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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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Der hätte sicher mit den Geldsorten Bescheid gewußt, wenn er in Salzburg Geld unter die Finger bekommen hätte. Aber abgesehen davon, daß den Vater nur die beste Absicht leitete, ist es doch leicht denkbar, daß Mozart eben jegliche Anlage zum praktischen Menschen fehlte. Auch gab sich der selber so schön und stattlich gewachsene Vater sicher keiner Täuschung darüber hin, daß Wolfgangs allzu zierliche, fast knabenhaft wirkende Erscheinung ihm für ein Fortkommen in der doch sehr stark auf körperliche Kultur haltenden Rokokogesellschaft, vor allem aber an den Höfen ein schweres Hemmnis sein mußte. Daher die steten Ermahnungen zu einem würdigen und gesetzten Auftreten.
    Weniger verwies er ihm leider eine andere, vom Vater selbst ererbte Eigenschaft, die dem letzteren bei seiner großen Vorsicht und ausgezeichneten Menschenkenntnis wenig schadete, dem Sohn aber sicher manches Hemmnis in den Weg gelegt hat. Die Mozarts waren nach ihrem eigenen Ausdruck »schlimm«. Gewiß ist das zumeist nur Mutwille geblieben; aber sie hatten alle einen sehr scharfen Blick für die Schwächen anderer und eine spitze Junge, ihre Beobachtungen ausdrücken zu können. Wolfgang saß nun nicht bloß das Herz, sondern auch der Geist auf der Junge, und arglos, wie er war, in dem Bewußtsein auch, gegenüber aller Welt voll echten Wohlwollens zu sein, legte er sich da keine Zügel an. So hatte er in Gesellschaft die Lacher immer auf seiner Seite, aber für Zwischenträgereien war dann auch reichlich Stoff geboten.
    Auf der anderen Seite ist es nur zu begreiflich, daß Wolfgang jetzt vor allem nur die längst ersehnte Freiheit fühlte. »Ichbin immer in meinem schönsten Humor, mir ist so federleicht, seitdem ich von dieser Schikane weg bin«, jubelte er von München aus, und als sichtlichsten Beweis seines Wohlergehens kann er hinzufügen, daß er auch schon »fetter« sei. Seine Briefe, die von jetzt ab eine fortlaufende Chronik seiner Erlebnisse bilden, [1] zeigen auf jeder Seite diese gehobene Stimmung des endlich der Hofschikane, aber doch auch der andauernden Schulmeistern des Vaters Entronnenen. Der Vater mochte sich natürlich jetzt nicht sagen, daß seine strenge Weltauffassung, seine bei aller inneren Güte nach außen ablehnende oder doch abwartende Haltung den Menschen gegenüber das Erzeugnis seines ungemein mühseligen Aufkommens in der Jugend war; also gerade die Folge von Lebenserfahrungen, die er Wolfgang mit allen Mitteln bislang erspart hatte. Da mußten dem bisher so sorgsam gehegten Jüngling die Lehren und Mahnungen seines ja noch immer über alles verehrten und aufs innigste geliebten Vaters doch oft als pedantisch und überängstlich erscheinen oder auch von ihm gar nicht verstanden werden. Man wird den Eindruck nicht los, daß es bei der vortrefflichen sittlichen Anlage Wolfgangs gut gewesen wäre, wenn man ihn jetzt einmal völlig auf sich selbst gestellt hätte. Davon aber war bei dem Vater kein Gedanke. Da es ihm nun einmal nicht möglich war, seinen Sohn auf dieser Reise zu begleiten, einfach weil er nicht das sichere Brot in der Heimat preisgeben konnte, so tat er doch alles mögliche, um keinen Augenblick die Leitung des Zweiundzwanzigjährigen aus der Hand zu geben. Die Mutter mußte ihn begleiten, und er forderte von den Reisenden genaueste Rechenschaftsberichte. Auch das war wesentlich Fürsorge und vielleicht auch Notwehr gegenüber den Lebensverhältnissen. Denn Vater Mozart war jetzt ein Mann von 58 Jahren. Die Ersparnisse,die man gemacht hatte, waren in den knappen Salzburger Jahren aufgezehrt worden. Man kann es sich vorstellen, was es für den so peinlich ehrenhaften Mann bedeutete, daß er jetzt Schulden eingehen mußte, um dem Jüngling die Reise zu ermöglichen. Es war kein Gedanke dran, daß Leopold Mozart von seinen Einkünften diese Schulden jemals wieder würde tilgen können. Es ist rührend, wenn wir vernehmen, daß der Vater, der seit vielen Jahren alle Privatstunden aufgegeben hatte, sich jetzt wieder um solche bemühte, daß auch die Schwester alle Kräfte zusammennahm, um etwas für den Haushalt zu verdienen, der ohnehin so knapp wie möglich gehalten wurde. Der Vater hatte jetzt schon ein Recht, von seinem Sohne zu verlangen, daß er alle Kräfte aufwendete, um ihm zu vergelten, daß er seit zwei Jahrzehnten fast nur seiner Ausbildung gelebt hatte. Wolfgang hatte an sich gewiß den allerbesten Willen, seines Vaters Wünsche zu befriedigen; aber es lag notwendigerweise in seiner

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