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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Sammelgläser gegeben. Haben Sie das berücksichtigt?«
    »Klar. Ich habe die ganze Nacht damit zugebracht, Ihre Moskitos auf Plasmodium reading zu testen, und mich dann auf diejenigen gestürzt, die es in sich trugen. Ich habe mir überlegt, daß alles, wonach wir suchen und was den Moskito nicht direkt umbrachte, in der Mundgegend zu finden sein müßte, da erwachsene weibliche Anophelesmücken Blut saugen. Auf diese Weise beginnt die Sache im Moskito und geht über auf das Opfer oder es beginnt im Opfer und geht über in den Moskito oder, was am wahrscheinlichsten ist, es funktioniert nach der ersten Übertragung in beiden Richtungen.
    Bisher habe ich mir sechsundachtzig von Ihren Moskitos angesehen und sie in drei Gruppen eingeteilt: in jene, die völlig frei sind von jeglichem Plasmodium- Parasiten, in jene, die vom üblichen Plasmodium falciparum befallen sind, und schließlich in jene, die Plasmodium reading aufweisen. Die letzten beiden Gruppen habe ich mir vorgenommen. Ich habe nicht nur nach verstümmelten oder kaputten Plasmodien Ausschau gehalten, sondern auch nach RNA-Fragmenten, Proteinmarkern – eben nach allen üblichen Hinweisen auf eine Viruspräsenz. Als nächstes schickte ich etwas von dem Speichel durch die Zentrifuge, nur um sicherzugehen, daß Parasiten und Viren auch wirklich nach ihrer unterschiedlichen spezifischen Dichte getrennt wurden. Und genau das geschah auch. Hier ist die Übersicht.«
    Er hielt ihr eine graphische Darstellung hin, mit der Hand gezeichnet, aber sehr gut zu lesen in Joes deutlichen Druckbuchstaben.
     

     
    Melanie starrte lange auf die Tabelle.
    Hier war er.
    Hier war er! Der Beweis, daß die Malaria reading in Yamdongi nicht durch normale Moskitobekämpfungsmethoden gestoppt worden war. Und auch nicht dadurch, daß sie ihren verderblichen Lauf nahm und zu einem natürlichen Ende kam. Und auch nicht durch die humanitäre Hilfe, die die ›Ärzte ohne Grenzen‹ dem Seuchenherd angedeihen ließen. Nein, hier war der Beweis für das bewußte Einschreiten eines einzelnen oder einer Gruppe in der Form, daß ein anderer gentechnisch manipulierter Organismus eingesetzt wurde: ein Virus, das Plasmodium reading tötete, nicht jedoch das Moskito, das den Parasiten in sich trug. Und es hatte funktioniert. Irgend jemand hatte sich die biologische Bekämpfung der Malaria reading mit Hilfe der Gentechnik einfallen lassen und auf diese Weise über 93 Prozent der Erreger getötet. Darüber hinaus war diese Methode innerhalb weniger Monate nach Ausbruch der Seuche aufgetaucht – ein Zeitraum, der einfach zu kurz war, wenn man von der DNA-Ebene ausgehend anfangen wollte, einen neuen Organismus zu schaffen.
    Daher hatte derjenige, der die Krankheit geschaffen hatte, auch das Virus geschaffen, das sie heilte – und zwar von vornherein.
    Sie, Melanie, war nicht verrückt! Malaria reading war ein bewußt herbeigeführtes Experiment in Genozid! Ein Experiment, um herauszufinden, ob Schwarze nach Lust und Laune getötet werden konnten, indem man infizierte Anophelesmücken freisetzte – und ob sie gerettet werden konnten, wenn man danach das Virus freisetzte, das den Erreger tötete. Die schwarzen Opfer der Seuche hatten – ob in den Vereinigten Staaten oder im Kongo – in einem kontrollierten Experiment als Versuchskaninchen fungiert: Versuchskaninchen für die Krankheit; Versuchskaninchen für die Heilung.
    Und falls Robert Cavanaugh recht hatte, dann führte die Spur dieses monströsen Unterfangens nach Fort Detrick.
    Sie streckte die Hand aus und tappte blind nach Joe, und im nächsten Moment lag sie wie betäubt an seiner Brust. Sie schluchzte nicht, sie weinte nicht, sie regte sich nicht. Sie fühlte sich wie gelähmt von der Entsetzlichkeit, die ihr als einzig mögliche Schlußfolgerung soeben bewußt geworden war, und griff – aus ebensowenig eigenem Wollen heraus wie eine froststarre Pflanze, die sich der Sonne entgegenstreckt – nach der Wärme eines anderen Menschenwesens – irgendeines Menschenwesens.
    »Joe …«
    »Ich weiß«, sagte er und strich ihr sachte über den Rücken, »ich weiß«, obwohl er natürlich nichts wußte. Es nicht wirklich wußte. Er war nicht in Gefahr. Als Weißer.
    »Mel, hören Sie mir zu. Es gibt noch etwas, zu dem wir noch gar nicht gekommen sind. Das Virus im Kongo geht also vom Überträger auf das Opfer über oder umgekehrt, und beim nächsten Stich des Moskitos ist das Moskito kein Überträger mehr. Dafür sorgt das Virus. Das Moskito

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