an als auf dem Friedhof.
    »Als Schauspieler war er Mittelmaß, aber er ist einen schönen Tod gestorben. Man kann sagen, er hat sich auf dem Altar seines Theaters geopfert«, erklärte er voller Gefühl, um dann sofort recht sachlich fortzufahren; übrigens sah er auch nicht besonders traurig aus. »Dank Ippolit reden und schreiben alle über uns. Deshalb schlage ich einen kühnen Schritt vor. Wir verkünden einen Trauermonat. Wir werden Smaragdows Rollen im Repertoire nicht umbesetzen.Wir nehmen sozusagen im Namen des Gedenkens an einen hervorragenden Schauspieler Verluste in Kauf. Die ›Schwestern‹, ›Lisa‹ und ›Hamlet‹ werden nicht mehr gespielt.«
    »Grandios, Lehrer!«, rief Dewjatkin. »Eine edle Geste!«
    »Mit Edelmut hat das nichts zu tun. Das Publikum hat unser Repertoire schon gesehen. Ohne Smaradgow und seine hysterischen Verehrerinnen verlieren die Stücke die Hälfte ihrer Strahlkraft. Auf die erhöhten Preise zu verzichten wäre ein Fehler, und leere Plätze im Saal kann ich nicht zulassen. Von nun an, meine Freunde, konzentrieren wir uns ganz auf die Proben zum ›Kirschgarten‹. Bitte seien Sie alle um 11 Uhr zur Stelle. Ohne Verspätungen, Wassilissa Prokofjewna, sonst werde ich Strafen laut Vertrag verhängen.«
    »Alles müssen Sie in Geld umrechnen! Sie sind ein Händler im Tempel des Herrn, das sind Sie!«
    »Für den Tempel des Herrn, liebe Wassilissa Prokofjewna, kauft niemand Karten«, parierte Stern. »Und ein Diener des Herrn bekommt auch keine dreihundert Rubel im Monat, egal, wie viele Gottesdienste respektive Vorstellungen er gibt.«
    Die Reginina wandte sich hochmütig ab und ließ sich nicht zu einer Antwort herab.
    »Um das Interesse wachzuhalten und Geld in

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