Mount Dragon - Labor des Todes
die Unterschriften von zwei Leuten: von Mr. Scopes und mir. Und ich werde einer Verlängerung auf keinen Fall zustimmen. Davon werde ich mich weder durch Drohungen noch durch Bestechungsversuche abbringen lassen. Bald wird das Patent der ganzen Welt gehören, und die satten Lizenzgebühren, die GeneDyne alljährlich einstreicht, werden der Vergangenheit angehören. Mr. Scopes weiß das, aber ich bin mir nicht sicher, ob es sich in der Finanzwelt schon herumgesprochen hat. Vielleicht ist es an der Zeit, daß sich die Aktienexperten einmal eingehend mit GeneDyne befassen. Sie sehen also, warum ich nicht glaube, daß mein jüngster Artikel in der Genetic Policy der wahre Grund für diese Klage ist. Sie ist vielmehr Brents Versuch, mich dazu zu zwingen, den Antrag auf Verlängerung des Patents zu unterschreiben.« Nach einer kurzen Stille redeten alle auf einmal los. »Aber Dr. Levine!« übertönte eine Stimme alle anderen. »Sie haben sich noch gar nicht zu der Klage selbst geäußert.« Levine schwieg einen Augenblick, dann öffnete er den Mund und lachte. Es war ein lautes, schallendes Lachen, das in der ganzen Lobby zu hören war. Schließlich schüttelte er ungläubig den Kopf, kramte ein Taschentuch hervor und schneuzte sich geräuschvoll.
»Ihre Antwort, Herr Professor!« drängte der Reporter. »Die habe ich Ihnen eben gegeben«, antwortete Levine und steckte sein Taschentuch wieder ein. »Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich würde jetzt gerne meine Auszeichnung in Empfang nehmen.« Er winkte den Journalisten zum Abschied zu, nahm Toni Wheeler am Arm und ging quer durch die Lobby auf die offenen Türen des Festsaals zu.
Carson stand vor einer Sicherheitswerkbank im Labor C. Das Licht in dem mit allen möglichen Geräten vollgestellten Labor war so hell, daß ihm fast die Augen weh taten. In den vergangenen Tagen hatte Carson die größeren und kleineren Nachteile des Arbeitens mit Hochsicherheitsausrüstung kennengelernt: vom Schutzanzug, der an manchen Stellen die Haut wundscheuerte, bis zu den hartnäckigen Muskelverspannungen, die einerseits von der Unmöglichkeit, sich bequem hinzusetzen, andererseits von der stundenlangen, hochkonzentrierten Arbeit herrührten.
Am schlimmsten aber fand Carson, der sich seit seiner Jugend in der weiten, freien Wüste ohnehin nicht gerne in geschlossenen Räumen aufhielt, das Gefühl von Platzangst, das ihn im Fiebertank in immer stärkerem Maße befiel. Bei der Arbeit hier unten kamen ihm immer wieder Erinnerungen daran, wie er als Junge zum erstenmal im Krankenhaus von Sacramento mit dem Aufzug gefahren war, und an die drei fürchterlichen Stunden, die er einmal in einer mitten im Tunnel steckengebliebenen U-Bahn in New York hatte verbringen müssen. Die regelmäßig durchgeführten Notfallübungen im Fiebertank riefen Carson zudem immer wieder ins Gedächtnis zurück, welche potentiellen Gefahren hier auf ihn lauerten. Und dann gab es da auch noch das Gerede vom gefürchteten »Superunfall«, bei dem das gesamte Labor und alle, die in ihm arbeiteten, verseucht wurden. Gott sei Dank würde es Carson nicht mehr allzu lange im Fiebertank aushaken müssen, denn sein Gen-Splicing hatte geklappt. Und das 98 denn sein Gen-Splicing hatte geklappt. Und das war, obwohl er es am MIT schon oft gemacht hatte, beileibe keine Selbstverständlichkeit gewesen. Schließlich ging es hier nicht um irgendein Experiment für seine Dissertation, sondern um ein Projekt, das unzählige Menschenleben retten und ihm und seinen Kollegen möglicherweise einen Nobelpreis einbringen konnte.
Es war einfach gewesen. Viel einfacher, als er geglaubt hatte. Vielleicht auch deshalb, weil ihm hier Apparate zur Verfugung standen, die auch in den modernsten Labors am MIT nicht vorhanden gewesen waren.
Carson murmelte de Vaca ein paar Worte zu, worauf sie ein einzelnes Reagenzglas in die Sicherheitswerkbank stellte. Am Boden des Glases war das kristallisierte X-FLU-Virus zu sehen, das aussah wie ein weißer Belag. Trotz der umfassenden Sicherheitsmaßnahmen, die ihn allenthalben umgaben, konnte Carson sich noch immer nur mit Mühe vorstellen, daß dieser unscheinbare, dünne Film eine grauenvoll tödliche Substanz war. Carson griff durch die mit Gummimanschetten versehenen Armlöcher und gab mit einer Spritze ein Lösungsmittel für Viren in das Reagenzglas. Als er es vorsichtig schwenkte, löste sich der kristalline Belag langsam auf und bildete eine trübe Flüssigkeit, in der jetzt lebende Viren
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