Motiv Angst
mächtiges Theater veranstaltet.â
Er schaute sich suchend um, bevor er mit gesenkter Stimme fortfuhr. âVictor und seine Gang haben es wohl auf ihn abgesehen. Der soll sogar auf Victors Prügelliste stehen. Mann, in Nicos Haut möchte ich echt nicht stecken ...â
Wieder schaute er sich suchend um, so, als ob er befürchtete, dass Victor jeden Moment hinter ihm auftauchen könnte.
âNicos Eltern haben dem Böker ganz schön die Hölle heià gemacht. Wegen unterlassener Hilfeleistung und so´m Kram. Und dann musste Victor zum Rektor und dort soll es tierisch abgegangen sein ...â
Marvin beugte sich so nahe an Jan heran, dass der seinen Atem spüren konnte. Seine Stimme war nur noch ein heiÃeres Flüstern, als er sagte: âVictor soll geschworen haben Nico alle zu machen, wenn er ihn zwischen die Finger kriegt ...â
In Jans Kopf schlugen die Gedanken Purzelbäume â genau so würden seine Eltern auch reagieren. Seine Mutter würde augenblicklich einen ellenlangen Brief verfassen und dem Rektor mit einer Klage drohen. Ganz sicher. Und dann? Wäre er dann der Nächste auf Victors Prügelliste? So weit durfte er es nicht kommen lassen. Auf keinen Fall würde er seinen Eltern etwas von Victor und seiner Gang erzählen.
Jan nahm seinen ganzen Mut zusammen und hielt Marvin am Arm fest, als der davonschlurfen wollte.
âKennst du Victor eigentlich näher?â, fragt er und gab sich die gröÃte Mühe, cool zu klingen.
âAch, haste auch Ãrger mit dem?â, meinte Marvin dennoch.
âQuatsch! Wie kommst du denn darauf?â, schnauzte Jan zurück und ärgerte sich, dass seine Stimme dabei zitterte. Marvin zuckte mit den Schultern und fuhr sich mit gespreizten Fingern durch seinen kurzgeschorenen karottenroten Haarschopf. âUnd warum regst du dich dann so auf?â
Jan lief rot an und zog die Mundwinkel auseinander. Eigentlich sollte es ein Lächeln sein. Aber es war eine Grimasse. Ãrgerlich entfernte sich der dicke Marvin ein paar Schritte von Jan. Doch schlieÃlich kam er wieder zurück und blieb direkt vor Jan stehen.
âVoll der Penner, aber eigentlich auch `ne arme Sau.â
Er schüttelte angewidert den Kopf. âSein Vater säuft, hab ich gehört und seine Mutter ist irgendwie krank im Kopf oder so. Ist ständig in der Klapse ... hab ich jedenfalls gehört.â
Er hielt Jan die Hand zum Einschlagen hin.
âUnd wenn du mal Hilfe brauchst ...â, er schaute Jan einen kurzen Moment lang nachdenklich an, bevor sich auf seinem runden Gesicht ein schmieriges Grinsen breitmachte, âdann wende dich bloà nicht an mich.â
Blöd, einfach obersaublöd fand er Marvin in diesem Augenblick. Doch Jan musste unbedingt mehr über Victor erfahren und deshalb schlug er laut klatschend in die ihm hingehaltene Hand ein.
âDu bist ja gut informiertâ, versuchte er das Gespräch wieder in Gang zu bringen. Marvin grinste noch breiter.
âLogo! Bin immer auf dem Laufenden ...â
âAber ...â, weiter kam Jan nicht, denn Marvin fiel ihm einfach ins Wort.
âPass auf, Alter. Ich will keinen Ãrger ... ist das klar?â
Jan nuschelte etwas, das als Ja gedeutet werden konnte. Dem dicken Marvin genügte das. Er nickte befriedigt und meinte dann: âDer ist auch erst seit einem halben Jahr hier auf der Gesamtschule. Man munkelt, dass er schon von zwei Schulen geflogen ist. Der müsste eigentlich schon in der Achten sein und nicht in der Sechsten. Ey, der Typ ist so krass drauf, dass selbst die Pauker Schiss vor ihm haben.â
Jans Kehle brannte und sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Am liebsten hätte er sich die Ohren zugehalten â nur nicht noch mehr über den fiesen Victor hören. Doch Marvin setzte noch einen drauf.
âFalls es Victor auf dich abgesehen hatâ, er form-te seine Augen zu schmalen Schlitzen, was ihn wohl besonders gefährlich aussehen lassen sollte, âdann kannste schon mal dein eigenes Grab schaufeln. Das garantiere ich dir!â
In diesem Augenblick läutete die Schulglocke und der dicke Marvin eilte ohne ein weiteres Wort in Richtung Schulgebäude davon. Jan blieb regungslos auf dem Schulhof zurück. Die anderen Kinder strömten an ihm vorbei in ihre Klassen, doch Jans Beine waren schwer wie Blei. In seinen Ohren rauschten noch immer Marvins Worte. Er konnte an nichts anderes
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