Mount Maroon
ungewöhnlich, wenngleich man eigentlich auch hier eine Bandansage hätte hören müssen. Peter war besorgt, aber dennoch hatte ihn irgendwann die Müdigkeit übermannt. Gegen halb elf wachte er wieder auf. Er trug noch die Tageskleidung. Jemand hatte das Tablett mit dem Abendbrot abgeräumt. Sie hatten ihn schlafen lassen.
Wieder griff er als Erstes zum Telefon und wieder nahm niemand ab. Er hatte der Nummer einen Code voranstellen müssen, den Marty ihm aufgeschrieben hatte. Jetzt reichte es, die Taste mit der Wahlwiederholung zu drücken. Nach abermaligen je drei Versuchen auf Festnetz und Handy, ging er zur Tür. Jemand musste die Polizei verständigen, damit sie nach Ellen und Irene sahen. Vielleicht hatten sie auch einen Unfall oder waren einem Verbrechen zum Opfer gefallen. Peter wurde panisch, daran wollte er gar nicht denken. Er hielt das Telefon noch in der Hand, als er auf den Flur hinausstürmte. Hier war alles still und dunkel, bloß eine schwache, grünliche Behelfsbeleuchtung war eingeschaltet. Am Ende des Ganges jedoch, in Martys Büro, brannte noch Licht, die Tür war nur angelehnt. Langsam ging er auf den hellen Spalt zu. Kurz bevor er das Zimmer erreichte, hörte er etwas. Ganz leise klingelte ein Telefon. Peter betrachtete jenes in seiner Hand, dessen Klingelton er noch nicht vernommen hatte, aber das Geräusch kam eindeutig aus dem Arbeitszimmer. Aber auch in seinem Telefon tutete es noch. Es versuchte noch immer eine Verbindung aufzubauen. Er hatte nicht aufgelegt. Jetzt drückte er die Taste, die den Anruf beendete und im gleichen Augenblick hörte auch das Telefon in Marty Büro auf zu klingeln. Ein beklemmendes Gefühl erfasste ihn, eine spontane, unerwartete Empfindung, die aufkommt, wenn zwei Ereignisse, die nichts miteinander zu tun haben, gleichzeitig passieren, als hätte eines das andere ausgelöst. Einem Instinkt folgend wählte er erneut Ellens Nummer mit dem vorgeschalteten Code. Martys Telefon klingelte. Rasch legte er auf, um es nun noch einmal ohne den Code zu versuchen. Die Leitung blieb tot. Nun wählte er die Nummer des Verlages mit dem Code. Wieder klingelte Martys Apparat. Der Ton war leise wie schon zuvor, mehr ein Surren, als scharre der Teufel mit seinem Huf in einem Kiesbett, doch in Peters Ohren klang es wie eine Sirene. Es lief ihm kalt den Rücken herunter. Vorsichtig betrat er das Zimmer, in dem er heute Mittag mit dem Psychologen gesprochen hatte. Als er sah, dass niemand darin war, nahm er den Hörer ab. Er sagte etwas in den Hörer in seiner rechten Hand und hörte es aus jenem in seiner linken. Was hatte das zu bedeuten? Sein Blick fiel auf die Sitzgruppe. Hier hatte er Marty vor einigen Stunden von seiner bisher einzigen Erinnerung erzählt, die Ereignischarakter hatte, der Wanderung und dem Gewitter. Mehr wusste er nicht. Ihm war völlig unklar, wie er nach Cincinnati gelangt war. Wieso war er getrampt oder stimmte das am Ende gar nicht? Ein Fake, wie die Sache mit dem Telefon? Noch immer war auf der Station niemand zu hören, alles wirkte düster und verlassen. Auch draußen war alles dunkel und in der großen Fensterscheibe erkannte er im Schein der Schreibtischlampe nur sich selbst – blass, gespenstisch, fadenscheinig. Schnell wollte er das Büro verlassen, als er neben der Tür den Rollschrank mit den Behandlungsakten bemerkte. Leise öffnete er ihn. Seine Mappe war unter seinem Namen korrekt einsortiert. Rasch zog er sie hervor. Sie bestand nur aus wenigen Blättern, dem Aufnahmebogen, einer Seite mit medizinischen Fachausdrücken bezogen auf seine körperliche Verfassung, worauf wiederum ein Bericht voller schwer verständlicher psychologischer Diagnosen folgte; offenbar Martys Werk. Peter las darüber hinweg, ohne wirklich etwas zu verstehen. Er blätterte weiter, dann stockte sein Atem. Da war eine Faxnotiz. Er las:
Ergebnis zu Ihrer Anfrage zur Identitätsprüfung (streng vertraulich)
Peter Oswald Saunders
(*18.06.1969):
angefragte Person
existiert nicht
Ellen Saunders, geb. Hudson
(*25.10.1973):
angefragte Person
existiert nicht 1)
Irene Saunders
(*04.03.2000):
angefragte Person
existiert nicht
Luther van Eyck
(nicht bekannt):
angefragte Person
existiert nicht
Das konnte doch nicht sein. Hier machte jemand einen gewaltigen Fehler. Steckte Marty dahinter oder dieser Dr. Jenkins? Was wollten die von ihm? Erst beim nochmaligen Lesen fiel Peter die hochgestellte Eins am Ende der Zeile hinter Ellens Namen auf. Am unteren Rand des Schreibens fand
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