Mozart - Sein Leben und Schaffen
Nein, das kannst Du nach einem bißchen Überlegung nicht einmal mehr gedenken.« Wie gering sei ihre Überlegung, gerade jetzt in der schlimmsten Zeit, wo an allen Ecken Kriegsgefahr drohe, reisen zu wollen. Wie unrecht sei es, so wenig Vertrauen zu ihm, der doch bisher noch immer recht behalten habe, zu hegen, daß ihm alles zu spät mitgeteilt werde.
» Fort mit Dir nach Paris , und das bald, setze Dich großen Leuten an die Seite – aut Caesar aut nihil ! Der einzige Gedanke, Paris zu sehen, hätte Dich vor allen fliegenden Einfällen bewahren sollen. Von Paris aus geht der Ruhm und Name einesMannes von großem Talente durch die Welt; da behandelt der Adel Leute von Genie mit der größten Herablassung, Hochschätzung und Höflichkeit; da sieht man eine schöne Lebensart, die ganz erstaunlich absticht gegen die Grobheit unserer deutschen Kavaliers und Damen, und da machst Du Dich in französischer Sprache fest.« Und dann nochmals ein Anruf an das Herz des Sohnes, der ihn doch immer mehr als aufrichtigen Freund denn als strengen Vater angesehen habe.
Das mußte auch Wolfgang fühlen, daß in diesem Briefe nicht nur ein strenger, sondern vor allem ein liebevoll besorgter Vater gesprochen und ein aufrichtiger Freund geraten hatte. So hart die Selbstüberwindung war – wurde Wolfgang doch mehrere Tage krank – sie wurde vollbracht. Der Plan mit Italien war widerspruchslos aufgegeben, die Reise nach Paris nun das selbstverständliche Ziel. In seinen folgenden Briefen sucht Wolfgang nur sein Beginnen begreiflich zu machen und hält vor allem mit unbedingter Sicherheit fest an der hohen Künstlerschaft seiner Aloysia, für die er seines Vaters Sorge in Anspruch nimmt. Die versprach dieser natürlich gern, aber noch galt es mehrfache Aufklärung, bis endlich Wolfgang die aus begreiflicher Scham aufrechterhaltene Rechthaberei aufgibt und in herzgewinnender Weise die alte Tonart zurückgewinnt: »Aus den vorigen Briefen werden Sie alles ersehen haben, wie es ist und wie es gemeint war. Ich bitte Sie, lassen Sie sich nicht öfter den Gedanken in den Kopf kommen, daß ich auf Sie vergessen werde! – Denn ich kann ihn nicht ertragen. Meine Hauptabsicht war und wird immer sein, mich zu bestreben, daß wir bald zusammenkommen, und glücklich. – – Aber da heißt es Geduld. Sie wissen selbst besser als ich, wie die Sachen oft quer gehen, – doch wird es schon noch gerade gehen. Nur Geduld. Hoffen wir auf Gott, der wird uns nicht verlassen. An mir wird es nicht fehlen, wie können Sie doch an mir zweifeln? – – Liegt denn mir nicht selbst daran, daß ich nach allen Kräften arbeite, damit ich je eher je lieber das Vergnügen habe, meinen besten und liebsten Vater von ganzem Herzen zu umarmen? – – – – – – Ich habe auf drei Freunde mein Vertrauen,und das sind starke und unüberwindliche Freunde, nämlich auf Gott, auf Ihren Kopf und auf meinen Kopf. Unsere Köpfe sind freilich unterschieden, doch jeder in seinem Fach sehr gut, brauchbar und nützlich, und mit der Zeit, hoffe ich, wird mein Kopf mit dem Ihrigen in dem Fach, wo er jetzt den meinigen überwieget, doch auch nach und nach beikommen. Nun leben Sie wohl. Seien Sie lustig und aufgeräumt. Denken Sie, daß Sie einen Sohn haben, der seine kindliche Pflicht gegen Sie wissentlich gewiß nie vergessen hat und der sich bemühen wird, eines so guten Vaters immer würdiger zu werden .«
8. Paris
»Das ist noch der einzige Ort, wo man Geld und sich Ehre machen kann«, hatte Wolfgang am 3. Dezember 1777 an seinen Vater geschrieben, als ihm von den Mannheimer Freunden der Vorschlag zu einer Pariser Reise gemacht worden war. Der Vater aber meinte in seinem strengen Ermahnungsschreiben an den saumseligen Sohn, daß schon der Gedanke, in Paris vor die Öffentlichkeit treten zu können, ihn hätte zu angespannter Tätigkeit aufstacheln müssen. So setzte der Vater in der Tat auch jetzt die größten Erwartungen auf Paris. Er, der vor vierzehn Jahren für den Knaben Wolfgang eine so günstige Aufnahme in der französischen Hauptstadt gefunden hatte, rechnete bestimmt, daß der herangereifte Jüngling sich sicher durchsetzen würde. War doch aus dem Wunderkinde inzwischen ein Wundermeister geworden, der es an musikalischem Können mit allen Zeitgenossen aufnahm. Daß aber sein Sohn in Paris Gelegenheit zur Betätigung finden würde, daran zweifelte er um so weniger, als das Verhältnis mit Friedrich Melch. Grimm, der bei jenem ersten Aufenthalt dem bayerischen
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