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Mount Dragon - Labor des Todes

Titel: Mount Dragon - Labor des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston , Lincoln Child
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dann, wenn er mich nicht zur Arbeit antreibt, glaube ich sein stirnrunzelndes Gesicht vor mir zu sehen, wenn die Ergebnisse meiner Arbeit mal wieder nicht so sind, wie er sie gerne hätte. Und im Labor meine ich seine Stimme zu hören, die mir ins Ohr flüstert: Noch fünf Minuten. Nur noch eine kleine Testserie. Brent ist höchstwahrscheinlich der komplexeste Mensch, den ich kenne. Er ist genial, albern, unreif, kühl und rücksichtslos zugleich. Zudem verfügt er über einen schier unerschöpflichen Schatz von Zitaten und Aphorismen, die er zu jeder Gelegenheit mit großem Vergnügen an den Mann bringt. Er ist ein Mensch, der im Handumdrehen Millionen verschenkt, aber wegen hundert Dollar einen Riesenstreit vom Zaun bricht. Zu der einen Person ist er geradezu er stickend für sorglich, die nächste treibt er kalt lächelnd in den Ruin. Er ist ein begeisterter Musiker und besitzt Beethovens letztes und bestes Piano, an dem der Komponist angeblich seine letzten drei Sonaten geschrieben hat. Das Instrument muß Scopes ein Vermögen gekostet haben.
    Meine erste Unterredung mit ihm werde ich nie vergessen. Sie fand statt, als ich noch bei GeneDyne in Manchester arbeitete und eben einen Durchbruch mit meinem Filtriersystem GEF geschafft hatte. Nach den ersten erfolgreichen Testergebnissen waren alle im Team ganz aufgeregt. Mit der Filtermethode waren wir in der Lage, die Produktionszeit um die Hälfte zu verkürzen, was die Leute im Transfektionslabor so sehr freute, daß sie mich am liebsten zum Präsidenten gemacht hätten.
    In diese allgemeine Hochstimmung platzte der Anruf von Brent Scopes. Zuerst dachte ich, er wölk mir gratulieren oder einen finanziellen Bonus ankündigen. Aber statt dessen bat er mich, mit dem nächsten Flugzeug zu ihm nach Boston zu kommen. Ich solle alles liegen' und stehenlassen, sagte er, und die Leitung eines schwierigen GeneDyne Projekts übernehmen. Er erlaubte mir nicht einmal, die Testserie für mein Filtersystem zu beenden - das mußte ich meinen Mitarbeitern in Manchester überlassen.
    Du erinnerst Dich doch noch an meine Reise nach Boston. Ich bin Dir nach meiner Rückkehr sicher ziemlich merkwürdig vorgekommen und habe Dir auf Deine Fragen ausweichende Antworten gegeben. Das tut mir heute noch leid. Brent hat eine fast unwiderstehliche Art, einen in seinen Bann zu ziehen und für seine Projekte zu begeistern. Ich durfte Dir damals nicht erzählen, worum es sich bei der Aufgabe handelte, mit der er mich betraute. Jetzt aber kann ich es Dir wohl mitteilen, denn es wird in ein paar Monaten ohnehin in allen Zeitungen stehen.
    Es ging- einfach ausgedrückt - um die Synthese von künstlichem Blut mit Hilfe der Gentechnologie. Die grundlegenden Forschungen war ein, wie Brent mir mitteilte, zum Großteil schon abgeschlossen. Er meinte, es müsse nur noch jemand mit meinem Wissen und meinem Können Hand anlegen, um das Projekt zu einem erfolgreichen Ab' Schluß zu bringen. Durch meine Arbeit am GEF Filterprozeß war ich derjenige, der ihm dafür am besten qualifiziert erschien. Die Idee mit dem künstlichen Blut war genial, das muß ich. zugeben. Wenn uns die Herstellung gelang, würde es in den Krankenhäusern keine Blutknappheit mehr geben, niemand müßte mehr Angst vor einer Infektion durch verseuchte Blutkonserven haben, und Menschen mit ausgefallenen Blutgruppen würden nicht mehr sterben müssen, nur weil für sie nicht genügend passendes Blut vorhanden war. GeneDynes künstliches Blut wäre frei von jeglichen Krankheitserregern, würde für sämtliche Blutgruppen passen und wäre in beliebigen Quantitäten verfügbar.
    Und so verließ ich Manchester - und Dich, unser Haus und alles, was mir lieb und wert ist - und kam hierher an diesen gottverlassenen Ort. Um einen Traum von Brent Scopes zu verwirklichen und, mit etwas Glück, der Welt einen großen Dienst zu erweisen. Der Traum existiert immer noch, aber der Preis, den erfordert, ist extrem hoch.

    12. Juni
    Liebste Amiko,
    ich bin zurückgekommen, um die Geschichte weiter zuschreiben, die ich mit meinem letzten Eintrag in dieses He/t begonnen habe. Viel' leicht war das der wahre Grund dafür, daß ich das Tagebuch überhaupt angefangen habe. Als ich das letzte Mal dieses alte Kiva verließ, verspürte ich ein enormes Gefühl der Erleichterung, als wäre mir eine große Last von der Seele genommen worden. Deshalb werde ich mit diesen Aufzeichnungen fortfahren, und zwar zu meinem eigenen Besten, wenn nicht gar im Dienste der

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