Mount Dragon - Labor des Todes
zu reinigen und das fertige Hämoglobin von all dem Abfall zu trennen, der sonst noch darin herumschwirrte. Wenn uns das gelang, dann hatten wir menschliches Hämoglobin in seiner reinsten Form. Und rein mußte es auch sein, denn eine Bluttransfusion kann man nicht mit dem Schlucken einer Tablette vergleichen. Schließlich werden dem menschlichen Körper dabei literweise fremde Substanzen zugeführt. Schon die winzigste Verunreinigung der Blutkonserve kann bei diesen Mengen zu unvorhersehbaren Nebenwirkungen führen. Wir arbeiteten also an der Filtrierung der Hämoglobinlösung, als wir Wind von etwas bekamen, das sich in der Firmenzentrale in Boston abspielte. Die Marketingleute führten dort unter strengster Geheimhaltung Studien durch, wie man unser gen' technisch produziertes Blut am besten vermarkten könnte. So fanden sie zum Beispiel bei repräsentativen Umfragen heraus, daß die meisten Menschen bei einer Bluttransfusion Angst davor haben, sich mit Hepatitis, Aids und anderen Krankheiten anzustecken. Die Leute fegten offenbar großen Wert darauf, daß sie nur Blut bekamen, das vollkommen rein und hundertprozentig sicher war. Also bekam unser noch unfertiges Produkt den Namen »PurBlood« verpaßt, und sofort erging von oberster Stelle in der Firmenleitung die Anweisung, es fortan in sämtlichen Aufzeichnungen, Laborberichten, Notizen und Gesprächen nur noch bei diesem neuen Namen zu nennen. Wer die vorher geläufige Bezeichnung »Hemocyl« verwendete, mußte mit einer Abmahnung rechnen. Streng verboten waren nach dieser Untersuchung der Marketingleute. die Ausdrücke »gentechnisch hergestellt« oder »künstlich« in Zusammenhang mit PurBlood. Die Öffentlichkeit scheut vor allem zurück, was mit Hilfe der Gentechnologie produziert wird, ob es sich nun um Tomaten, Käse oder sonstwas handelt - wieviel mehr würden die Leute, dann bei der Bezeichnung »gentechnisch produziertes, künstliches Blut« in Panik geraten. Ich kann es den Menschen nicht einmal verdenken. Der Gedanke, so etwas in die eigenen Adern gepumpt zubekommen, muß für den Laien eine schlimme Vorstellung sein. Die Sonne nähert sich langsam dem Horizont, meine Liebe, und ich muß jetzt gehen. Aber morgen komme ich wieder. Ich werde Brent sagen, daß ich einen freien Tagbrauche. Das ist nicht einmal gelogen. Wenn Du nur wüßtest, was für eine schwere Last es mir von den Schultern nimmt, daß ich mich in diesem Tagebuch Dir anvertrauen kann...
13. Juni
Liebste Amiko,
jetzt komme ich zum schwierigsten Teil meiner Geschichte. Dem Teil, von dem ich bis vor kurzem nicht wußte, ob ich ihn Dir überhaupt schreiben soll. Vielleicht verbrenne ich dieses Büchlein ja auch, bevor Du es liest, wer weiß...Im Augenblick aber kann ich dieses Geheimnis nicht länger für mich behalten.
Ich machte mich also daran, das Hämoglobin von fremden Stoffen zu reinigen, und probierte dabei alles aus, was mir dazu einfiel. Ich fermentierte die Eiweißlösung, jagte sie durch eine Zentrifuge, preßte sie durch mikrofeine Keramikfilter und fraktionierte sie. Nichts von alledem führte, zum Erfolg.
Du mußt wissen, daß Hämoglobin extrem empfindlich ist. Man kann es weder erhitzen noch starken Chemikalien aussetzen, noch destillieren oder sterilisieren, ohne es dabei zu zerstören. Deshalb endeten die meisten Versuche damit, daß das Hämoglobin »denaturierte« und damit unbrauchbar wurde.
Was wir brauchten, war ein sanfter Reinigungsprozeß, bei dem die hochkomplizierte Struktur des Hämoglobinmoleküls erhalten blieb. Eines Tages schlug Brent vor, es doch einmal mit der von mir selbst erfundenen GEF-Filtrierung zu versuchen. Mir war sofort klar, daß das der Ausweg aus unserem Dilemma war, und wunderte mich, daß mir diese Möglichkeit nicht selbst eingefallen war. Vielleicht lag es daran, daß ich aus falscher Bescheidenheit meinen eigenen Filterprozeß nicht in den Vordergrund stellen wollte. Die GEF-Methode, die ich in Manchester entwickelt habe, beruht auf einer modifizierten Gel-Elektrophorese, bei der mit einer genau fest' gelegten elektrischen Spannung Moleküle eines ganz bestimmten Molekulargewichts durch einen Satz Gelfilter transportiert werden. Es dauerte ziemlich lange, bis ich eine Versuchsanordnung zur Filterung der Hämoglobinlösung aufgebaut hatte, und Brent wurde immer ungeduldiger. Schließlich gelang es mir, mit meinem Gelprozeß drei Liter der Hämoglobinlösung zu reinigen.
Der GEF-Prozeß funktionierte besser, als ich es mir selbst
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