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Mount Dragon - Labor des Todes

Titel: Mount Dragon - Labor des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston , Lincoln Child
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ergehen. Carson säuberte noch den zweiten Vorderhuf, dann richtete er sich auf und tätschelte es am Hals. »Du bist ein braves Pferd«, sagte er, »aber häßlich bist du auch.«
    Das Pferd wieherte, als hätte es ihn verstanden. Carson legte ihm ein Zaumzeug über den Kopf und führte es nach draußen auf den Sattelplatz. Es war jetzt schon zwei Jahre her, seit er das letzte Mal auf dem Rücken eines Pferdes gesessen hatte, aber er spürte, wie die alten Instinkte wiederkehrten. Er ging in die Sattelkammer und sah sich Sättel und Zaumzeug an.
    Es war ganz offensichtlich, daß die meisten seiner Kollegen nicht allzu begeisterte Reiter waren. Einer der Sättel hatte einen gebrochenen Vorderzwiesel, ein anderer war notdürftig geflickt und würde sich wohl wieder in seine Einzelteile auflösen, sobald ein Pferd unter ihm anfinge zu traben. Lediglich ein alter Abiquiu-Sattel mit weit hochgezogenem Hinterzwiesel sah so aus, als könne man ihn noch gebrauchen. Carson nahm ihn und brachte ihn zusammen mit einer Decke und einem Sattelkissen hinaus zu dem Pferd. Dann befestigte er seine alten Sporen an den Stiefeln und bemerkte dabei, daß eines der Spornrädchen kaputt war.
    »Na, wie heißt du denn?« fragte er leise das Pferd, während er ihm mit der Hand übers Fell strich. Das Pferd sah ihn stumm und fragend an. »Na schön, dann werde ich dich Roscoe nennen.« Er faltete die Decke, warf sie dem Pferd über den Rücken und legte Sattelkissen und Sattel darauf. Als er den Sattelgurt festzog, bemerkte er, daß das Pferd seinen Bauch mit Luft aufblies und damit verhindern wollte, daß er den Gurt zu fest zog. »Du bist mir vielleicht ein Schlingel«, sagte Carson und machte den Gurt nur locker zu. Als sich das Pferd einen Augenblick später wieder entspannt hatte, drückte er ihm ein Knie in die Seite und zog den Lederriemen straff. Roscoe legte die Ohren an.
    »Hab ich dich erwischt«, sagte Carson. Im Osten wurde der Himmel nun schon heller, und die Venus war merklich verblaßt und kaum mehr zu sehen. Carson legte dem Pferd die Satteltaschen über, in denen er sich etwas zu essen mitgenommen hatte, befestigte eine Feldflasche mit Wasser am Horn des Sattels und stieg auf.
    Das Wachhaus am hinteren Tor des Geländes war nicht besetzt, also ritt Carson zu dem Tastenfeld am Zaun, tippte seinen Code ein, und das Tor schwang automatisch auf. Im Trab ritt er hinaus in die Wüste und atmete tief durch. Nach fast drei Wochen Gefangenschaft im Labor fühlte er sich endlich frei. Frei von der Platzangst im Fiebertank und frei von den Schrecken der vergangenen Tage. Morgen, wenn der Inspektor der Gesundheitsbehörde den Sicherheitstank freigegeben hatte, würde die Arbeit in der Tretmühle von neuem beginnen, und er war fest entschlossen, den ihm verbleibenden freien Tag optimal zu nutzen.
    Roscoe war ein schneller, starker Traber. Carson lenkte ihn nach Südwesten und ritt auf die alte indianische Ruine zu, deren wenige stehengebliebene Wände aus einem großen Haufen Schutt hervorragten. Seit Carson die Ruine aus dem Fenster von Singers Büro gesehen hatte, hatte er sich vorgenommen, sie eines Tages zu erkunden.
    Jetzt, als er ganz nahe daran vorbeiritt, sah Carson, daß die Ruine zu einem Großteil mit Flugsand bedeckt war. Nur hier und da konnte er noch die Umrisse einer zusammengefallenen Mauer und kleinerer Wohnräume erkennen. Die Ruine sah auch nicht anders aus als die vielen verfallenen Indianerbauten, die er in seiner Jugend gesehen hatte. Bald war sie nur mehr ein immer kleiner werdender Fleck in der Wüste, den er weit hinter sich gelassen hatte.
    Als er mehrere Kilometer vom Labor entfernt war, ließ Carson das Pferd wieder in Schritt fallen und sah sich um. Mount Dragon war nichts weiter als ein Haufen weißer Punkte am nördlichen Horizont. Die Vegetation der Jornada-Wüste war hier etwas anders als rund um das Laborgelände. Hier gab es eine Menge Kreosotbüsche, die aussahen, als wären die Abstände zwischen ihnen nach einem strengen mathematischen Muster berechnet worden.
    Carson ritt weiter in südlicher Richtung und genoß das Auf und Ab des trabenden Pferdes. Auf einer Düne sah er eine Gabelantilope, die wie versteinert dastand und zu ihm herübersah. Kurz darauf gesellte sich ihr eine zweite hinzu, dann machten beide Tiere wie auf ein unhörbares Kommando mit einemmal kehrt und ergriffen die Flucht. Offenbar hatte ihnen der Wind seine Witterung zugetragen. Hinter der Düne erreichte Carson einen kleinen

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