Mount Maroon
warum man Marty nicht wirklich böse sein konnte.
- „Was haben mir Ihre Gorillas eigentlich gespritzt?“
- „Das war nur ein leichtes Betäubungsmittel. Wir wollten kein Aufsehen erregen, da Sie vermutlich nicht freiwillig mitgekommen wären. Habe ich recht?“
- „Sie hätten versuchen können, mich zu überzeugen.“
- „Oh, das werde ich noch. Und ich werde Ihnen helfen, sich zu erinnern, Peter. Das verspreche ich Ihnen. Sie sind gefährdet, deshalb habe ich Sie wieder herbringen lassen. Scheinbar ist Ihre Amnesie doch etwas umfassender, als ich zunächst angenommen hatte. Wir wussten nicht, wie Sie den Schock verarbeiten und was Sie als nächstes tun würden. Da hielten wir es für die beste Lösung, Sie erstmal zurück zu bringen.“
- „Ich sitze ganz schön in der Klemme, was?“
- „Sie müssen zunächst einmal einsehen, dass Sie nicht Peter Saunders sind, dass es keine Ellen gibt, keine Irene und auch keinen Luther van Eyck. Das alles sind Produkte Ihrer Phantasie.“
- „Ellen gibt es.“
- „Es gibt eine Ellen McGywer, aber keine Ellen Saunders.“
- „Aber es ist dieselbe Person. Ich habe sie erkannt. Ellen ist meine Frau.“
- „Ich habe mit Mrs. McGywer gesprochen. Sie kennt Sie nicht, Peter. Sie hat Sie noch niemals zuvor gesehen. Und Sie …“
Marty machte eine bedeutungsvolle Pause.
- „… Sie haben nur die Vorstellung davon, sie zu kennen. Es könnte sich hier um die Einspeicherung ähnlicher Personenmerkmale handeln, ein Übertragungsphänomen. Sie kennen das von sogenannten Déjà-vu-Erlebnissen. Stellen Sie sich vor, Sie sind an einem Ort, an dem Sie zuvor noch niemals waren, oder erleben etwas, das Ihnen gänzlich unbekannt sein müsste und dennoch haben Sie den Eindruck, es sei Ihnen alles bekannt. Diese Erlebnisse treten vor allem dann auf, wenn wir müde sind oder einen niedrigen Blutzucker- oder Sauerstoffspiegel haben. Dann spielt uns das Vertrautheitsgedächtnis einen Streich und gibt uns Fehlmeldungen.“
Peter starrte ins Leere, hörte Martys Ausführungen aber aufmerksam zu.
- „Der gleiche Effekt kann auftreten, wenn wir Personen eigentlich gut kennen, uns aber plötzlich nicht mehr an sie erinnern können und sie vom Gedächtnis als unbekannt eingestuft werden. Bei diesem Jamais-vu-Erlebnis genannten Phänomen werden bekannte, allgegenwärtige Situationen auf der Gefühlsseite als nicht vertraut erlebt. In Ihrem Fall ist aber sogar der Zugang verloren gegangen, also das bloße Wissen um das grundsätzliche Kennen von Personen und Orten. An ihre Stelle sind rein fiktive Gedächtnisinhalte getreten. Sie können sich nicht an den Unfall erinnern oder daran, dass sie getrampt sind und ein gewisser …“
Marty sah demonstrativ in seine Akte und fand die Stelle an der offensichtlich der Name des Lebensretters stand für Peters Geschmack etwas zu schnell.
- „… Alan Mason Sie mitgenommen hat, richtig?“
Peters Gehirn arbeitete auf Hochtouren, Datenbanken wurden durchforstet, gesucht wurde nach Bildern, Namen und ihren Verknüpfungen, doch Alan Mason förderte keine Assoziationen zutage. Peter versuchte sich an seine Studienzeit zu erinnern, in der er des Öfteren getrampt war. Stellten sich Fahrer und Mitfahrer namentlich vor? Bei längeren Fahrten womöglich ja, bei kürzeren eher nicht. Nach einer kurzen Pause sprach Marty weiter.
- „Wir haben technische Möglichkeiten, herauszufinden, was wirklich passiert ist. Dazu müssten wir allerdings einen Blick in Ihr Gehirn werfen. Und genau das habe ich vor.“
Marty erzählte Peter von den Möglichkeiten des Neuroimagines. Dieses relativ neue Verfahren ermöglichte die Aufzeichnung von Gehirnströmen, genauer gesagt der Versorgung mit Sauerstoff durch das Hämoglobin. Die aktuelle Intensität des Blutflusses im Gehirn zeigt an, welche Areale zur Verarbeitung bestimmter Informationen aktiviert werden. Daraus können Rückschlüsse auf den Charakter der gespeicherten Informationen gezogen werden, zum Beispiel ob es sich um ein tatsächlich erlebtes Ereignis oder eine bloße Vorstellung handelt.
- „Wir verwenden hier ein Verfahren, das sich funktionale Magnetresonanztomographie nennt, kurz fMRT. Das muss Sie alles im Detail nicht interessieren, ich sage es Ihnen nur. Da wir aus technischen Gründen während der fMRT-Untersuchung kein autobiographisches Interview führen können, werde ich Ihnen die zuvor aufgezeichneten akustischen Trigger darbieten, Schlüsselreize, die dann die jeweilige Erinnerung
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