Motte Maroni - Horrorfahrt der Dämonenbahn
Fini, die überraschend zum Mittagessen aufgetaucht ist, kann man wenigstens richtig Spaß haben.
„Na, und was hast du so vor in den Ferien?“, erkundigt sich Motte bei Vladi, der gerade seinem Karl-Heinz ein Tröpfchen Honig serviert. Vladi ist stolzer Besitzer einer Mistkäfer-Farm, und Karl-Heinz Mistkäfer, den alle nur KHM nennen, ist sein Leitbulle.
„In den Herbstferien, meinst du?“, fragt Vladi. „Da fahren der KHM und ich zur Inter-Entomologica nach Podersiedel. Das ist eine Schönheitskonkurrenz für Kerbtiere!“ Dieser Wettbewerb ist für einen Mistkäferzüchter, der auf sich hält, offenbar eine enorm wichtige Angelegenheit.
In einer eigenen Kategorie soll der Mister Mistkäfer des Jahres gekürt werden. Vladi und KHM rechnen sich Topchancen aus. Vladi hat für KHM extra eine superweiße Weste mit knallroten, glitzernden Pailletten geschneidert, die ihm umwerfend gut steht. Damit werden sie die Preisrichter blenden und betören. „Gell, KHM?“, strahlt Vladi. KHM hüpft aufgeregt auf und ab.
Motte grinst schief. Podersiedel kennt er gut. Da war er nämlich mit seinem Vater, dem Meeresbiologen, und mit seinem Freund Meier letzten Sommer. Um den seltsamen Fall eines Monsterfisches zu klären, der den Neusiedlersee heimsuchte * . Während Motte sich durchHeldenmut auszeichnete und der Meier die Sensationslust der Massenmedien geschickt für sich nutzte, konnte Mottes Vater die knifflige Angelegenheit fast aufklären. Bei dieser Gelegenheit haben beide Maronis und der Meier ihr Herz verloren. Mehr oder minder erfolgreich. Motte seufzt. Zumindest schiebt jetzt der Meier den Blues und nicht er.
„In vierzehn Tagen geht es los!“, erklärt Vladi. Zärtlich streichelt er KHM über die frisch geföhnten Fühler. Der übt auf zwei Beinchen ein Rumba-Solo für den Wettbewerb und zeigt stolz seinen prächtigen, mit Klunkern besetzten Leibriemen.
* Kaiserfleisch wird nicht von Kaisern gewonnen, sondern von Schweinen. In Österreich wird das Fleisch vom Schweinebauch so genannt, lecker und sehr fett und daher für den Autor verboten. Aber darüber schreiben wird man ja noch dürfen!!!
* Mehr darüber findet die geneigte Leserin, der interessierte Leser in dem äußerst spannenden Buch „Motte Maroni – Flossen des Grauens“.
Ein antikes Stück
Kurze Zeit später hocken alle einträchtig schmausend am Gartentisch. Sogar Onkel Schurli hat seine Nerven wieder im Griff. Das fällt ihm nicht immer ganz leicht, wenn Oma Fini zugegen ist. Sie neigt dazu, ihn wie einen kleinen Buben zu behandeln und erklärt ihm bei jeder Gelegenheit die Welt. Dass er sich die Nase putzen soll, dass lange Unterhosen warm halten und dass Kaiserfleisch ohne Kümmel für „Arsch und Friedrich“ sei.
Motte mag Oma Fini sehr. Sie ist lustig, unerschrocken, redet viel und laut, sie hört nur, was sie will, und sie betreibt seit Jahrzehnten das Geisterschloss im Prater. Das Geisterschloss hockt alt und verstaubt zwischen all den glitzernden neuen Prater-Attraktionen, stur wie Oma Fini und aus dem Wurschtelprater nicht wegzudenken. Früher hat sich Motte immer wohlig gegruselt, wenn ermit einem der quietschenden Wägelchen durchs Geisterschloss ruckeln durfte. Oder wenn der Zombie am Eingang vor ihm den Tirolerhut gelüpft hat. Heute findet Motte das Geisterschloss überhaupt fast gar nicht mehr unheimlich, aber immer noch faszinierend.
Motte liebt Oma Finis Geisterschloss-Geschichten. Besonders lustig findet er die, in denen Oma Finis Mädchen für alles vorkommt. Die alte Andergast, wie Oma Fini sie immer nennt. Für alle anderen ist sie die Frau Mariandl. Sie ist Oma Finis älteste Mitarbeiterin und erledigt alle anfallenden Arbeiten. Sie gibt die Kassierin, staubt den Lederhosenzombie ab, schiebt die Wägelchen fein säuberlich zusammen und labt hie und da den Gehilfen Wirgel, der mit dem Dynamo seines alten Fahrrads die Motoren antreibt. Im Falle eines Falles muss sie auch den Wandelnden Tod geben, aber das tut sie nur sehr ungern. Sie fürchtet sich nämlich schrecklich in der Geisterbahn! Der Fahrrad-Dynamo-Elektrizitätsantrieb ist eine Erfindung, auf die Oma Fini sehr stolz ist. So spart sie eine Menge Strom, und der Gehilfe Wirgel kann seinem Lieblingssport frönen. Vor 50 Jahren war er Radrenn-Staatsmeister. Das Ferry-Dusika-Radstadion, meckert er oft, sollte gerechterweise eigentlich Billy-Wirgel-Radstadion heißen.
Aber leider ist niemand seiner Meinung. Wenn er sichdarüber ärgert, tritt er besonders heftig
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