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Mottentanz

Mottentanz

Titel: Mottentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Weingarten
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Jamie-Girl. Sie ziehen sie an und drehen sich dann um. Monster Hands Monstrosity Tour Staff steht in Grün auf dem Rücken.
    »Na gut, sind nicht gerade professionell aussehende Shirts, aber sie reichen völlig aus«, zwinkert uns Jamie-Girl zu. »Wir machen sie selbst!«
    Jamie-Boy hievt die Tasche wieder auf seine Schultern und streichelt sie wie ein Haustier.
    »Danke fürs Mitnehmen, Leute«, sagt Jamie-Girl. Sie holt aus einer Seitentasche ein Stück Stoff, das sie entfaltet und an die Seite der Tasche pinnt. Offizielles Monster-Hands-Merch steht im selben Grün darauf. »Auch für das Hotel und so.«
    »Moment!«, sage ich. Ich höre die Panik in meiner Stimme. Die Wirklichkeit holt mich gerade ein und sie sieht nicht gut aus. »Ihr wolltet uns doch helfen, ins Konzert zu kommen! Und die Band zu treffen!«
    »Ach ja, das…« Jamie-Girl runzelt die Stirn. »Na ja, das
klappt schon. Kauft einfach ein Ticket, es gibt sicher noch welche. Die Jungs haben zwar eine Menge Fans, aber die Konzerte sind so gut wie nie ausverkauft. Da müsst ihr euch anstellen.« Sie deutet auf die Schlange. »Und was den Backstage-Bereich angeht, seid ihr auf euch allein gestellt, sorry. Wir versuchen schon seit Jahren, die Band kennenzulernen. Am nächsten sind wir den Typen gekommen, als ihr Manager uns aus einem Klub geschmissen hat, weil wir inoffizielle Fanartikel verkauft haben.« Sie grinst. »Na ja, wir müssen los. Das Zeug hier drin verscherbelt sich schließlich nicht von selbst. Oh, und macht euch keine Sorgen um uns, wir kommen schon wieder nach Hause. Wie ihr gemerkt haben dürftet, fällt uns immer etwas ein.« Jamie-Boy starrt mich zum Abschied noch einmal lüstern an, dann laufen die beiden weg und rufen: »Offizielle Monster-Hands-T-Shirts, fünfundzwanzig Dollar! Offizielle Poster des neuen Monster-Hands-Plattencovers, fünfzehn Dollar! Monster-Hands Monsterhände, zwanzig Dollar! Das offizielle Wasser der Band, fünf Dollar die Flasche.«
    Sean und ich stehen im warmen Licht des Sonnenuntergangs von Arizona und starren den beiden nach.
    »Wow«, sagt Sean. »Was ist da gerade passiert?« Aber er spricht mehr mit sich selbst als mit mir.
    Wir stehen am Ende der Schlange, hinter einem Mädchen in schwarzen Flip-Flops, Jeansmini und einem grauen T-Shirt mit so weitem Ausschnitt, dass es ihr ständig über die glatten gebräunten Schultern rutscht. Sie trägt über ihren echten Händen ein Paar große graue Gummihände, wie Handschuhe.

    »Keine Ahnung«, sage ich. »Wirklich, keine Ahnung.« Das Mädchen vor uns dreht sich um. Sie ist schön – herzförmiges Gesicht, perfekt geschwungene Augenbrauen, langes, dunkles Haar. Als sie Sean sieht, lächelt sie ein strahlendes, wunderschönes Lächeln. »Kennt ihr diese Typen?« Sie deutet mit ihren Monsterhänden auf die Jamies, die sich gerade die Schlange entlangarbeiten.
    »Nicht wirklich«, sagt Sean. »Obwohl wir gerade fast sechsunddreißig Stunden am Stück mit ihnen verbracht haben.«
    »Ach du Kacke.« Das Mädchen schaut auf mich, dann auf Sean, dann wieder auf mich. Sie versucht herauszufinden, ob ich seine Freundin bin. »Ja, die gruseligen Jamies, in der Monsty-Szene berüchtigt, weil sie schlimme Schnorrer sind und außerdem… sie kennen nur wenig Zurückhaltung, was den Austausch von Zärtlichkeiten angeht. Ist euch das in den sechsunddreißig Stunden Jamie auch aufgefallen?«
    Sean nickt. »Es gab nicht jugendfreie Jamie-Jamie-Action bis zum Abwinken.«
    Das Mädchen legt ihm eine Monsterhand auf die Schulter. »Oje, ihr Armen«, sagt sie. Aber sie schaut nur ihn an.
    Ich spüre, wie heiße Eifersucht mir den Nacken hinaufkriecht. Der warme Wind weht durch ihr seidiges Haar.
    »Woher kommt ihr zwei?«, fragt sie.
    »Das ist verdammt weit weg«, sagt Sean.
    Sie unterhalten sich, während die Schlange sich langsam vorwärtsbewegt. Sie plaudern, als wären sie alte Freunde, und ich komme mir vor, als wäre ich unsichtbar, was mir im Moment aber nichts ausmacht, weil ich mir das ehrlich
gesagt wünsche. Nach einer Viertelstunde sind wir nur noch einen Meter von der Tür entfernt. Das Mädchen vor uns zeigt ihren Ausweis und geht rein. Und da sehe ich ein großes Schild. Eintritt erst ab 21 Jahren. Kein Ausweis, kein Eintritt, keine Ausnahmen! Ich stupse Sean an, der etwas aus seiner Brieftasche nimmt und es dem Türsteher zeigt. Ein gefälschter Ausweis. Ich stehe wie gelähmt vor der Tür. »Komm schon, Nina«, sagt Sean, der die Tür bereits durchquert hat.

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