Mount Dragon - Labor des Todes
undeutlicher Stimme. Ihr Körper zitterte immer mehr. »Das ist wirklich merkwürdig. In meinem Kopf kriecht irgendwas herum. Ich glaube, es sind Würmer.« Darin verstummte sie, aber das Zittern wurde noch stärker. Czerny kroch nach hinten an die Wand. »Helft mir!« brüllte er in die Sprechanlage. »Schickt verdammt noch mal jemanden hier rein!«
Dann gingen zwei in der Decke eingelassene Lampen an und tauchten den Raum in ein schwaches, rötliches Licht. Auf einmal schrie BrandonSmith: »Wo sind Sie? Ich kann Sie nicht mehr sehen! Bitte, lassen Sie mich nicht allein!« Czerny hörte über die Sprechanlage ein eigentümliches, nasses Geräusch, das im nächsten Augenblick vom Brummen eines Kurzschlusses abgelöst wurde. Erschrocken blickte Czerny auf und sah, wie faltige, graue Gehirnmasse innen am Visier von BrandonSmith' Helm klebte. Dennoch blieb BrandonSmith noch eine ganze Weile zuckend auf den Beinen, bis sie wie in Zeitlupe vornübersank und schwer auf Czernys Bett plumpste.
TEIL ZWEI
Der Pferdestall, ein bescheidenes Wellblechgebäude mit sechs Boxen, befand sich direkt am äußeren Zaun. Als Carson den Stall betrat, sah er, daß in vier der Boxen Pferde standen. Es war eine Stunde vor Sonnenaufgang, und die Venus leuchtete hell am östlichen Horizont. Carson betrachtete die Pferde, die mit hängenden Köpfen vor sich hindösten. Als er leise pfiff, hoben sie die Köpfe und stellten die Ohren auf.
»Welche von euch häßlichen alten Schindmähren hätte denn Lust auf einen kleinen Ausritt?« flüsterte Carson. Eines der Pferde wieherte leise.
Er besah sich die Tiere der Reihe nach. Sie waren ein bunt gemischter Haufen, den man offensichtlich auf verschiedenen Ranches zusammengekauft hatte: ein leicht gänsebrüstiger Appaloosa, zwei alte Quarterhorses und ein Pferd, dessen Rasse Carson nicht genau kannte. Muerto, Nyes prächtiger, gefleckter Wallach, den Carson bei einem früheren Besuch im Stall gesehen hatte, war nicht da. Offenbar hatte sich der Engländer schon in aller Frühe zu einem seiner mysteriösen Wüstenritte aufgemacht. Dem geht das Ganze hier wohl auch auf die Nerven, dachte Carson. Trotzdem kam es ihm seltsam vor, daß sich der Sicherheitschef zu dieser Stunde aus dem Gelände entfernte. Carson selbst hatte wenigstens eine Entschuldigung dafür, daß er nicht arbeitete, denn der Sicherheitsbereich war immer noch geschlossen und würde es noch mindestens einen weiteren Tag lang bleiben, bis ein Inspektor von der Gesundheitsbehörde kam, um BrandonSmith' Tod zu untersuchen.
Selbst wenn der Fiebertank geöffnet gewesen wäre, wäre Carson an diesem Tag nicht in der Lage gewesen zu arbeiten. Er verzog in der vom Pferdegeruch gesättigten Dunkelheit des Stalles das Gesicht. Gerade als er zu dem Entschluß gekommen war, daß er für BrandonSmith' Unfall nicht verantwortlich war, war die Wissenschaftlerin an X-FLU gestorben. Czerny, der zwar nicht mit X-FLU infiziert, aber mit den Nerven vollkommen am Ende war, hatte man mit einem Krankenwagen weggebracht. Danach wurde der ganze Fiebertank gründlich dekontaminiert und dann versiegelt. Bis der Inspektor kam, konnte nicht gearbeitet werden, und Carson hielt das Herumsitzen in der bedrückten Atmosphäre des Wohnbereichs nicht mehr aus. Er mußte einen freien Kopf bekommen, um in Ruhe über das X-FLU-Problem nachdenken und herausfinden zu können, was wirklich schiefgelaufen war. Noch viel wichtiger aber war, daß er sein inneres Gleichgewicht wiedererlangen mußte. Und dazu war nichts besser geeignet als ein langer, einsamer Ritt durch die Wüste. Carson sah sich das Pferd, dessen Rasse er nicht kannte, näher an. Es war ein brauner Wallach mit einem im Verhältnis zu seinem Körper viel zu großen Kopf, der jung und stark aussah. Unter seiner struppigen Mähne blickte er Carson mit wachen Augen an.
Carson trat in den Stall und ließ seine Hand über die Flanke des Pferdes gleiten. Das Fell war dicht und drahtig, und das Fleisch darunter fühlte sich fest an. Das Pferd zuckte nicht zusammen, als er es berührte, es drehte lediglich den Kopf und roch an Carsons Schulter. Das Tier hatte einen ruhigen, aber aufmerksamen Ausdruck in den Augen, der Carson auf Anhieb gefiel. Er beugte sich hinunter und hob einen Vorderlauf des Pferdes hoch. Der Huf war in gutem Zustand, auch wenn das Hufeisen offensichtlich von einem Stümper angebracht worden war. Als Carson den Huf mit einem kleinen Messer reinigte, ließ das Pferd es geduldig über sich
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