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Mottentanz

Mottentanz

Titel: Mottentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Weingarten
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zurückgelegt, und sie schreit.
    »Oh, Scheiße.« Ein Original von Nina Wrigley. Ich spüre, wie Sean sich gegen meinen Arm presst. Sein Herz hämmert auch.
    »Wo habt ihr das her?«
    »Wir haben sehr gute Connections«, sagt Jamie-Girl achselzuckend, als fände sie das Ganze gar nicht so bemerkenswert, erwartete aber, dass wir es tun. »Dies ist natürlich nur eine Kopie, das Original liegt in einem Schließfach. Aber wenn du mir das Foto gibst, darfst du die Kopie behalten.«
    Ich starre auf die Zeichnung und verstehe kaum, was sie da sagt, weil mein Gehirn zu viele neue Informationen verarbeiten muss. Nina war nicht einfach nur zufällig die Tätowiererin der Band. Sie kannten sie, kennen sie vielleicht immer noch. Vielleicht wissen sie sogar, wo sie ist.
    »Ich muss die Band treffen«, sage ich. Ich schaue auf. Jamie-Boy starrt mich immer noch an und leckt sich über die aufgesprungenen Lippen.
    Jamie-Girl lacht schnaubend auf. »Tja, das wird nur klappen, falls ihr es irgendwie bis morgen Abend nach Phoenix, Arizona schafft. Dort ist das letzte Konzert ihrer Amerika-Tour, danach gehen sie für zwei Monate nach Europa.«

    Sie nimmt die Zeichnung, faltet sie wieder und steckt sie zurück in Jamie-Boys Portemonnaie. Das stopft sie wieder in seine Hosentasche. »Wenn ihr zwei solche Monsties seid, wieso wisst ihr das dann nicht?« Ich will gerade erklären, dass wir eigentlich auf der Suche nach meiner Schwester sind, aber bevor ich etwas sagen kann, beginnt Sean zu reden.
    »Wir haben sie erst vor ein paar Tagen entdeckt«, sagt er. »Aber wir fühlten uns sofort eins mit der Musik und waren augenblicklich Fans. Ihr wisst sicher, wie das ist.« Sean wendet sich mir zu und zwinkert. »Dieses Konzert in Phoenix morgen Abend, wo genau ist das?«
    »In einem Underground-Club, der eigentlich keinen Namen hat«, sagt Jamie-Boy. »Aber alle nennen ihn Spuck-Palazzo, weil es in der Wüste ziemlich staubig ist und alle immer ausspucken müssen. Krass.«
    »Wart ihr schon mal dort?«
    »Na ja… nein, aber wir haben uns im Monster-Hands-Onlineforum informiert«, sagt Jamie-Girl. »Und da kann nicht jeder rein, man muss eingeladen werden. Ich wünsche euch viel Glück. Ohne gute Connections werdet ihr kaum noch an Tickets kommen.« Sie macht ein kleines Geräusch, wie ein Hüsteln. »Außerdem braucht ihr ein Auto, weil der Klub im absoluten Nirgendwo liegt.« Sie verschränkt die Arme und grinst.
    »Das haben wir«, sagt Sean. »Ein Auto, meine ich. Und wenn wir euch dorthin mitnehmen würden…«
    Jamie-Girl beugt sich nach vorne. »Hm, dann ließe sich da sicherlich eine Lösung finden…« Sie versucht, lässig zu klingen, aber unter ihrem Eyeliner fängt ihr linkes Augenlid an
zu zucken. »Wir haben nämlich genau die Connections, die man braucht, um in letzter Minute noch Karten zu kriegen. Wir wollten eigentlich hinfahren, aber dann ist das Auto meiner Knutschkugel kaputtgegangen. Aber wenn ihr uns mitnehmt und natürlich auch das Foto überlasst, dann…« Sie fängt an zu lächeln, holt tief Luft und zwingt sich, die Mundwinkel wieder zu senken. »Dann wären wir vielleicht dazu bereit, mit nach Phoenix zu fahren, euch ins Konzert und in den Backstagebereich zu bringen. Wir müssten allerdings jetzt sofort losfahren.«
    »Und irgendwo übernachten«, sagt Jamie-Boy. »Alle zusammen. « Er starrt mich immer noch an und grinst. »Seid ihr dabei?« Er streckt die Hand zum Handschlag aus. Auch seine Finger sind mit grüner Tinte bedeckt. Jamie-Girl schaut ihn an und öffnet leicht den Mund.
    »Wir sind dabei«, sagt Sean. Aber als er die Hand ausstreckt, macht Jamie-Girl einen Schritt vorwärts und quetscht sich zwischen Sean und ihren Freund. »Moment! Bevor wir uns auf irgendetwas einlassen …« – sie schaut mich an und wirkt einen Moment lang fast verlegen –, »muss ich etwas wissen. Ihr seid doch ein Paar, oder? Weil das sonst etwas …«, sie schaut ihren Freund an, »etwas unangenehm werden könnte.«
    »Nein, wir sind kein Paar«, sagt Sean langsam und schüttelt den Kopf. »Wie kommt ihr denn auf die Idee? Wir sind Bruder und Schwester.« Und ohne das geringste Zögern legt er mir die Hand in den Nacken, dreht sich zu mir um und zieht mich sanft an sich. Ich sehe sein Gesicht näher und näher kommen, seine Lippen öffnen sich leicht. Ich kann
nicht atmen. Und dann berührt sein leicht geöffneter Mund meinen. Ich schließe die Augen. Ich schwebe im Weltraum und spüre nur noch die Teile meines Körpers,

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