Mozart - Sein Leben und Schaffen
Sproß einer geadelten Gelehrtenfamilie 1733 geboren, hatte er Jura studiert und den theologischen Doktorhut gewonnen. Aber wie sein Bruder Franz Anton, der Vater des Komponisten Karl Maria von Weber, hatte auch Fridolin einen phantastischen Hang zum Theater, von dem er sich aus seinem schönen Amte locken ließ. Erst ein brauchbarer Schauspieler und tüchtiger Sänger, geriet er nachher auch durch schlechte Hauswirtschaft in immer trübere Verhältnisse. Als Mozart ihn kennen lernte, bezog er 450 Gulden Gehalt und hatte dabei sechs Kinder. »Er hat eine Tochter, die vortrefflich singt und eine schöne reine Stimme hat und erst 15 Jahre alt ist. Es geht ihr nichts als dieAktion ab, dann kann sie auf jedem Theater die Primadonna machen.« Diese Stelle in einem Briefe vom 17. Januar 1778 ist die erste Erwähnung Aloysia Webers. Doch war damals die Bekanntschaft schon älter, denn im gleichen Briefe kündigt Wolfgang eine kleine Kunstreise nach Kirchheim-Bolanden zu der Prinzessin von Oranien an, wo die Weberin Arien von ihm singen sollte. Verheißungsvolle Schönheit, ungewöhnliche musikalische Begabung und dazu Verhältnisse, die sein Mitgefühl aufs tiefste weckten – es wäre überraschend, wenn der leicht entzündliche Wolfgang hier standgehalten hätte. Die gemeinsame Kunstreise wird das Aufblühen der Liebe noch begünstigt haben; nach der Heimkehr widmete Wolfgang seine ganze Zeit der Ausbildung des Mädchens, das glänzende Fortschritte machte. Bald komponierte er ihr auch eine Arie. Obwohl die Dichtung: » Non sò d'onde viene quel tenero affetto « (»Ich weiß es nicht, woher mir diese süße Zuneigung erwächst«) in Metastasios »Olimpiade« in einem ganz andern Zusammenhange steht, entsprach sie doch ganz und gar Mozarts eigener Stimmung. Der Ansturm starker, bisher ungekannter Gefühle, ein Hin und Her der Stimmungen, ein Hingezogensein, das durch Mitleid allein nicht zu erklären war: das war es ja, was Wolfgang diesem Mädchen gegenüber empfand. Kein Wunder, daß ihm hier ein so ausdrucksvoller Sang gelang, wie er ihn bisher noch kaum geschaffen. Bis in die letzte Einzelheit ausgearbeitet, in der stimmungsvollen Begleitung eines vielstimmigen Orchesters – die geliebte Klarinette steht neben Flöte, Horn und Fagott und den ganz selbständig geführten Streichinstrumenten – ist der ganze Gesang voll jener melodiegesättigten Adagioruhe, in der Mozart unvergleichlich ist, die wir doppelt genießen, weil sie durch ein kurzes Allegro agitato unterbrochen wird. »Als ich sie fertig hatte, so sagte ich zur Mlle. Weber: Lernen Sie die Arie von sich selbst, singen Sie sie nach Ihrem Gusto; dann lassen Sie mir sie hören und ich will Ihnen hernach aufrichtig sagen, was mir gefällt und was mir nicht gefällt. Nach zwei Tagen komme ich hin, und da sang sie mir's und akkompagnierte sich selbst. Da habe ich aber gestehen müssen, daß sie's akkurat so gesungen hat, wie ich es gewünscht habe und wie ich esihr hab' lernen wollen. Das ist nun ihre beste Arie, die sie hat; mit dieser macht sie sich gewiß überall Ehre, wo sie hinkommt.«
Man sieht, die beiden verstanden sich; und Ehre gewann die Sängerin mit dieser Arie sich und dem Komponisten bei allen Mannheimer Musikern. Für den Vater aber hatten diese Berichte einen gar schlechten Klang. Er erkannte, daß, selbst wenn sich Wolfgang durch seine Liebe über die künstlerischen Fähigkeiten des Mädchens nicht täuschen ließ, die Verhältnisse für des Sohnes künstlerische und menschliche Entwicklung schwere Gefahren in sich bargen. So galt es, hier rasch und entschieden einzugreifen. Es konnte nur eine schriftliche Ermahnung sein; wir begreifen aber, daß selbst der abgekanzelte Sohn nachher sich wieder zu seinem Kinderwort bekannte: »Nach Gott kommt gleich der Papa.«
»Deinen Brief vom 4. habe mit Verwunderung und Schrecken durchgelesen. Ich fange auch an, ihn heute, den 11. zu beantworten, indem ich die ganze Nacht nicht habe schlafen können, und so matt bin, daß ich ganz langsam Wort für Wort schreiben und ihn nach und nach zu Ende bringen muß. Ich war gottlob jetzt immer wohlauf; allein dieser Brief, an dem ich meinen Sohn an nichts anderm mehr erkenne, als an dem Fehler, daß er allen Leuten auf das erste Wort glaubt , sein zu gutes Herz durch Schmeicheleien und gute, schöne Worte jedermann bloßstellt, sich von jedem auf alle ihm gemachten Vorstellungen nach Belieben hin und her lenken läßt und durch Einfälle und grundlose, nicht genug
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