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Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Titel: Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hunt
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»Magst du Shakespeare? Hier hast du was von Shakespeare: Jemand könnte mit dem Wurm fischen, der von einem König gegessen hat, und von dem Fisch essen, der den Wurm verzehrte.«
    Corkbowls Herzheftbemerkung war bei Esther eigentümlich gut angekommen. Black Pats Wurmzitat war nur mysteriös.
    »Das ist quasi«, imitierte Black Pat Corkbowl in schrill überdrehtem Ton, »eine umständliche Art zu sagen, dass … «, er legte das Gesicht in Falten, »… ich nicht so leicht zu exorzieren bin. Aber das weißt du ja.«
    In der Küche lief derweil ein stummer Countdown auf den Punkt zu, an dem Beth und Big Oliver nachschauen kommen würden. Das Grüppchen in der Diele erkannte das. Black Pat erinnerte Esther mit einem Schnauzenstoß an die Aufforderung, mit nach Hause zu kommen, und stieß seinerseits auf offene Rebellion.
    »Ich will nicht nach Hause«, platzte sie unvermittelt heraus. »Ich will da nicht hin.«
    »Wo wollen Sie – «
    Esthers Antwort kam prompt: »Na ja, wir hatten doch vereinbart, zusammen nach Kent zu fahren … «
    Corkbowls Gesicht drückte seine Überraschung aus. »Ja, natürlich, Kent.«
    Er hatte die Autoschlüssel in der Hosentasche, vom Bein aufgewärmt. Er kramte sie hervor.
    »Du kommst nicht nach Hause?« Ein schmerzhafter Stich der Zurückweisung. Black Pat fletschte kurz die Zähne. »Ist auch egal.«
    Esther öffnete die Tür und ging hinaus. Der Hund zockelte mit, als die beiden sich zum Wagen begaben. »Weil ich überall sein werde, wo du bist, Esther.«
    »See you later, alligator«, rief Black Pat hinter ihr her, in seiner Verführerehre gekränkt. Fast bedrückt sah er Corkbowls davonfahrendem Wagen nach. »Bis gleich, mein Scheich«, rief er ins Leere.

35
    15 Uhr 40
    I n seinem Schlafzimmer, einem kleinen schlichten Raum neben dem Arbeitszimmer, lag Churchill im Bett und schlief, die Schildpattbrille locker in beiden Händen auf dem Bauch.
    Black Pat trat heran, streckte den Kopf vor und schnupperte neugierig. Der Geruch von Zigarren mischte sich mit der Palette eines mehrgängigen Mittagessens. Portwein und französischer Käse waren darunter. Was noch? Er beugte sich näher heran, entschlüsselte die Geruchssignale von Consommé, Seezunge, Champagner und, Luxus schlechthin, Schokoladeneclairs.
    Urplötzlich wurde Churchill wach und hakte sich blitzschnell die Brillenbügel über die Ohren. Er schrie auf, als er den Hund über sich gebeugt sah, und stemmte sich dann in Sitzposition, die Kissen im Rücken hochgeschoben.
    Black Pat legte sich auf die Seite, so dass seine schwarze Masse den Fußboden bedeckte. Das Gewicht des mächtigen Körpers drückte auf die Lungen und trieb eine übelriechende Wolke heraus. Sein Kopf kippte ab und verschwand unterm Bett.
    Aus einer Karaffe neben dem Bett goss sich Churchill einen Whisky ein, den er mit Soda verdünnte. Er nahm einen großen Schluck und biss bei dem Geschmack die Zähne zusammen, während der warme Strom des Whiskys ihm in den Magen lief. Vor sich hin nippend überlegte Churchill, was wohl das sachte Schaben sein mochte. Dann begriff er, dass es der Hund war, der mit seinen Reißzähnen an einem eichenen Bettbein nagte.
    »Lass das!«
    Der träge Kopf des Hundes erschien.
    Churchill setzte sich etwas bequemer hin und schlang seinen exotischen Morgenmantel aus rot-goldener chinesischer Seide um sich. Wieder musste er an morgen denken, und die Krebsscheren seiner Phantasie knipsten forschend am Programm des Montags herum, erkundeten den geplanten Ablauf. Und ihm war, als lägen die Ereignisse des Tages bereits in der Vergangenheit, so bildlich konnte er sie sich vorstellen: den Blick aus dem Fenster während der Autofahrt, den wehmütigen Ernst der vorbeiziehenden Wahrzeichen, den Finger von Big Ben über der näher rückenden Stadtsilhouette, das Knirschen von Schuhen auf Kies beim Gang zum Portal. Er hörte die rückblickenden Fragen der Journalisten durch seine sich weitenden Seelenwinkel hallen und fuhr seinen wässerigen Whisky grob an: »Nimm dich zusammen!«
    »Ich sehe, was du denkst.« Black Pat lehnte eine Schulter ans Bett und legte den Kopf auf die Bettdecke, so dass eine tiefe Grube entstand. »Die Augen sind das Fenster der Seele, und ich sehe all deine Gedanken.«
    »Bah, widerlicher Dummschwätzer.« Mit einem trotzigen Lächeln auf den Lippen drehte sich Churchill nach ihm um. »In dem Fall sind deine Augen eine verfallene Treppe, die zu einer leeren Etage führt.« Er drückte den Rand des Glases so fest an

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