Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mottentanz

Mottentanz

Titel: Mottentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Weingarten
Vom Netzwerk:
Nina hat das gemacht. Der Tätowierte hat ihr den Arm um die Schultern gelegt. Ihr Mund ist zu einem Lächeln verzogen. Sie wirkt so, als sei sie ganz weit entfernt, das habe ich mir anders vorgestellt, als ich die Zeichnung auf dem Spiegel sah. Auf dem Foto ist eine krakelige Widmung, aber ich kann die Worte nicht entziffern. Ich drehe mich um. Die Rastafrau beugt sich über den Arm des Bikers. Seine Augen sind fest geschlossen. Ich greife nach dem gerahmten Foto und löse es von der Wand. Ich drehe es um und entferne die drei kleinen Metallclips, die den Karton festhalten, mit dem Fingernagel. Ich schüttele den Karton weg, schnappe mir das Foto, ziehe mein T-Shirt hoch und stopfe es mir vorne in die Jeans. Dann ziehe ich das T-Shirt wieder runter. Den leeren Rahmen lasse ich hinter einen Rollwagen aus schwarzem Metall fallen, und in diesem Augenblick kommt Petra ins Zimmer zurück, in den Armen einen Stapel schwarzer Ordner. Sie hält sie mir erwartungsvoll entgegen.
    »Ich habe meine Meinung doch wieder geändert«, sage ich zerknirscht. »Es tut mir leid, aber ich möchte heute doch kein Tattoo.«

    »Echt jetzt?«, fragt sie mit hochgezogenen Augenbrauen. Ich schüttele den Kopf. »Mist!« Sie streckt scherzhaft betrübt die Unterlippe vor.
    »Sorry«, sage ich. Und dann erinnere ich mich daran, dass ich gerade Nina bin. »Ich bin manchmal ein bisschen zu impulsiv«, sage ich achselzuckend und lächele sie strahlend an. Und weil ich Ninas Lächeln lächele, kann Petra mir nicht widerstehen. Das kann niemand. Petra erwidert mein Lächeln, dann drehe ich mich um und gehe in den Vorraum zurück.
    Sean steht nervös bei der Tür. Ich packe seinen Arm und ziehe ihn nach draußen.
    »Was ist passiert?«, fragt er.
    »Lauf einfach weiter.« Ich führe uns raus, den Hügel hinauf, und erst als wir volle drei Häuserblocks von dem Studio entfernt sind, halte ich an und wende mich Sean zu. Seine Augen sind weit geöffnet und glänzend. Er nickt bereits, als wisse er schon, was ich ihm gleich sagen werde.
    Ich ziehe das Foto unter meinem T-Shirt hervor.
    »Sie hat in dem Laden gearbeitet .« Ich reiche Sean das Foto. »Schau.«
    »Wow! Wer sind die Typen?« Sean hält sich das Foto vors Gesicht.
    »Ich weiß es nicht. Ich vermute mal, sie sind zumindest ansatzweise berühmt, weil das Foto ausgestellt war. Wahrscheinlich eine Band. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wie sie heißen.«
    Sean nickt. »Weißt du, wer unheimlich viel über Typen in Bands weiß?«

    »Mädels, die Typen in Bands ins Bett kriegen wollen?«
    »Ja«, grinst Sean. »Aber auch Typen, die in Indie-Plattenläden arbeiten, alles über Typen in Bands wissen und hoffen, sie kriegen dadurch die Mädchen ins Bett, die Typen in Bands ins Bett kriegen wollen… Jungs, die in Läden wie diesem hier arbeiten.« Er deutet schräg über die Straße zu einem Laden, dessen Fenster mit Band-Postern und Fanartikeln dekoriert sind. Auf der grün-schwarzen Markise steht BOTTOM FORTY.
    »Sollen wir?« Sean reicht mir seinen Arm. Ich hake mich unter und wir überqueren die Straße.
    Im Bottom Forty ist der sonnige Sommertag ausgeblendet, es könnte absolut jeder Tag im Jahr sein. Die Fenster sind vollständig mit Bandpostern bedeckt, deshalb scheint kaum Sonne herein. Es riecht süßlich hier drin, nach Räucherstäbchen und noch etwas anderem. Eine französisch rappende Frauenstimme schallt aus den Lautsprechern.
    Der Typ hinterm Tresen ist ungefähr so alt wie wir und trägt ein weißes T-Shirt, auf dem in schwarzem Edding ASK ME ABOUT MY DUCK steht. Sein Gesicht ist mit schmerzhaft aussehenden entzündeten Pickeln übersät, und in der Mitte seines Kinns trägt er ein Piercing, das auch wie ein Pickel aussieht.
    Sean nimmt das Foto an sich und geht zu ihm. Der Typ schaut ihn an und nickt, als habe er einen Seelenverwandten vor sich.
    »Hi, Mann«, sagt Sean. »Kannst du mir helfen? Ich will herausfinden, wer diese Band hier ist.« Er schiebt das Foto über den Tresen. Der Typ schaut es an und nickt.

    »Na klar, das ist Monster Hands.« Er schaut zu Sean auf. »Das wusstest du wirklich nicht?«
    »Ich bin nicht von hier«, erklärt Sean.
    »Na, wenn das so ist«, sagt der Typ achselzuckend und gibt Sean das Foto zurück. »Die sind echt saucool. Eine irische Band, aber sie haben hier in Denver den Durchbruch geschafft, bekamen vor ein paar Jahren einen Vertrag bei Paragon Records und touren seitdem eigentlich pausenlos. Ihr solltet sie euch ansehen. Ihr altes

Weitere Kostenlose Bücher