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Mount Dragon - Labor des Todes

Titel: Mount Dragon - Labor des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston , Lincoln Child
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Abflug nach Albuquerque meine Sachen packte, steckte ich aus einem Impuls heraus dieses alte Notizbuch in meine Jackettasche. Ich hatte immer vorgehabt, darin meine Vogelbeobachtungen auf zuschreiben, aber jetzt glaube ich, einen besseren Verwendungszweck dafür gefunden zu haben.
    Ich vermisse Dich so sehr, obwohl die Leute hier zum Großteil recht freundlich sind. Manche von ihnen, zum Beispiel John Singer, den Direktor der Anlage, glaube ich sogar zu meinen Freunden zählen zu können. Trotzdem kommt hier die Arbeit vor der Freundschaft, denn wir haben alle ein gemeinsames Ziel. Zudem lastet ein gewaltiger Erfolgsdruck auf uns, und in solchen Situationen tendiere ich eher dazu, mich auf mich selbst zurückzuziehen. Daraus resultiert eine Einsamkeit, die von der endlosen Trostlosigkeit dieser schrecklichen Wüste ringsum nur noch verstärkt wird. Es kommt mir manchmal so vor, als wären wir hier noch hinter dem Ende der Welt. Stifte und Papier sind hier streng verboten, denn Brent will in alles, was wir tun, Einblick nehmen können. Manchmal glaube ich, er würde am liebsten jeden unserer Gedanken erfahren. Ich betrachte dieses Büchlein hier als eine Art Verbindung zu Dir, über die ich Dir Dinge mitteilen kann, die nur für Dich bestimmt sind und nicht für die Festplatte der GeneDyne Computer. Brent ist in vielen Dingen wie ein kleiner Junge mit sehr pubertären Vorstellungen. Eine davon ist die, daß er das Denken anderer Menschen kontrollieren kann. Ich hoffe, Du sorgst Dich nicht zu sehr um mich, wenn ich Dir diese Dinge anvertraue. Aber ich habe ja ganz vergessen, daß Du das erst lesen wirst, wenn ich schon längst wieder bei Dir bin. Dann werden meine augenblicklichen Nöte der Vergangenheit angehören, und viel' leicht lache ich bereits über die kleinen Sorgen, die mir hier und jetzt so groß vorkommen. Möglicherweise bin ich dann ja auch stolz auf das, was ich hier erreicht habe.
    Es ist ein ziemlich langer Fußmarsch hinaus zu diesem Kiva, aber Du weißt ja, was für ein lausiger Reiter ich bin. Trotzdem tut es mir gut, hier etwas Zeit mit Dir zu verbringen. Außerdem ist mein Tagebuch hier unter dem Sand sicher aufgehoben, denn normalerweise verläßt niemand das Laborgelände, außer Nye, dem Sicherheitschef, der hier in der Wüste irgendwelche seltsamen Dinge tut. Ich werde bald wieder hierherkommen und weiterschreiben.

    25. Mai
    Meine geliebte Frau,
    heute ist es schrecklich heiß. Ich vergesse immer wieder, wieviel Wasser man hier in dieser grauenhaften Wüste braucht. Nächstes Mal nehme ich mir noch eine zweite Feldflasche mit. Angesichts dieser wasserlosen Landschaft ist es kein Wunder, daß der Kult der Anasazi-Indianer auf die Kontrolle der Natur ausgerichtet war. Hier, im Kiva, beteten die Priester zum Großen Donnervogel um Regen.
    Oh, männliche Gottheit!
    Komm zu uns auf Wolkenmokassins,
    Wirf deine vielfach gezackten Blitze
    Vom hohen Himmel herab auf uns,
    Laß gurgelnd dein dunkles Wasser schäumen
    Über Wurzeln und dürstenden Mais.
    Kommt, ihr glücklich geschwollenen Wolken,
    Kommt, ihr glücklich dunklen Nebel,
    Kommt und bringt den zartblauen Mais,
    Der in eurem Gefolge die Welt überzieht.
    So etwa dürften ihre Gebete geklungen haben. Der Durst nach Wissen und Macht ist ebenso uralt wie der Hunger danach, die Geheimnisse der Natur zu ergründen und dadurch den Regen auf die Erde zu lenken.
    Aber der Regen kam nicht, ebensowenig wie er heute kommt. Was würden diese Indianer wohl denken, wenn sie uns in unserem künstlichen Fuchsbau unter der Erde sehen könnten? Wenn sie wüßten, daß wir daran arbeiten, die Natur nicht nur zu kontrollieren, sondern nach unserem Willen neu zu erschaffen? Für heute kann ich nicht mehr schreiben, denn das Problem, mit dessen Lösung man mich beauftragt hat, verschlingt fast meine gesamte Zeit und Energie. Selbst hier draußen fällt es mir schwer, nicht daran zu denken. Aber ich werde bald wiederkommen, meine Liebe.

    4. Juni
    Liebste Amiko,
    bitte vergib mir meine lange Abwesenheit von diesem Ort hier, aber im Labor war geradezu mörderisch viel zu tun. Wenn die Räume nicht regelmäßig dekontaminiert werden müßten, würde Brent uns wohl rund um die Uhr arbeiten lassen.
    Apropos Brent. Wieviel habe ich Dir bisher von ihm erzählt? Es ist wirklich merkwürdig. Ich hätte nie gedacht, daß ich für einen Menschen so tiefen Respekt und gleichzeitig so viel Abneigung empfinden könnte. Manchmal glaube ich sogar, daß ich ihn hasse. Selbst

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