Mozart - Sein Leben und Schaffen
zurückkehren würde. Aber tüchtige Männer waren darauf bedacht, dem Orte mit eigenen Kräften über den Verlust hinwegzuhelfen. Der Kanzler Heribert v. Dalberg versuchte, die nun schon lange gehegten und überall gescheiterten Pläne eines deutschen Nationaltheaters in Mannheim zu verwirklichen. Zur Höhe ist Mannheim ja erst ein Jahr später gelangt, als die bedeutendsten Kräfte des Gothaischen Theaters, unter ihnen Iffland, hingezogen wurden; 1782 ging dann hier das strahlende Gestirn Schillers auf. Aber schon jetzt war die treffliche SeylerscheTheatergesellschaft da und auch der Gedanke einer deutschen Nationaloper war nicht aufgegeben. Es lag nahe, Mozart für diese zu gewinnen. Vorher aber wurde ihm noch eine andere Aufgabe gestellt. Am 12. November schreibt er dem Vater: »Nun kommt etwas. Ich kann hier vielleicht 40 Louisdor gewinnen! Freilich muß ich sechs Wochen hier bleiben oder längstens zwei Monate. Die Seylersche Truppe ist hier, die Ihnen schon par renommée bekannt sein wird. Herr v. Dalberg ist Direktor davon. Dieser läßt mich nicht fort, bis ich ihm nicht ein Duodrama komponiert habe, und in der Tat habe ich mich gar nicht lange besonnen, denn diese Art Drama zu schreiben habe ich mir immer gewünscht. Ich weiß nicht, habe ich Ihnen, wie ich das erstemal hier war, etwas von dieser Art Stücke geschrieben? Ich habe damals hier ein solch Stück zweimal mit dem größten Vergnügen aufführen gesehen; in der Tat, mich hat noch niemals etwas so surpreniert! Denn ich bildete mir immer ein, so was würde Keinen Effekt machen. Sie wissen wohl, daß da nicht gesungen, sondern deklamiert wird und die Musik wie ein obligiertes Rezitativ ist. Bisweilen wird auch unter der Musik gesprochen, welches alsdann die herrlichste Wirkung tut. Was ich gesehen, war »Medea« von Benda . Er hat noch eine gemacht, »Ariadne auf Naxos«, beide wahrhaftig vortrefflich. Sie wissen, daß Benda unter den lutherischen Kapellmeistern immer mein Liebling war. Ich liebe diese zwei Werke so, daß ich sie bei mir führe. Nun stellen Sie sich meine Freude vor, daß ich das, was ich mir gewünscht, zu machen habe! Wissen Sie, was meine Meinung wäre? Man solle die meisten Rezitative auf solche Art in der Oper traktieren und nur bisweilen, wenn die Worte gut in der Musik auszudrücken sind, das Rezitativ singen.«
Das Duodrama, von dem hier die Rede ist, ist eine unter den zahlreichen Bezeichnungen, die für jene neue Gattung eines Dramas mit Instrumentalbegleitung in Aufnahme gekommen waren, die wir der Einfachheit halber mit dem heute allgemein üblichen Namen des Melodramas bezeichnen wollen. Es führte den Titel »Semiramis« und stammte aus der Feder von Wolfgangs Gönner, dem Freiherrn v. Gemmingen. Dalberg selber hatte noch größere Plänemit Wolfgang vor; er wollte seine Oper »Cora« von dem jungen Künstler komponiert sehen. Die Verhandlungen müssen in der Tat ziemlich weit gediehen sein, wie ein eingehendes Schreiben Wolfgangs an Dalberg dartut.
Er sollte aber die Entscheidung nicht abwarten dürfen, denn inzwischen kam ein sehr empörter Brief seines Vaters, in dem es hieß: »Beim Empfang dieses wirst du abreisen.« Der Vater führte unwiderlegbare Gründe für seine Meinung ins Feld. Es sei jetzt gar nicht gut, in bayrische Dienste zu treten, da die Aussichten für die Zukunft zu unsicher seien. »Zwei Sachen sind, die Dir den Kopf vollmachen und Dich in aller vernünftigen Überlegung hindern. Die erste und Hauptursache ist die Liebe zu Mlle. Weber, der ich ganz und gar nicht entgegen bin; ich war's damals nicht, als ihr Vater arm war, warum sollte ich's nun jetzt sein, da sie Dein Glück und nicht Du ihr Glück machen kannst?« Aber gerade, wenn er in Salzburg sei, werde beider Angelegenheit am besten gefördert werden können. Die zweite Ursache sei Wolfgangs Widerwillen gegen das Antreten seines Dienstes in Salzburg. Aber gerade dieser werde »die einzige sichere Gelegenheit sein, wiederum nach Italien zu kommen, welches mir mehr im Kopf steckt als alles das übrige. Und diese Antretung ist ohnabänderlich notwendig, wenn Du anders nicht den allerverdammlichsten und boshaftesten Gedanken hast, Deinen für Dich so besorgten Vater in Schande und Spott zu setzen; Deinen Vater, der seinen Kindern alle Stunden seines Lebens geopfert, um Kredit und Ehre zu bringen, da ich nicht imstande bin, eine Schuld, die sich in allem auf 1000 fl. beläuft, zu bezahlen, wenn Du nicht durch die hier richtige Einnahme Deines
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