Mottentanz
meiner anfängt. Wir driften in eine Art Schlaf ab.
Ich liege hier jetzt, auf diesem schönen Bett in diesem schönen Hotelzimmer. Die seidene Schlafmaske ist wie ein Armreif um mein Handgelenk gewickelt. Ich trage einen Socken. Mein Kopf ist gegen das Kissen gedrückt, in meinem Gesicht hat sich ein Lächeln festgesetzt. Ich greife nach Sean. Aber das Bett ist leer, ich bin allein.
Allein.
Allein?
Ich setze mich auf. Neben dem Bett steht ein Glas Wasser, ich weiß nicht, wie es da hingekommen ist. Ich nehme es und leere es in einem Zug. Mein Kopf tut weh, als sei mein Schädel ein bisschen zu klein für mein Gehirn. Meine Lippen sind wund. Ich klettere aus dem Bett. Ich bin nackt, bis auf den Socken, und plötzlich verlegen. Deshalb ziehe ich das Leintuch vom Bett und wickle mich hinein.
»Hallo?«, rufe ich. Meine Stimme klingt komisch. »Sean?« Er ist nicht hier. Mein Körper fühlt sich zerbrechlich an, wie aus Glas. Ich laufe im Zimmer herum, das Leintuch schleift auf dem Boden. Alle Beweisstücke für gestern Nacht sind weggeräumt worden. Keine Champagnerflaschen, kein Rollwagen. Sogar die zerknüllten Servietten, mit denen wir Schneeballschlacht gespielt haben, sind wie durch Zauberei verschwunden.
Mein Handy liegt auf dem Tisch. Es blinkt. Ich habe zwei neue SMS bekommen: Hör auf, mich zu ignorieren und Ich
mache mir Sorgen um dich . Beide von Amanda. Und vier verpasste Anrufe. Alle von ihr, nichts von Sean. Und mir wird bewusst, dass ich ihn nicht mal anrufen kann, denn ich habe seine Nummer gar nicht. Witzig.
Ich gehe zu dem riesigen Bad. Die Tür steht halb offen, keine Spur von Sean.
Ich lehne mich gegen die Wand.
Mein Herz schlägt plötzlich heftig und ich kneife die Augen zusammen.
Habe ich mir gestern Nacht nur eingebildet? Oder habe ich alles in meinem Kopf so hingedreht, wie ich es haben wollte?
Ein neues Bild steigt in mir auf. Ich, betrunken umhertaumelnd. Zu viel redend, zu laut lachend. Dem armen Sean mein Herz ausschüttend, der nur etwas essen und dann pennen wollte.
Ich gehe ins Bad und betrachte mich in dem riesigen Spiegel über dem Wachbecken. Ich habe Augenringe und mein Haar steht in alle Richtungen ab, meine Wange zeigt einen Kissenabdruck und ist voller getrocknetem Sabber. Ich drehe die Dusche an und stelle sie dampfend heiß, steige hinein und lasse das Wasser über mich rinnen. In der Dusche steht ein Korb mit fünfzehn winzigen Fläschchen voller Shampoo, Conditioner und Duschgel. Ich wasche mir die Haare mit dem Basilikum-Minze-Shampoo. Putze mir heftig die Zähne. Benutze Zahnseide. Erinnere mich daran, dass es eigentlich egal ist, was gestern Nacht passiert ist. Diese Reise mache ich nicht wegen Sean. Ich war bloß betrunken und dachte, wir hätten eine besondere Verbindung. Ich habe mich getäuscht. Hier geht es um Nina, darum, sie
zu finden. Aber wenn er jetzt abgehauen ist, was soll ich dann tun?
Ich bin fertig mit Duschen, trockne mich mit einem flauschigen weißen Handtuch ab und wickle mich darin ein.
Dann öffne ich die Badezimmertür und schaue zu, wie der Dampf entweicht. Als ich ins Zimmer gehe, rieche ich etwas. Ein salziger vertrauter Geruch, und schon bevor mir klar wird, was da so riecht, beginnt mein Magen zu knurren.
»Speck, Ei und Käse?« Sean ist zurück, steht vor der Couch und hält eine braune Papiertüte mit Fettflecken in der Hand. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Plötzlich wird mir sehr bewusst, dass ich nur ein Handtuch trage.
»Wenn man einen Kater hat, braucht man Fett«, sagt er und starrt in die Tüte. »Haben wissenschaftliche Studien ergeben. « Er zieht ein in Alufolie gewickeltes Sandwich heraus. »Ich habe ganz in der Nähe ein Diner gefunden. Die Jamies schlafen noch, glaube ich.« Er wirft mir das Sandwich zu und ich greife mit meiner freien Hand ungeschickt danach. Es fällt zu Boden. Sean geht zur Couch, setzt sich hin und wickelt sein Sandwich aus. »Wir sollten uns beeilen«, sagt er. »Sobald wie möglich losfahren.« Er beißt von seinem Eiersandwich ab und starrt stur geradeaus. »Es ist schon nach Mittag und wir müssen noch ungefähr sechs Stunden fahren.«
»Ich ziehe mich nur noch schnell an«, sage ich und deute aufs Badezimmer. »Dann können wir los.«
Ohne aufzuschauen nickt Sean seinem Sandwich zu.
Ich stehe hier nur in ein Handtuch gewickelt und er starrt ein Sandwich an.
Es ist noch schlimmer, als ich befürchtet hatte.
Kapitel 23
Wir vier sitzen wieder im Auto.
»Soll ich die Lüftung
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