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Mottentanz

Mottentanz

Titel: Mottentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Weingarten
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schön, wie es bei Kranken manchmal sein kann.
    Er starrt mich an. Ich starre zurück.
    Dies ist meine letzte und einzige Hoffnung. Ich atme langsamer. Innerlich schreie ich, aber mein Gesicht ist ruhig. Ich schaue nur in seine Augen und versuche, Liebe auszustrahlen.
    Die Zeit schleicht dahin. Eine Minute. Zwei Minuten. Ich blinzle nicht einmal.
    Endlich stößt Sean einen tiefen Seufzer aus und sein Mund verzieht sich zu einem merkwürdig süßen Lächeln. Für einen Moment sieht er wie ein Zehnjähriger aus. »Ich liebe dich mehr, als ich sie jemals geliebt habe«, sagt Sean. »Du brauchst vor nichts Angst zu haben. Das war nur eine
Fantasie, aber dies hier…« Seine Lippen sind über den meinen, sein Atem ist heiß, seine Zähne pochen gegen mich. Ich muss alles in mir zusammenreißen, um nicht zu würgen. Er lehnt sich wieder zurück und streichelt meine Wangen mit seiner Kanone. »… ist wirklich echt.«

Kapitel 39

    Ich drehe mich im Sitz, presse mein Gesicht gegen das Glas und blicke hinaus auf den weichen blauen Himmelsbogen, der sich kilometerweit in jede Richtung erstreckt. Wir können auf dem weitgehend leeren Highway ziemlich schnell fahren und sind San Francisco schon zwei Stunden näher gekommen.
    Sean greift nach unten und nimmt seinen XXL-Eiskaffee aus dem Becherhalter. Sein dritter auf dieser Fahrt bislang. »Ich sollte schon einmal nach San Francisco, ist lange her«, sagt er. Seine Stimme ist sanft und freundlich, als würde er mir eine Gutenachtgeschichte erzählen. »Meine Mom wollte mich hinbringen, hat es dann aber nicht ganz dorthin geschafft. « Er hält mir den Strohhalm vor den Mund und bietet mir einen Schluck an, weil meine Hände mit Klebeband auf dem Rücken gefesselt sind. Ich schüttele den Kopf. »Eigentlich ist es eine ziemlich witzige Geschichte.« Er hebt den Strohhalm an seine Lippen und saugt. »Wir wohnten also im Haus meiner Familie in Big Sur. Das war noch die Zeit, in der es nur mich gab und meinen Vater und meine wirkliche Mutter. Meine Mom mochte Skifahren nicht, aber mein Dad fuhr jeden Tag Ski und ich nehme an, sie langweilte sich mit
der Zeit oder wurde einsam oder war vielleicht einfach sauer auf meinen Dad, keine Ahnung. Aber eines Nachts um drei Uhr in der Frühe weckte sie mich auf und meinte, wir würden in Urlaub fahren, nur sie und ich. Sie sagte, ich solle ins Auto steigen, weil sie bereits alles gepackt hätte und wir aufbrechen müssten, bevor der Verkehr zu stark würde. Nun ja, ich war damals fünf, also hab ich mir darüber nicht groß Gedanken gemacht, außer, dass es nach Spaß klang, also bin ich einfach im Schlafanzug mit meinem Kissen und meiner Decke ins Auto gestiegen. Nachdem wir losgefahren waren, erzählte sie mir, dass sie Freunde in San Francisco hätte und wir sie dort besuchen sollten, weil sie sie seit vierundzwanzig Jahren nicht mehr gesehen hätte und sie ihnen zeigen wollte, wie süß ich sei. Wir fuhren also eine Weile dahin, hielten irgendwo, um uns Eissandwiches zu kaufen, und fuhren dann weiter. Ich erinnere mich an nichts, was sonst noch passierte, außer dass wir irgendwann später von ungefähr fünfzehn Polizeiautos mit ihren Sirenen und Blaulichtern umzingelt waren. Hat sich herausgestellt, dass meine Mom ihren Plan niemals vor meinem Dad erwähnt hatte und dieser, nachdem er am nächsten Morgen aufgewacht war und das Haus leer vorfand, ausflippte. Sie hatte seit einigen Wochen ihre Medikamente nicht mehr genommen, weswegen sie danach wieder für einige Zeit in der Klinik landete und wiederum neun Monate danach ging sie für immer von uns. Meine Lieblingsstelle in der Geschichte ist jedoch die, in der das Dienstmädchen später die Koffer, die meine Mutter in den Kofferraum gestellt hatte, auspackte, und du wirst nie erraten, was darin war.« Er hält inne. »Rate mal.«

    »Klamotten?«, sage ich.
    »Für mich hatte sie nichts eingepackt außer dieser kleinen Winterjacke, die ich mit ungefähr zwei Jahren getragen hatte, jede Menge Actionfiguren und jede Menge Safttütchen. Und für sich selbst hatte sie lediglich…« Sean fängt an zu lachen. Er lacht so heftig, dass er anhalten und durchatmen muss. »Einen Koffer voller… bodenlanger… Abendkleider!« Tränen sammeln sich in seinen Augen, so heftig lacht er. »Diese maßgeschneiderten Designerkleider, insgesamt wahrscheinlich um die hunderttausend Dollar wert.« Er greift nach seinem Kaffee und nimmt einen weiteren Schluck, hickst und wischt sich die Tränen von den

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