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Mount Dragon - Labor des Todes

Titel: Mount Dragon - Labor des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston , Lincoln Child
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Hain von Yuccapalmen, die aussahen wie eine Ansammlung von Menschen, die allesamt die Köpfe hängen ließen. Bei ihrem Anblick erinnerte er sich an eine Geschichte, die seit Generationen in seiner Familie erzählt wurde: Sein Vorfahr Kit Carson hatte einmal mitten in der Wüste seinem Treck befohlen, eine Wagenburg zu bilden, und fünfzehn Minuten lang auf eine Horde feindlicher Indianer feuern lassen, bis er merkte, daß es sich bei den vermeintlichen Angreifern in Wirklichkeit um einen solchen Yuccapalmenhain gehandelt hatte. Um die Mittagszeit schätzte Carson, daß er etwa fünfundzwanzig Kilometer von Mount Dragon entfernt war. Das einzige, was er davon noch sah, war der Berg selber, der wie ein schwarzes Dreieck am nördlichen Horizont stand. Die Laborgebäude waren schon seit geraumer Zeit aus Carsons Blickkreis verschwunden. Im Westen war dafür eine Kette niedriger Hügel aufgetaucht, und Carson hatte sein Pferd in ihre Richtung gelenkt. Bald kam er an den Rand eines Lavafeldes, auf dessen scharfkantigem schwarzem Gestein viele blühende Ocatillas wuchsen. Er hatte einen Ausläufer der ausgedehnten, El Malpais genannten Lavaformation erreicht, die sich vielverzweigt über Hunderte von Quadratkilometern erstreckte. Die Hügel im Westen waren nun schon so nahe, daß Carson in ihnen eine Reihe von erloschenen Vulkankegeln erkannte, die ganz ähnlich aussahen wie der Mount Dragon. Carson ritt am Rand der Lava entlang, der sich in unregelmäßigen Biegungen durch die Wüste wand und ein komplexes, von vielen Höhlen durchzogenes Labyrinth aus Buchten, Inseln und Plateaus bildete.
    In der Ferne, über der Hügelkette, braute sich mit beängstigender Geschwindigkeit ein Sommergewitter zusammen. Ein mächtiger, dunkler Wolkenberg, der oben abgeflacht wie ein Amboß war, stieg hoch hinauf in den blauen Himmel. Carson spürte, wie ein kühler Wind aufkam und ihm einen leichten Geruch nach Ozon in die Nase wehte. Bald verdeckten die Wolken die Sonne, und eine seltsame Stille wie in einer Kathedrale legte sich über die Landschaft. Ein paar Minuten später sah Carson, wie aus den Wolken in ein paar Kilometern Entfernung ein Regenschauer niederging, der aussah wie eine Wand aus blau angelaufenem Stahl. Carson trieb Roscoe zu einem leichten Trab an und suchte den Rand des Lavafeldes nach einer Höhle ab, in der er das nahende Gewitter überstehen konnte. Die Regenwand kam immer näher, und der böige Wind blies den Sand vom Boden in die Luft. Aus den Wolken zuckten jetzt Blitze zur Erde, und Donnerschläge rollten über die Wüste wie das Geräusch einer fernen Schlacht. Eine Art tiefes Stöhnen erfüllte die Luft, und der Geruch nach nassem Sand und Elektrizität wurde stärker.
    Als Carson eine Spitze des Lavastroms umrundet hatte, sah er zwischen den zu grotesken Strängen verdrehten Basaltströmen eine vielversprechend aussehende Höhle. Er stieg vom Pferd, band Roscoe mit dem Zügel an einen Felsen und nahm ihm die Satteltaschen ab. Dann kletterte er über die Lava zum Eingang der Höhle.
    Es war ein dunkler, kühler Schlund mit einem weichen Boden aus hereingewehtem Sand. Kaum hatte Carson sie betreten, da fielen draußen auch schon klatschend die ersten, schweren Regentropfen. Carson sah, wie sich Roscoe an seinem langen Zügel so drehte, bis sein Hinterteil dem Wind zugewandt war. Der Sattel würde jetzt naß werden, aber das war egal. Wenn es ein besserer Sattel gewesen wäre, hätte ihn Carson mit in die Höhle genommen, aber ein solcher Sattel verdiente keine besondere Pflege. Wenn er wieder zurück war, würde er das Leder einölen, mehr nicht.
    Auf einmal verschwand die Wüste rings um Carson im strömenden Regen. Die Berge waren nicht mehr zu sehen, und aus der schwarzen Lava ringsum wurde eine undeutliche, graue Masse. Carson lag in der halbdunklen Höhle auf dem Rücken und dachte über das nach, was in Mount Dragon in den vergangenen paar Tagen geschehen war. Nicht einmal hier konnte er dem Labor entkommen, das immer noch etwas Unwirkliches für ihn hatte, auch wenn der Tod von BrandonSmith rauhe Wirklichkeit gewesen war. Wieder quälte er sich mit Selbstvorwürfen. Wenn sein Gen-Splicing funktioniert hätte, wäre BrandonSmith jetzt noch am Leben. In gewisser Hinsicht hatte sein übergroßes Vertrauen in seine Methode ihren Tod mitverschuldet. Obwohl ein Teil von ihm wußte, wie irrational diese Ge danken waren, konnte er sich nicht gegen sie wehren. Dabei wußte Carson genau, daß er sein Bestes

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