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Mount Dragon - Labor des Todes

Titel: Mount Dragon - Labor des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston , Lincoln Child
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in den letzten fünf Jahrzehnten haben wir gelernt, wie wir uns nachhaltigen Schaden zufügen können. Zuerst haben wir die Nuklearwaffen entwickelt, und nun wagen wir uns daran - und das erachte ich für weitaus gefährlicher -, durch Eingriffe ins Erbgut die Natur neu zu erschaffen.«
    Levine schüttelte den Kopf. »Es ist eine Binsenweisheit, daß die Natur keine Gnade kennt. Das Virus, das bei dem Unfall von Nowo Druschina freigesetzt wurde, hätte die gesamte Menschheit ausgerottet, wenn es dazu Gelegenheit gehabt hätte. Trotz dieser Gefahr experimentieren heute Firmen auf der ganzen Welt mit dem Erbgut von Viren und Bakterien und setzen es Pflanzen oder Tieren ein, ohne über die letztendlichen Konsequenzen ihres Tuns auch nur ansatzweise nachzudenken. Natürlich haben die technisch hervorragend ausgestatteten Forschungslaboratorien in Europa und Amerika einen Sicherheitsstandard, der mit dem der damaligen sowjetischen Einrichtungen nicht zu vergleichen ist. Aber sollte uns das beruhigen? Im Gegenteil!
    Die Wissenschaftler in Nowo Druschina haben einfache Manipulationen an einem einfachen Virus vorgenommen und damit, ohne es zu wollen, eine Katastrophe verursacht. Heute aber werden nicht einmal einen Steinwurf von diesem Hörsaal entfernt sehr viel umfassendere Experimente an unendlich gefährlicheren Viren durchgeführt.
    Der Virologe Edwin Kilbourne hat sich einmal Gedanken darüber gemacht, wie das bösartigste nur denkbare Virus beschaffen sein müßte. Es müßte so stabil sein wie das Kinderlähmungsvirus, so wandelbar wie das Grippevirus, so latent wie das Herpesvirus und eine so große Anzahl von Organismen befallen können wie das Tollwutvirus.
    Diese Idee, die zu Kilbournes Zeit noch reine Utopie war, ist heute dabei, tödliche Wirklichkeit zu werden. Solch ein Supervirus könnte durchaus zur Stunde in einem gentechnischen Labor irgendwo auf der Welt entwickelt werden und wird vielleicht sogar bereits entwickelt. Ein Virus dieser Art würde bei weitem mehr Menschen töten als ein weltweiter atomarer Schlagabtausch. Ein Atomkrieg nämlich beendet sich irgendwann einmal von selbst, sollte aber jemals ein gentechnisch erzeugtes Killervirus auf die Menschheit losgelassen werden, so würde sich jede damit infizierte Person in eine wandelnde Zeitbombe verwandeln. Bei dem regen Reiseverkehr, der heutzutage zwischen allen Kontinenten stattfindet, würde sich das Virus in kurzer Zeit über die ganze Welt verbreiten.« Levine trat hinter dem Pult hervor und stellte sich vor seine Zuhörer. »Regime kommen und gehen, und politische Grenzen verschieben sich. Imperien blühen auf und verschwinden wieder. Aber diese Gefahren werden uns, wenn sie erst einmal losgelassen sind, bis in alle Ewigkeit bedrohen. Deshalb frage ich Sie: Sollen wir wirklich zulassen, daß in unseren Labors weiterhin unbeaufsichtigt und unreglementiert am Erbgut herummanipuliert werden darf? Dos ist die eigentliche Frage hinter der Katastrophe von Stamm 232.«
    Er nickte, und das Licht ging wieder an. »In der nächsten Ausgabe von Genetic Policy werde ich einen vollständigen Bericht über den Vorfall von Nowo Druschina veröffentlichen«, sagte er und ging zum Pult, um seine Unterlagen einzupacken. »Dort können Sie alles dann schwarz auf weiß nachlesen.« Als ob ein Alpdruck von ihnen genommen wäre, standen nun auch die Studenten auf, packten ihre Sachen ein und strebten dem Ausgang zu. Die Reporter in der letzten Reihe hatten den Saal bereits verlassen. Sie hatten es eilig, mit Levines Geschichte in die Redaktionen zu kommen.
    Von einer der oberen Reihen bahnte sich ein junger Mann seinen Weg durch die Studenten und trat langsam auf das Pult zu.
    Levine blickte irritiert auf und sah sich verstohlen nach allen Seiten um. »Hat man Ihnen denn nicht gesagt, daß Sie mich nicht in der Öffentlichkeit ansprechen sollen?« fragte er.
    Der junge Mann packte Levine am Ellenbogen und flüsterte ihm aufgeregt etwas ins Ohr.
    Levine hörte damit auf, seine Papiere in die Aktentasche zu packen. »Carson?« fragte er. »Doch nicht der blitzgescheite Cowboy, der immer meine Vorlesungen unterbrach, um mit mir zu diskutieren?«
    Der junge Mann nickte.
    Dr. Levine schwieg eine Weile, dann ließ er das Schloß seiner Aktentasche zuschnappen.
    »Sieh mal einer an«, sagte er.

    Carson schaute vom Autohof hinüber zu den weißen Gebäuden mit ihren kühn geschwungenen Flächen und Kuppeln, die wie seltsame Pike aus dem Wüstensand hervorgewachsen zu sein

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