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Mount Maroon

Mount Maroon

Titel: Mount Maroon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Bayce
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schlagartig abbrach. Eine Computertastatur wurde bearbeitet und das helle Quietschen eines Oszillografen war zu vernehmen. Nach einer ganzen Weile meldete sich wieder Bernard Lemieux zu Wort.
    - „Ich höre den Signalgeber. Alan, bitte kommen, Alan, bitte melden … Wir müssen den Hoover startklar machen.“
    Damit endete die Aufnahme.
    - „An den Anfang kann ich mich erinnern, bis die Verbindung abbrach“, sagte Mason. „Aber was geschah dann? Verdammt. Vermutlich bin ich gleich ohnmächtig geworden.“
    Myers kramte nach einem Bild und zeigte es Mason.
    - „Der Mann hier, hast du den gesehen? Ich meine, der brennende Mann sah nicht zufällig so aus?“
    - „Nein, der war das nicht. Der war blond und hatte Locken. Wer ist das?“
    - „Wir wissen es noch nicht. Der war im Tunnel, während des Versuchs, aber glücklicherweise am anderen Ende.“

13. FALSCHE ERINNERUNGEN
     
    Peter fühlte sich benommen. Er spürte eine Trägheit in seinen Schenkeln und den Unterarmen, die seine Bewegungsfreiheit einschränkte wie unsichtbare Fesseln. Sein Kopf war klar, seine Augen wach. Er blickte über den See, der trüb in der Abenddämmerung vor ihm lag. Die unberührte Schönheit der Natur, die einen Wanderer wie ihn immer aufs Neue faszinierte. Sie entstand im kurzen Augenblick ihrer Entdeckung und trug doch schon den Keim ihrer Auflösung in sich. Selbst wenn nicht der unauslöschliche Drang des Menschen auf Aneignung an ihr Raubbau betrieb, so war es doch der Akt der Gewöhnung, der den Zauber bannte und ihr Normalität einhauchte. Auch empfand Peter durch die Vorboten der Nacht ein Gefühl der Wehmut, ein Verlangen nach Heimfahrt, nach Rückkehr an den eigenen Herd, nach seiner Familie; ausgelöst durch den krassen Gegensatz, der Einsamkeit und Fremdheit. Das Licht des Morgens war weit entfernt. Im Augenblick gab es nur die Furcht. Die Furcht vor der hereinbrechenden Nacht mit ihren Gespenstern, einem Reich, das keine Gnade kannte. Auf die Erinnerungen des Tages legte sich ein undurchdringlicher Schleier, der schon begann, Wahrheit und Illusion gleichzeitig zu Figuren eines allumfassenden Schattenspiels zu manipulieren.
    Mit Mühe drehte Peter den Kopf. Der See verschwand. Waagerechte Streifen in düsteren Farben lösten ihn ab, der unterste dunkelgrau mit einem Stich ins Grüne, dann ein Blauton, recht angenehm, doch darüber ein herbes, bedrohliches Blau unter einem neblig weißen Himmel. In Peters Gehirn blinkte es, eine winzige Leuchtdiode funkte ein Signal an die Welt, einer Welt zu der Peter nicht wirklich gehörte, aber die ihm zumindest als Provisorium diente; solange bis sich der Nebel über dem See lichtete. Die Fackelträgerin aus dem Nanoreich konnte den graublauen Streifen einen Sinn geben: es war der Rothko, Peter befand sich in Martys Büro. Trotz dieser Erkenntnis war seine Wahrnehmung, wie er jetzt merkte, stark eingeengt. Er sah alles wie durch ein Fernglas, hörte ein Stimmengewirr, dessen Klang von weit her an sein Ohr drang. Was er sah und was er hörte, stand in einem gegenteiligen Verhältnis von Nähe und Ferne. Seine Sinneseindrücke waren verzerrt. Was war nur mit ihm los? Jetzt hörte er eine der Stimmen deutlicher, dann sah er Marty.
    Sie saßen nicht in der Sitzgruppe, sondern am Schreibtisch. Marty dahinter, er davor und Marty wirkte ernsthaft besorgt. Auf dem Tisch lag die Faxmitteilung, die Peter Saunders als nicht existent auswies.
    - „Wie fühlen Sie sich, Peter?“
    - „Wie neu geboren? Wäre das eine treffende Antwort?“
    Marty schwieg, ließ ihm Zeit, dem Gespräch selbst eine Richtung zu geben.
    - „Scheinbar existiere ich nur in meinen eigenen Gedanken und doch sitze ich hier vor Ihnen. Sie können mich sehen und ich sehe Sie. Ich verstehe es nicht. Wer bin ich, wenn nicht derjenige, der ich zu sein glaube?“
    - „Beruhigen Sie sich. Ich werde Ihnen helfen. Ich bin auf Ihrer Seite. Vertrauen Sie mir.“
    - „Vertrauen? Ihnen? Sie haben mich entführt, Sie haben meine Anrufe umgeleitet, Sie haben mich belogen!“
    - „Wann habe ich Sie belogen?“
    - „Als Sie sagten, das mit Susan sei rein beruflich.“
    Beide lachten. Auch Martys Lachen war authentisch. Zwei Männer für Sekunden eingeschlossen in einer Enklave der Heiterkeit. Ein Ereignis, das ephemerer nicht hätte sein können und doch bildete es eine neue Grundlage. Jetzt teilten sie eine Erfahrung, nämlich die, den gleichen Humor zu haben. Die Störung ihres Verhältnisses wurde zur Randnotiz. Und Peter ahnte,

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